Chronik Chronik: Gimritzer Damm spaltet die Meinungen

Halle/MZ - 2. Juni:Halle bereitet sich auf das Hochwasser vor. Das Seniorenheim Gut Gimritz wird vorsorglich evakuiert. OB Bernd Wiegand beruft einen Krisenstab ein. Deichläufer beobachten den Deich am Gimritzer Damm. Der Pegel der Saale ist bei 6,30 Meter.
3. Juni: Das Hochwasser an der Saale steigt. Der Pegel in Halle steht bei über 7 Meter. Erste Straßen der Klaustorvorstadt sind überflutet und der Gimritzer Damm weicht durch. Helfer versuchen den Damm zu stabilisieren.
4. Juni: Am Gimritzer Damm in Halle haben Feuerwehr, Technisches Hilfswerk (THW) und freiwillige Helfer einen Sandsackverbau abgeschlossen. Mit Hilfe von Bundeswehreinheiten wurde der Abschnitt des Dammes vorerst gesichert. Ein Doppelkammerschlauch musste aufgegeben und konnte durch Sandsäcke ersetzt werden. Wasser dringt unter dem Schutzwall hindurch. Das Finanzamt wurde geräumt, ein angrenzendes Gewerbegebiet vorsorglich mit Sandsäcken gesichert
5. Juni: Der Pegel erreicht seinen Scheitel bei 8,10 Meter, das Wasser sinkt langsam. Am Gimritzer Damm sickert das Wasser aber weiter durch, auf 200 Metern ist der Deich löchrig.
6. Juni: Trotz sinkenden Pegels bleibt die Gefahr eines Deichbruchs am Gimritzer Damm bestehen. Die Deiche am Gimritzer und Passendorfer Damm sind völlig durchweicht. OB Wiegand schätzt die Situation als gefährlich ein. Der Druck auf die Dämme ist nach wie vor hoch.
7. Juni: Im Katastrophenschutz-Stab wird die Lage als ernst, aber stabil eingeschätzt. Noch halten Gimritzer- und Passendorfer Damm, die Halle-Neustadt schützen. Deichläufer werden die ganze Nacht über die Gefahrenzonen beobachten. Es sei laut OB Wiegand nicht ausgeschlossen, dass die Dämme brechen. Andernorts beginnen in Halle bereits die Aufräumarbeiten.
8. Juni: Die Lage entspannt sich allmählich. Der Katastrophenfall wird aufgehoben. Bewohner der Neustadt können in ihre Wohnungen zurück. Der Deich am Gimritzer Damm ist immer noch komplett durchnässt, die Straße "Gimritzer Damm" unterspült und deshalb gesperrt.
10. Juni:Bernd Wiegand geht von Millionenschäden aus, die das Hochwasser in Halle angerichtet hat. Der Katastrophenstab wird derweil aufgelöst. Das Wasser am Damm steht nur noch bis zum Deichfuß, es bestehe keine Gefahr mehr.
11. Juni: Straßenbahnen und Busse verkehren wieder über den Damm.
16. Juni:Der Gimritzer Damm ist wieder frei. Auch Autofahrer können die Straße wieder befahren. Per Hand, mit Radladern und mit Baggern wurden die mehr als 120.000 Säcke in den vergangenen Tagen weggeräumt. Zuvor wurden bereits die Fahrbahnen untersucht. Doch offenbar hatte der Druck des Grundwasser nicht so erhebliche Folgen, wie zunächst befürchtet.
18. Juni: Die Folgen des Hochwassers könnten früher als erwartet im Stadtrat eine Rolle spielen. Per Dringlichkeitsantrag wollen CDU, SPD und FDP die Sanierung der Straße „Gimritzer Damm“ vorantreiben.
