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1. Prozesstag in Magdeburg Liveticker Anschlag Halle (Saale): Terrorprozess in Magdeburg gegen Neonazi Stephan B.

21.07.2020, 19:00
Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen hat in Magdeburg der Prozess gegen den Halle-Attentäter begonnen.
Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen hat in Magdeburg der Prozess gegen den Halle-Attentäter begonnen. dpa

Halle (Saale) - Es war einer der schlimmsten antisemitischen Anschläge der deutschen Nachkriegsgeschichte: Der rechtsterroristische Angriff von Halle am 9. Oktober 2019 machte weltweit Schlagzeilen. Der Prozess, der am Dienstag mit zweistündiger Verspätung begonnen hat, wird am Mittwoch ab 10 Uhr fortgesetzt. Insgesamt sind 18 Verhandlungstage anberaumt. 

Hier finden Sie die Live-Berichterstattung vom Prozess gegen Stephan B. in Magdeburg sowie einen Rückblick auf die Ereignisse seit dem 9. Oktober 2019. Vort Ort am Landgericht in Magdeburg sind Hagen Eichler, Jan Schumann und Julius Lukas.

21.07.2020: Tag 1 im Terrorprozess gegen Stephan B.

17.23 Uhr: Ende der Verhandlung

Zuletzt geht es um B.s Verhältnis zur Bundeswehr. Warum habe er sich dort beworben?, fragt einer der Richter. „Es ist die einzige Armee, zu der ich kann“, sagte B. Ihn stört, dass der Staat seine eigenen Soldaten „fast wie Mörder“ behandele.

B. hatte sechs Monate Wehrdienst geleistet und bewarb sich später erneut beim Bund, zog das aber zurück. „Aus medizinischen Gründen“, wie er sagt. Er habe seit seiner Operation empfindlich auf Wetterveränderungen reagiert.

Um 17.15 Uhr schließt die Vorsitzende Richterin Ursula Mertens die Verhandlung und vertagt sie auf Mittwoch. Dann sollen die Nebenkläger Gelegenheit bekommen, Fragen an den Angeklagten zu stellen. Auch das von B. produzierte Tätervideo soll vorgeführt werden.

17.03 Uhr: Attentäter Stephan B. mit Automatik-Schaltung überfordert

Stephan B. schildert seine weitere Flucht mit einem erpressten Taxi. Er saß angeschossen am Steuer, atmete durch, wollte starten – und stellte fest, dass der Wagen ein Automatikgetriebe hatte. „Das haben Taxis ja häufig“, sagt die Richterin. „Das war mir nicht bewusst“, sagt B. Beim Starten habe die gesamte Elektronik aufgeleuchtet wie das Cockpit der „Enterprise“, erzählt B. lachend. Irgendwie gelang es ihm, das Auto zu starten, dann trat er versehentlich auf die Bremse und bleib fast stehen.

Der Angeklagte hat jetzt sichtlich Freude daran, seine Taten zu schildern, auch seine Ungeschicklichkeit. Immer öfter muss er beim Erzählen kichern. Versteinerte Mienen bei den Nebenklägern. 

16.52 Uhr: Angeklagter bestreitet Tötungsabsicht bei Schuss auf Autobesitzer

Stephan B. berichtet, wie er in Wiedersdorf bei Halle die Herausgabe eines anderen Fluchtwagens erzwingen wollte. Der Besitzer, Jens Z., weigerte sich, obwohl B. eine Pistole auf ihn richtete. Der Mann habe ihn gefragt, was er von ihm wolle. Stephan B:: „Ich habe mal von einem Räuber gehört: Wenn dich jemand nicht ernst nimmt, bist du kurz davor, entwaffnet zu werden. Da habe ich geschossen.“ Der Schuss traf sein Opfer in den Hals. 

Dennoch besteht B. darauf, er habe den Mann nicht töten wollen. „Ich wollte das Auto, mehr nicht.“ Auch die Lebensgefährtin schoss B. danach an. Mitleid zeigt er nicht - die beiden hätten sich ja noch unterhalten können, sagt er der Richterin.

