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Deichbau in Halle Deichbau in Halle: "Ich habe die Pflicht so zu handeln"

20.07.2013, 15:29
Anfang Juni lief das Wasser der Saale auf die Straße am Gimritzer Damm in Halle.
Anfang Juni lief das Wasser der Saale auf die Straße am Gimritzer Damm in Halle. Silvio Kison/archiv Lizenz

Halle (Saale)/MZ - Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) sorgt mal wieder für Diskussionen. Anlass ist der von ihm ausgelöste Deichbau am Gimritzer Damm. Was er davon hält, dass Anwohner vor Gericht ziehen und davon, wie ihn die Hallenser sehen, darüber sprach Michael Tempel mit dem Rathauschef.

Gefällt es Ihnen, dass Sie bei vielen als der „Deichgraf“ gelten?

Wiegand: Solche Bezeichnungen kommentiere ich nicht.

Aber mit Ihrer Entscheidung zum sofortigen Deichbau haben Sie schon herrschaftlich gehandelt - zumal das Sache des Landes gewesen wäre.

Wiegand: Das sehe ich nicht so. Das Land hat deutlich gemacht, dass der alte Deich keinerlei Schutz mehr bietet, und, dass es den Bau eines neuen Deichs in diesem Jahr nicht mehr realisieren kann. Daraufhin haben wir gemeinsam mit dem Land den Verlauf des neuen Deiches ausführlich besprochen. Wir waren uns einig, dass wir keinen Tag mehr verschenken können. So wie der Damm jetzt gebaut wird, fand er die volle Zustimmung des Landes. Außerdem gibt es Sondernormen im Gefahrenabwehrrecht: Wenn eine Behörde sich nicht in der Lage sieht zu handeln, kann dies eine andere Behörde übernehmen. Davon habe ich Gebrauch gemacht.

Wie finden Sie es, dass Bewohner des Gut Gimritz gegen das Projekt vorgehen?

Wiegand: Ich habe Donnerstag vor einer Woche noch mit den Bewohnern gesprochen und ihnen erläutert, dass es keine zusätzliche Gefahr für sie geben wird. Sie müssen keinen Zentimeter mehr Wasser durch den Deichbau befürchten.

Sind Sie enttäuscht, dass es jetzt Kritik vom Land und von Privatleuten gibt?

Wiegand: Wie die Entscheidungsfindung auf Landesebene erfolgt ist, kann ich nicht beurteilen. Es kann immer vorkommen, dass jemand mit einer Baumaßnahme nicht einverstanden ist. Die von den Bewohnern vorgebrachte Kritik habe ich mit ihnen im Vorfeld gemeinsam besprochen, deshalb verstehe ich deren Reaktion nicht.

Und dass es im Stadtrat Kritik gibt?...

Wiegand: Es handelt sich um Teile des Stadtrates. Ich habe in diesem Fall nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, zum Schutze der Bürger unverzüglich zu handeln.

Können Sie mal genau erklären, wieso Sie ohne neuen Deich Gefahr für Leib und Leben der Bürger sehen?

Wiegand: Stellen Sie sich vor, es gibt das nächste Hochwasser. Dann wären die Bürger von Halle-Neustadt schutzlos. Außerdem würden zahlreiche Gebäude zerstört; allein 70 Prozent der Anlagen und Einrichtungen des kommunalen Wohnungsunternehmens GWG wären betroffen. Gleiches gilt für privates Eigentum. Wir haben im Juni gesehen, welcher Schaden durch das Hochwasser entstanden ist.

Aber Sie sprechen nur von Sachschäden.

Wiegand: Wir haben es beim jüngsten Hochwasser doch erlebt: Wenn elektrische Leitungen unter Wasser stehen oder die Infrastruktur ganz zum Erliegen kommt, besteht Gefahr für Leib und Leben.

Den Deichbau haben Sie auch damit begründet, möglichst vor dem Herbst fertig zu sein. Woher haben sie die Erkenntnis, dass es im Herbst wieder Hochwasser gibt?

Wiegand: Diese Frage meinen Sie sicher nicht ernst.

Was passiert, wenn die Kosten von 4,9?Millionen Euro nicht aus der Fluthilfe bezahlt werden?

Wiegand: Der Bau ist eine Entscheidung zu Lasten des Landes. Letztlich hat das Land die Kosten zu tragen. Ich gehe davon aus, dass es über die Fluthilfe passiert oder über einen Sonderfonds.

Von der Handwerkskammer gab es Kritik, dass – wie im jetzigen Fall – Aufträge in der Stadt auf die Firma Papenburg zugeschnitten würden.

Wiegand: Das muss ich zurückweisen. Im Rahmen der Gefahrenabwehr kann normalerweise die Firma beauftragt werden, die am schnellsten handeln kann. Unabhängig davon haben wir eine Vergabe durchgeführt, indem wir Angebote von drei Firmen eingeholt haben, die im Deichbau erfahren sind. Mit der Vorgabe, den Deich schnell zu realisieren.

Und die Firma Papenburg war die einzige, die das noch in diesem Jahr schafft?

Wiegand: Weitere Einzelheiten zum Vergabeverfahren darf ich Ihnen nicht verraten.

Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) verkündete als Leiter des Krisenstabes dessen Auflösung.
Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) verkündete als Leiter des Krisenstabes dessen Auflösung.
Thomas Meinicke Lizenz