Gimritzer Damm Gimritzer Damm: Halles Deichgraf in Nöten

Halle/MZ - Die schnelle Entscheidung zum Neubau des Gimritzer Damms von Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) spaltet die Stadt. Während etliche Hallenser den Rathauschef als „Deichgraf“ in Online-Foren für seine Entschlossenheit feiern, fordern andere die Stadträte sogar auf, ein Abwahlverfahren einzuleiten. Dabei scheint klar: Um den Hochwasserschutz zu gewährleisten, muss ein neuer Damm her. Darin ist man sich hier und ist man sich bis hin zum Landesumweltministerium einig. Trotzdem müsse auch ein Oberbürgermeister rechtliche Schritte einhalten, heißt es dort. Die Landesbehörde fühlt sich von Wiegand übergangen. Und auch die Handwerkskammer kritisiert das Vergabeverfahren.
Im Umweltministerium geht man davon aus, dass derart schnelles Handeln nur zu Schwierigkeiten führen könne. „Ein Oberbürgermeister wie Bernd Wiegand weiß, dass für ein solches Vorhaben viele rechtliche Schritte vonnöten sind“, sagt Ministeriumssprecher Detlef Thiel. Das Landesverwaltungsamt prüft nun (bis mindestens Ende nächster Woche), ob Wiegand im Recht war, als er diese Schritte mit der Begründung, „Gefahr für Leib und Leben abzuwehren“, umgangen hat. Und auch der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Jürgen Rogahn hat ein ungutes Gefühl bei der Art der Vergabe des Bauauftrags. Aus seiner persönlichen Sicht, „scheint die Stadt die Rechtsvorschriften immer maximal auszudehnen, um der Firma Papenburg gute Geschäfte zu garantieren“. Als Beispiele nennt Rogahn das Stadion oder den Umbau des ehemaligen Regierungspräsidiums. „Selbst wenn eine akute Notsituation bestehen würde, müsste die Stadt mehrere Angebote einholen. Wir gehen davon aus, dass es in der Bundesrepublik etliche Firmen gibt, die den Auftrag auch in kurzer Zeit hätten erfüllen können.“
Dennoch meint Rogahn, ihm seien die Hände gebunden, weil ein mahnendes Schreiben der Handwerkskammer an die Stadt wohl nicht als relevant empfunden würde. Unterdessen nahm Wiegand gestern selbst noch mal zur Sache Stellung - auf der Web-Seite der Stadt: Tagebuchartig stellt er seine Sicht des Vorgangs bis zur Auslösung des Bauauftrags am 12. Juli, 18 Uhr, dar.
Demnach wurde Wiegand am 9. Juli von Hans-Werner Uhlmann, Vertreter des Direktors des Landesbetriebs für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW), über den schlechten Zustand des Damms unterrichtet. Uhlmann befürwortete einen Neubau, habe allerdings gleichzeitig mitgeteilt, dass das LHW den Damm dieses Jahr nicht mehr bauen würde. Diese Aussage sei Umweltministeriumssprecher Thiel zufolge auch nicht zu hinterfragen: „Beim LHW arbeiten Wasserbauingenieure, die den Zustand des Damms exakt beschreiben. Allerdings ist dieses Urteil einem Verfahrensrecht untergeordnet.“ Ein Planfeststellungsverfahren und eine ordentliche Ausschreibung hätten folglich erfolgen müssen.
Wiegand hat hingegen nach eigenen Angaben Stephan Holtz von der Kanzlei Köning & Partner (KKP) den Auftrag erteilt, eine städtische Vergabeentscheidung zu prüfen und einzuleiten. Drei Tage später der Entschluss: „Das wirtschaftlichste und zielführendste Ergebnis hat die Firma GP Günter Papenburg AG vorgelegt. Zudem konnte kein anderer Anbieter noch vor einem möglichen Herbst-Hochwasser in nur 50 Tagen die Fertigstellung eines nachhaltigen Hochwasserschutzdammes zusichern“, heißt es in der Stellungnahme. Drei namhafte Unternehmen hätten ein Angebot unterbreitet. „Weitere Informationen sind im Vergabeverfahren nicht zulässig“, heißt es auf MZ-Nachfrage.
Die Finanzierung des Projekts enthält ebenfalls etliche Fragezeichen. Wiegand schreibt: „Die finanzielle Deckung soll über die Fluthilfemittel des Landes erfolgen.“ Wie das funktionieren soll, versteht selbst Ministeriumssprecher Thiel nicht. „Damit können nur die Finanzen aus dem Fluthilfefonds der Bundesregierung gemeint sein. Und die gehen in erster Linie an das Land und nicht an die Stadt.“ Während die Bagger am Damm bereits auf Hochtouren arbeiten, sind auch die Amtsmühlen ins Rollen gekommen. Am 25. September will Wiegand das Thema im Stadtrat diskutieren. Wenn alles gut geht, ist der Damm dann auch schon fertig.
Die Stellungnahme ist online unter www.halle.de nachzulesen.