16.36 Uhr: Beinahe-Kollision mit einem schwarzen Fußgänger am 9. Oktober 2019

Die Vorsitzende Richterin befragt den Angeklagten jetzt zu einer Sequenz seines selbst gefilmten Videos. Stephan B. bestätigt, dass er auf der Flucht in Halle einen Schwarzen wahrgenommen habe.

Es bereitet ihm Vergnügen, zu schildern, er hätte den Mann überfahren können. Das sei aber nicht möglich gewesen, der Bordstein sei zu hoch gewesen. Sein Auto mit zwei zerschossenen Reifen habe er nicht weiter gefährden wollen. B. bestreitet, dass er auf den Mann gezielt zugefahren sei.

16.24 Uhr: Fragen zum Feuergefecht mit den Polizisten in Halle

Der Angeklagte war sich darüber im Klaren, dass er bei seinem Terrorangriff sterben könnte. „Entweder gewinnen oder sterben“ – das sei sein Plan gewesen. „Hatten Sie Angst zu sterben?“, fragt die Vorsitzende Richterin. „Leicht mulmig wird’s einem schon, wen man mit einer improvisierten Schrotflinte gegen die Polizei kämpfen muss.“ Jetzt geht es um das Feuergefecht mit Polizeibeamten in Halle.

16.13 Uhr: Kein echtes Bedauern nach Tod von Kevin S.

Die Richterin fragt jetzt nach dem Geschehen im Imbiss „Kiez Döner“. Stephan B. bedauert lediglich, dass er mit Kevin S. „einen Weißen“ erschossen hat, keinen Muslim. „Wenn es ein Muslim gewesen wäre, hätte ich überhaupt kein Problem damit.“ Er behauptet, es gebe keinen friedlichen Weg, sich für ein „weißes“ Europa einzusetzen.

Um 15.50 Uhr wird der Angeklagte erneut in den Gerichtssaal geführt, die Pause endet.

15.40 Uhr: Solidaritätskundgebung vor dem Gerichtsgebäude

Vor dem Gerichtsgebäude, in dem der rechtsextreme Anschlag von Halle verhandelt wird, haben sich Menschen aus Solidarität mit Betroffenen, Hinterbliebenen und Opfern versammelt. Sie wollen vor allem die Nebenkläger unterstützen.

14.30 Uhr: Stephan B. fühlt sich als „Versager“

"Fühlten Sie sich als Versager?“, fragt die Vorsitzende Richterin Ursula Mertens den Angeklagten mit Blick auf das gescheiterte Eindringen in die Synagoge. Stephan B. lacht bitter. „Fühlen? Es ist offensichtlich so.“ Um 14.30 Uhr beginnt jetzt eine einstündige Mittagspause. Dem Angeklagten werden wieder Handfesseln angelegt, er verlässt den Gerichtssaal. 

14.11 Uhr: Stephan B. erklärt, warum Jana L. sterben musste

Im Prozess geht es jetzt um den Tod von Jana L., der 40-Jährigen, die dem Täter während der Attacke auf die Synagoge über den Weg lief.

Warum hat Stephan B. auf sie geschossen? „Eine Kurzschlussreaktion.“ L. habe ihn „von der Seite angemacht“. Warum hat er noch einmal auf sie geschossen, als sie schon am Boden lag? „Zur Sicherheit. Wenn man so etwas macht, muss man es auch durchziehen.“

Beklemmender Moment im Gerichtssaal, nicht der erste. B. weiter: Wenn er sie nicht getötet hätte, „hätten mich alle ausgelacht“. Dann hätte es geheißen: Alles, was reicht, um einen Rechten zu stoppen, ist ein dummer Kommentar. Auf Nachfrage, ob er denn kein Mitleid habe, sagt B. dann: „Es tut mir leid. Ich bereue es. Ich habe viele Weiße angeschossen, das wollte ich nicht.“

14.06 Uhr: Medienraum: So können weitere Journalisten den Prozess verfolgen

Das Interesse an dem Prozess in Magdeburg ist riesig. Trotz des extra umgebauten Saales finden nicht alle Journalisten Platz. Deshalb gibt es zusätzlich einen sogenannten Medienraum, von dem man das Prozessgeschehen verfolgen kann. 