19. Juni: Auf einer Stadtratssitzung kündigt Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand schnelle Entscheidungen in Sachen Gimritzer Damm an. So solle eine mobile Hochwasserschutzwand angeschafft werden. Die Kosten für die Schutzwand betragen laut Wiegand fünf Millionen Euro. Zudem beschließt der Stadtrat zwei Dringlichkeitsanträge zur Sanierung des Gimritzer Damms und der dahinter liegenden gleichnamigen Straße. „Ich kann nicht Monate warten. Wir wissen nicht, wann das nächste Hochwasser kommt. Der Gimritzer Damm ist nicht mehr sicher“, sagt Wiegand.
20. Juni: Die Pläne zur Sanierung des Gimritzer Damms werden diskutiert. Eine Überlegung: Die Verlagerung des Deiches an den östlichen Rand der Halle-Saale-Schleife, also jenseits der Eissporthalle.
9. Juli: Der Landesbetrieb für Hochwasserschutz Sachsen Anhalt unterrichtet OB Wiegand über den Zustand des Deiches, dieser sei instabil, unzulässig mit Bäumen bewachsen und biete keinerlei Schutz mehr. Im Erdreich befinden sich zudem zahlreiche Versorgungsleitungen.
13. Juli: Laut Untersuchungen des Landesbetriebs für Hochwasserschutz hat der Deich am Gimritzer Damm ausgedient. OB Wiegand kündigt erste konkrete Schritte an: "Der Gimritzer Damm ist überhaupt nicht mehr nutzbar. Ich habe daher veranlasst, dass Angebote eingeholt und Ausschreibungen begonnen werden, um zu reagieren."
15. Juli: Die Arbeiten am neuen Hochwasserschutzdeich beginnen. Erste Bäume werden gefällt. Der 4, 9 Millionen teure Deich soll bis zum Oktober fertig sein. Der Stadtrat wird in die Entscheidung nicht mit einbezogen. Das Umweltministerium prüft das Vorhaben noch.
16. Juli: Straße und Bahntrasse am Gimritzer Damm bleiben vorerst gesperrt. Es sind Risse aufgetreten, das Wasser hatte die Straße unterspült. Auch das naheliegende Gebäude von Finanzamt und Stasi-Unterlagenbehörde ist betroffen, hier soll die Statik geprüft werden. Der plötzliche Beginn des Deichneubaus sorgt bei MZ-Lesern für geteilte Meinungen. Und auch das Landesumweltministerium bezweifelt die Rechtmäßigkeit Wiegands Vorgehen.
17. Juli: Nach dem Fällen mehrere Bäume am Gimritzer Damm, melden sich Naturschutzorganisationen zu Wort. Die Naturschützer werfen dem OB Wiegand mangelnde fachliche Kompetenz vor. Durch den Neubau des Deiches würden wichtige Retentionsflächen verloren gehen.
18. Juli: Kaum haben die Arbeiten am Deich begonnen, könnten sie bald schon wieder vorbei sein. Eine Klage droht den Deichbau am Gimritzer Damm zu stoppen. Anwohner des Guts Gimritz auf der Peißnitz haben beim Verwaltungsgericht einen Eilantrag gegen das Projekt gestellt.
19. Juli: Einblicke in das neue Deichbaukonzept zeigen, dass der neue Deich näher an der Saale entlang führen und so auch die vom Juni-Hochwasser betroffene Eissporthalle schützen soll.
20. Juli: Halles OB Bernd Wiegand rechtfertigt sich im MZ-Interview für sein schnelles Handeln: "Ich habe die Pflicht, so zu handeln."
21. Juli: Das Verwaltungsgericht verlangt bis zum 22. Juli alle Unterlagen zum umstrittenen Deichbau am Gimritzer Damm. Der erste Verhandlungstermin ist für den 25. Juli angesetzt.
23. Juli: Das Land stoppt den Deich-Neubau am Gimritzer Damm. OB Wiegand habe mit Aktion gegen Gesetze verstoßen, so die Begründung. Wiegand wehrt sich und sieht "Gefahr für Leib und Leben".