13.52 Uhr: Stephan B. und seine Verschwörungstheorien

Im April oder Mai 2019 habe er sich entschieden, die Synagoge von Halle anzugreifen, berichtet der Angeklagte Stephan B. Warum die Synagoge, wenn er doch stets über den Zuzug von Muslimen klage?, fragt die Richterin Mertens.

Der Angeklagte erklärt seine Verschwörungstheorie: „Die Juden sind die Hauptursache am weißen Genozid. Sie wollen eine neue Weltordnung errichten.“ Im Sommer habe er die Synagoge ausgespäht – da stand die Tür, die ihn später stoppen sollte, offen. Er habe mit niemandem über seinen Plan gesprochen. „Ich habe sehr viel Wert darauf gelegt, dass es keiner mitkriegt.“ 

13.41 Uhr: Stephan B. baute Waffen, wenn Vater nicht da war

Über einen Zeitraum von drei Jahren hat sich Stephan B. seine insgesamt acht Waffen gebaut – immer, wenn der Vater nicht da war und wenn er sich selbst motivieren konnte. Dafür nutzte er Werkzeug, das er vom Großvater geerbt hatte. Auch die Patronen stellte er selbst her, insgesamt 700 bis 800 Schuss. Ein als Deko-Artikel gekauftes Schwert besaß B. ebenso wie mehrere Messer.

Der Angeklagte berichtet mit hörbarem Stolz davon, räumt aber auch ein, dass er die Waffen nicht ausreichend getestet habe. Wenn B. sein Heimatdorf mal verlassen wollte, war er auf das Auto seiner Mutter angewiesen, er fuhr dann zu Baumärkten.

„Würden Sie sich als einsamer Mensch bezeichnen?“, fragt die Vorsitzende Richterin Ursula Mertens. „Ich denke schon.“ 

13.19 Uhr: Stephan B. berichtet über Erfahrungen mit Flüchtlingen

Der Angeklagte berichtet, er sei in der Schule unbeliebt gewesen, „wegen meiner niedrigen sozialen Stellung“. Erklären kann er das auf Nachfrage nicht.

Richterin Ursula Mertens will wissen, wie ihn Flüchtlinge in seinem Heimatdorf Benndorf (Mansfeld-Südharz) beeinträchtigt hätten. Er kann kein konkretes Erlebnis nennen. Die 2015 angekommenen Flüchtlinge nennt er „Eroberer aus dem muslimischen Kulturkreis“. Auf der Fahrt nach Halle, wo er das Fluchtfahrzeug mieten wollte, sei er im Zug von Schwarzen an den Rand gedrückt worden. „Sie bewegen sich wie die Eroberer, die sie sind.“

13.05 Uhr: Rassistische Ausfälle des Angeklagten Stephan B.

Es kommt zum Disput über den rassistischen Begriff „N…“ für Schwarze. Stephan B. sagt, ab 2015 habe er nichts mehr für diese Gesellschaft tun wollen, die ihn „durch Juden und N… ersetzen“ wolle. Die Vorsitzende Richterin Ursula Mertens weist ihn zurecht und droht mit Ausschluss von der Verhandlung.

13.02 Uhr: Stephan B. berichtet über seine Vergangenheit

Stephan B. schildert auf Nachfrage der Vorsitzenden Richterin sein Leben. Seine Schwester nahm ihn mit zu ihren Freunden, eigene Freundschaften hätten sich daraus aber nicht entwickelt. Nach der Bundeswehr begann er ein Studium, wechselte im zweiten Semester das Fach, bis eine Operation ihn aus dem Studium riss. Danach glitt er ab in die Lethargie. „Was waren Ihre Pläne?“ – „Ich hatte keine mehr.“ Auch eine Kur wurde ihm wohl angeboten, er lehnte jedoch ab.

12.50 Uhr: Richterin befragt Stephan B. zu seiner Kindheit

Jetzt erhält Stephan B. das Wort. Die Vorsitzende Richterin befragt ihn nach seiner Kindheit – er blockt ab. „Meine Tat hat keinen Bezug zu meiner Familie.“ Dann bestätigt er, dass er eine drei Jahre ältere Schwester hat, Biologie in der Schule mochte und Probleme mit Englisch hatte. Ob er einen guten Freund gehabt habe, will die Richterin wissen. Antwort: „Nein.“ Seine Interessen? „Internet“. In Deutschland gebe es außer dem Internet keine Möglichkeit, sich frei zu unterhalten. 

12.38 Uhr: Bundesanwalt Kai Lohse: Hass auf andere ein zentrales Motiv

Das Verlesen der Anklageschrift dauert an. Zwei Themen ziehen sich durch den Vortrag von Bundesanwalt Kai Lohse: Stephan B.s Hass auf andere und eigenes Versagen. Der Angeklagte schoss laut Anklageschrift vor der Synagoge auf Jana L. – „er hielt sie aufgrund ihres Erscheinungsbilds für minderwertig“.

Später im Imbiss „Kiez Döner“ feuerte er laut Anklage auf Kevin S. und Dr. H., weil er sie für Muslime hielt. Viele potentielle Opfer blieben nur deshalb am Leben, weil die mitgeführten Waffen Ladehemmungen hatten oder weil eine Sprenggranate nicht ihr Ziel traf.

Begonnen hatte der Terrorzug mit dem gescheiterten Versuch, die Synagoge zu stürmen und so viele Juden wie möglich zu töten, wie Bundesanwalt Lohse vorträgt.

12.16 Uhr: Bundesanwalt Kai Lohse verliest die Anklageschrift gegen Stephan B.

Der angeklagte Stephan B. zu Prozessbeginn im Landgericht in Magdeburg.
Der angeklagte Stephan B. zu Prozessbeginn im Landgericht in Magdeburg.
dpa-Zentralbild/Pool

Bundesanwalt Kai Lohse verliest die Anklageschrift. Juristisch wird der dem Angeklagten vorgeworfene Terrorfeldzug als Kombination aus 13 rechtlich selbstständigen Handlungen gewertet, vom Mord in zwei Fällen, Mordversuch an 68 Menschen, räuberischer Erpressung bis herab zu Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung.

12 Uhr: Prozess beginnt mit zweistündiger Verspätung

Der angeklagte Stephan B. sitzt zu Prozessbeginn im Landgericht. Die Bundesanwaltschaft wirft dem Attentäter von Halle 13 Straftaten vor, unter anderem Mord und versuchten Mord. 
Der angeklagte Stephan B. sitzt zu Prozessbeginn im Landgericht. Die Bundesanwaltschaft wirft dem Attentäter von Halle 13 Straftaten vor, unter anderem Mord und versuchten Mord. 
dpa-Zentralbild/Pool

In Magdeburg hat der Prozess zum antisemitischen Terroranschlag von Halle begonnen. An Händen und Füßen gefesselt wurde der Angeklagte Stephan B. um kurz vor 12 Uhr in den Gerichtssaal geführt. Der Angeklagte Stephan B. hat angekündigt, auszusagen.

11.40 Uhr: Prozess kann bald beginnen

Der Start des Prozesses naht, der Gerichtssaal füllt sich. Es sind nur noch wenige Plätze für Zuschauer und Journalisten frei.

Der angeklagte Stephan B. (M.) sitzt zu Prozessbeginn neben seinen Verteidigern Hans-Dieter Weber (l.) und Thomas Rutkowski im Landgericht. 
Der angeklagte Stephan B. (M.) sitzt zu Prozessbeginn neben seinen Verteidigern Hans-Dieter Weber (l.) und Thomas Rutkowski im Landgericht. 
AFP/POOL

Fotografen bilden ein Pulk um die Anklagebank, auf der Stephan B. Platz nehmen wird.  Er wird gefesselt in den Saal geführt werden. Es wird sein erster öffentlicher Auftritt seit dem Anschlag. Das Gericht wird ihm die Möglichkeit geben, zur Anklage Stellung zu nehmen.

11.15 Uhr: Kameraleute hoffen auf Aufnahmen von Stephan B.

Polizisten des SEK brachten Stephan B. in Handschellen in den Gerichtssaal.
Polizisten des SEK brachten Stephan B. in Handschellen in den Gerichtssaal.
Imago/Christian Grube

Vor dem Gerichtssaal C 24 haben Kameraleute ihre Stative aufgebaut. Sie hoffen auf Bilder, sobald der Angeklagte hereingeführt wird.

11.05 Uhr: Prozess gegen Stephan B.: Warten auf Journalisten

Gerichts-Sprecher Wolfgang Ehm verspricht, dass der Prozess erst beginnt, wenn alle Journalisten im Saal sind.

Prozess gegen Halle-Attentäter: Pressevertreter warten auf die Ankunft von Stephan B.
Prozess gegen Halle-Attentäter: Pressevertreter warten auf die Ankunft von Stephan B.
Jan Schumann

11 Uhr: Kritik an Organisation des Landgerichtes Magdeburg

Fotografen und Pressevertreter im Gerichtssaal des Landgerichts Magdeburg. Der Saal wurde extra für den Prozess gegen den Attentäter von Halle umgebaut.
Fotografen und Pressevertreter im Gerichtssaal des Landgerichts Magdeburg. Der Saal wurde extra für den Prozess gegen den Attentäter von Halle umgebaut.
Andreas Stedtler

Die Stimmung unter den wartenden Journalisten schwankt zwischen Klassenausflugs-Stimmung und Empörung, warum das Gericht den Einlass nicht besser organisiert hat. Zwar haben Justiz-Anwärter die Kontrollsituation zuvor geprobt, wie ein Gerichtssprecher sagt. Allerdings hatte beim Probedurchlauf niemand Laptops, Kameras oder Notizblöcke dabei.

10.59 Uhr: Lange Schlange vor Landgericht: Prozessbeginn in Magdeburg verzögert sich

Das Interesse am Prozess zum Halle-Anschlag mit zwei Toten und mehreren Verletzten ist groß. 
Das Interesse am Prozess zum Halle-Anschlag mit zwei Toten und mehreren Verletzten ist groß. 
Andreas Stedtler

Auch weit nach 10 Uhr, dem ursprünglich geplanten Prozessbeginn, warten noch immer Besucher und Journalisten vor dem  Gerichtsgebäude. Die Sicherheitskontrollen nehmen viel Zeit in Anspruch.

10.47 Uhr: Betreiber des Kiez-Döner zum Prozessauftakt in Magdeburg

Auch Ismet Tekin, der Betreiber des „Kiez-Döner“ in Halle, ist zum Prozessauftakt nach Magdeburg gekommen. In seinem Imbiss wurde am 9. Oktober das zweite Opfer, der 20-jährige Kevin S. erschossen. Tekin wurde erst in der Woche vor Prozessbeginn als Nebenkläger zugelassen.

10.39 Uhr: Journalisten werden mit Wasser versorgt

Seit zweieinhalb Stunden und länger warten Journalisten vor dem Landgericht. Die Sonne brennt, es gibt keinen Schatten. Eben bringt ein Mitarbeiter des Oberlandesgerichts Naumburg Pappbecher mit Wasser.

9.57 Uhr: Medienvertreter warten noch immer auf Einlass ins Landgericht Magdeburg

Journalisten stehen vor dem Landgericht in Magdeburg in einer Schlange am Einlass. 
Journalisten stehen vor dem Landgericht in Magdeburg in einer Schlange am Einlass. 
dpa-Zentralbild

In diesen Minuten sollten eigentlich alle Journalisten im Gerichtssaal sitzen - so war der Plan des Oberlandesgerichts Naumburg.

Tatsächlich stehen noch mehr als 50 Pressevertreter in der Schlange vor dem Eingang. Drinnen gibt es für die Personenkontrolle nur einen Eingang, dadurch geht es im Zeitlupentempo voran. Ein pünktlicher Prozessbeginn ist ausgeschlossen.

9.55 Uhr: Anwalt Juri Goldstein: Größte Herausforderung ist der Prozess selbst

Nebenkläger im Prozess zum rechtsextremen Terroranschlag von Halle erhoffen sich vor allem eine Beleuchtung der Strukturen. Es gehe darum, zu klären, wie sich der Täter so radikalisieren konnte, sagte Juri Goldstein, Anwalt von Besuchern der Jüdischen Gemeinde in Halle, vor dem Prozessauftakt am Dienstag in Magdeburg.

Es gehe um die Frage: Wie konnte jemand so viel Hass entwickeln „auf die Menschen, die er gar nicht kennt“. „Wir werden versuchen, diese antisemitische Straftat so gut wie möglich aufzuklären“, erklärte Goldstein.

Die größte Herausforderung in dem Verfahren sei der Prozess selbst, so der Nebenkläger-Vertreter. „Sie müssen bedenken, es ist eine der größten und schwerwiegendsten antisemitisch motivierten Straftaten, die wir in den vergangenen Jahrzehnten hatten. Das ist Aufgabe genug.“ 

9.38 Uhr: Politiker Cem Özdemir erläutert seine Erwartungen an den Prozess

Grünen-Politiker Cem Özdemir ist als Beobachter des Prozesses nach Magdeburg gereist.
Grünen-Politiker Cem Özdemir ist als Beobachter des Prozesses nach Magdeburg gereist.
Andreas Stedtler

Auch Grünen-Politiker Cem Özdemir ist zum Prozessbeginn nach Magdeburg gekommen. Er gibt ein kurzes Statement zu den Erwartungen an den Prozess gegen den Attentäter von Halle.

9.26 Uhr: Zahlreiche Schaulustige vor Landgericht

Eine bunte Mischung in der Warteschlange für Nebenkläger. Ein Mann mit HFC-Fanschal steht dort ebenso wie zwei Juden mit Kippa auf dem Kopf.

9.24 Uhr: Kundgebung vor Landgericht in Magdeburg

Vor dem Gerichtsgebäude haben sich Menschen aus Solidarität mit Betroffenen, Hinterbliebenen und Opfern versammelt.

Die Kundgebung mit dem Motto „Solidarität mit den Betroffenen - keine Bühne dem Täter“ will dafür sorgen, dass die Nebenklägerinnen und Nebenkläger nicht allein in den Prozess gehen, hieß es von den Veranstaltern. Es sei ein Ort der Trauer, der Wut und der Forderungen. Vor dem Prozessbeginn sprachen die Veranstalter von rund 100 Teilnehmern. 

Die Kundgebung und eine Mahnwache sind organisiert von einem Bündnis mehrerer Organisationen, darunter sind der Arbeitskreis Antirassismus Magdeburg, die Initiative 9. Oktober Halle, Solidarisches Magdeburg und die Seebrücke Magdeburg.

9.06 Uhr: Verzögert sich Prozessbeginn gegen Stephan B.?

Prozessbeobachter und Journalisten stehen vor dem Landgericht Magdeburg und warten seit 7 Uhr auf Einlass.
Prozessbeobachter und Journalisten stehen vor dem Landgericht Magdeburg und warten seit 7 Uhr auf Einlass.
dpa-Zentralbild

Der Prozessbeginn könnte sich verzögern. In der langen Warteschlange der Journalisten vor dem Gerichtsgebäude geht es seit langem keinen Schritt voran. Die Vorsitzende Richterin Ursula Mertens lässt soeben ausrichten, dass sie den Prozess erst dann eröffnet, wenn alle im Saal sind.

8.55 Uhr: Was genau wird Stephan B. vorgeworfen?

21.07.2020, Mageburg: MZ-Reporter Jan Schumann erklärt im Detail, was dem Angeklagten Stephan B. vorgeworfen wird.

8.52 Uhr: Sebastian Striegel hofft auf Informationen über die Polizeiarbeit

In die Warteschlange vor dem Landgericht hat sich der Grünen-Politiker Sebastian Striegel eingereiht. Er beobachtet den Prozess als Vorsitzender des Landtags-Untersuchungsausschusses. „Uns interessieren vor allem Informationen über die Polizeiarbeit am Tag des Anschlags“, sagt er der MZ.

8.45 Uhr: Anwalt Hans-Dieter Weber stellt sich vor die Kameras

Ungewöhnlich für einen Strafverteidiger: Stephan B.s Anwalt Hans-Dieter Weber stellt sich vor dem Gericht den Kameras und gibt ein kurzes Statement. Zu hören ist es nur für die, die im Gedränge ganz vorn stehen.

8.20 Uhr: Stephan B. wird mit Blaulicht zum Landgericht Magdeburg eskortiert

Eine Kolonne mit Fahrzeugen von Polizei und Justiz fährt mit Blaulicht und Sirene zum Landgericht Magdeburg. Hier beginnt der Prozess gegen den Attentäter von Halle. 
Eine Kolonne mit Fahrzeugen von Polizei und Justiz fährt mit Blaulicht und Sirene zum Landgericht Magdeburg. Hier beginnt der Prozess gegen den Attentäter von Halle. 
dpa-Zentralbild

Mit dem Hubschrauber wurde der Angeklagte Stephan B. aus dem Gefängnis Burg nach Magdeburg geflogen. Eine Polizeieskorte bringt ihn um 8.05 Uhr ins Landgericht Magdeburg. Im Gebäude wartet ein gesicherter Haftraum auf ihn, bis er an Händen und Füßen in den Gerichtssaal geführt wird.

7.59 Uhr: Zahlreiche Medienvertreter vor dem Landgericht in Magdeburg

Journalisten warten seit Stunden vor dem Landgericht Magdeburg.
Journalisten warten seit Stunden vor dem Landgericht Magdeburg.
Hagen Eichler

Das Interesse am Prozess ist erwartungsgemäß groß. Am Dienstagmorgen  finden sich vor dem Eingang des Landgericht in Magdeburg etliche Journalisten aus aller Welt zur Berichterstattung ein. Auch die Reporter der MZ sind vor Ort und berichten. 

20.07.2020: Einen Tag vor Prozessbeginn zum Synagogen-Anschlag von Halle: bereit für den Terrorprozess in Magdeburg

Ein Polizeifahrzeug steht am Landgericht in Magdeburg. Hier wird der Prozess gegen den Attentäter von Halle fortgesetzt.
Ein Polizeifahrzeug steht am Landgericht in Magdeburg. Hier wird der Prozess gegen den Attentäter von Halle fortgesetzt.
dpa-Zentralbild

Unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen steht ab Dienstag der Attentäter von Halle, Stephan B., vor Gericht. Es wird das größte und wichtigste Strafverfahren in der Justizgeschichte des Landes - und die Welt sieht zu.

Rückblick auf den Prozess

1. Prozesstag: Stephan B. schildert Taten mit unverholener Freude

2. Prozesstag: Terrorist Stephan B. spricht über Spenden und Verschwörungsmythen

3. Prozesstag: Nebenklage beleuchtet familiäre Hintergründe

4. Prozesstag: Zeugen geben Einblicke ins Familienleben von Stephan B.

5. Prozesstag: Nebenklage kritisiert Entscheidung des Gerichts

6. Prozesstag: Ein genauer Blick auf das Waffenarsenal von Stephan B.

7. Prozesstag: Was trieb Stephan B. online - und was fanden die Ermittler?

8. Prozesstag: Zeugen setzen ein Zeichen – Wir lassen uns nicht einschüchtern

9. Prozesstag: Überlebende aus der Synagoge kritisieren Arbeit der Polizei

10. Prozesstag: Noch einmal sprechen die Überlebenden aus der Synagoge

11. Prozesstag: Zeugen schildern Angriff auf den Kiez-Döner in der LuWu

12. Prozesstag: Emotionale Aussage des Vaters von Kevin S. rührt den Gerichtssaal

13. Prozesstag: Polizisten schildern Schusswechsel auf der LuWu

14. Prozesstag: Stephan B.s Flucht aus Halle - fuhr er Somali absichtlich an?

15. Prozesstag: Opfer aus Wiedersdorf schildern Begegnung mit Halle-Attentäter

16. Prozesstag: Polizisten berichten über Flucht und Festnahme von Stephan B.

17. Prozesstag: Psychologe: Stephan B. wäre eine Hinrichtung lieber

18. Prozesstag: Angeklagter Stephan B. hält Psycho-Gutachten für „politisch motiviert“

19. Prozesstag: Tat-Video von B. löst Erdbeben in Online-Foren aus

20. Prozesstag: Weitere Terrorverdächtige speicherten Tatvideo aus Halle

21. Prozesstag: Bundesanwaltschaft fordert Höchststrafe

22. Prozesstag: Anwälte der Nebenklage halten Plädoyers

23. Prozesstag: Weitere Nebenklage-Anwälte halten Plädoyers

24. Prozesstag: Nebenkläger „macht sich für Kevins Tod verantwortlich“

25. Prozesstag: Drei Minuten Hass - Stephan B. leugnet in seinem letzten Wort den Holocaust

26. Prozesstag: Das Urteil

09. Oktober: Ein schwer bewaffneter Mann versucht ab 12.01 Uhr in Halle in die Synagoge einzudringen, während dort 50 Gläubige den höchsten jüdischen Feiertag begehen. Er schießt mehrfach auf die Tür, die zur Synagoge führt, versucht sich mit selbstgebastelten Sprengladungen Zugang zum Gelände zu verschaffen, scheitert und erschießt kurz darauf eine 40 Jahre alte Passantin und einen 20 Jahre alten Gast eines nahe gelegenen Dönerladens.

12.15 Uhr: Die Besatzung eines Streifenwagens hat Blickkontakt mit dem Attentäter vor dem Dönerimbiss. Der Täter schießt auf die Beamten. Die Beamten schießen zurück, verletzen ihn am Hals. Dem Täter gelingt es anschließend, zu fliehen.

13.35 Uhr: Der Fluchtwagen des Täters kollidiert frontal mit einem Lastwagen. Der Fahrer versucht, zu Fuß zu flüchten und wird von den Revierpolizisten festgenommen. Zuvor hatte er auf seiner Flucht ein Ehepaar in Landsberg (Saalekreis) schwer verletzt. Noch am gleichen Tag übernimmt die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen.

10. Oktober: Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier besuchen den Tatort und sprechen mit Gemeindevertretern. Steinmeier spricht von einem „Tag der Scham und der Schande“. Seehofer kündigt einen besseren Schutz für jüdische Einrichtungen in ganz Deutschland an. Seehofer besucht zudem den betroffenen Dönerladen, ebenso wie Steinmeier.

11. Oktober: Der Todesschütze Stephan B. gesteht die Tat und bestätigt ein rechtsextremistisches, antisemitisches Motiv. Bei einem mehrstündigen Termin beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs sagt er umfangreich aus.

13. Oktober: Tausende Menschen haben sich seit dem Anschlag deutschlandweit zu Solidaritätsaktionen versammelt. Eine der größten findet in Berlin statt. Die Polizei schätzt 8000 Teilnehmer, die Veranstalter doppelt so viele. Auch in Halle war es immer wieder zu Aktionen gekommen - unter anderem wurde für eine Sabbat-Feier eine Lichterkette als symbolischer Schutzschild gebildet.

17. Oktober: Die jüdischen Gemeinden aus Halle, Dessau und Magdeburg sollen gemeinsam mit der Landespolizei ein Konzept zum Schutz des jüdischen Lebens in Sachsen-Anhalt erstellen. Zudem wird angekündigt, dass ein aus dem Jahr 2006 stammender Staatsvertrag zwischen der Landesregierung und der Jüdischen Gemeinschaft ergänzt und eine Vereinbarung über Kosten für Schutzmaßnahmen abgeschlossen werden sollen.

Acht Monate später verkündet die Staatskanzlei, dass eine Zusatzvereinbarung im Staatsvertrag beschlossen wurde, die jüdischen Gemeinden müssten noch zustimmen. Im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur vor wenigen Tagen sagt der Vorsitzende des Landesverbands Jüdischer Gemeinden in Sachsen-Anhalt, Max Privorozki, dass noch über die konkrete Umsetzung von besseren Sicherheitsmaßnahmen gesprochen werde.

19. Oktober: Mindestens 14.000 Menschen besuchen ein Konzert - unter anderem mit dem Sänger Mark Forster - gegen den Hass im Zentrum der Saalestadt. (mz/dpa)