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MZ-Wirtschaftsnewsletter vom 6. November 2025 Geldregen für Kohlerevier: Warum kleine Kommunen dennoch hadern

Weitere Themen: Suche nach Endlager / Aus für Motorenwerk / Deutschlands größter Batteriespeicher / Energie wird billiger / eFuel für Panzer / Von Aken nach New York

06.11.2025, 08:00
Newsletter Kohleausstieg
Newsletter Kohleausstieg Foto: dpa

Spitzenpolitiker in den Bundesländern verbringen einen nicht unerheblichen Teil ihrer Arbeit damit, für öffentlich geförderte Projekte Bescheide zu überreichen, Spatenstiche vorzunehmen und Bändchen bei Einweihungen zu durchschneiden. Das bringt positive Publicity, doch ob es gut investierte Zeit ist, da würde ich mal ein Fragezeichen machen.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff und Wirtschaftsminister Sven Schulze (beide CDU) gehören wohl zu den mitteldeutschen „Fördermittelkönigen“. Durch den Kohleausstieg gibt es Milliarden von Strukturfondsmitteln zu verteilen.

In Sachsen-Anhalt wurden laut Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) für unterschiedliche Projekte inzwischen 2,75 Milliarden Euro bewilligt, das sind 57,3 Prozent der Gesamtsumme. Ein großer Teil wurde dabei bisher mit 941 Millionen Euro für die Erreichbarkeit verwendet. Es handelt sich dabei vor allem um Verkehrsprojekte wie Straßen und Bahntrassen. 902 Millionen Euro fließen in die Forschung und Entwicklung und 414 in Standorte und Betriebe. So entstehen unter anderem in Leuna und Köthen neue Industrieparks.

So werden die Mittel für den Kohleausstieg bisher verwendet.
So werden die Mittel für den Kohleausstieg bisher verwendet.
Grafik: iwh

Trotz dieses enormen Geldregens ist das Echo aus den Kommunen eher geteilt. 147 Kommunen im Mitteldeutschen Revier wurden vom Kompetenzzentrum Regionalentwicklung (KRE) im Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung befragt: Überwiegen die Chancen oder die Herausforderungen beim Kohleaustieg?

Geantwortet haben 52 Kommunen: Bei 34 Prozent überwiegen die Herausforderungen, bei 29 Prozent die Chancen und bei 27 Prozent hält es sich die Waage.

In allen deutschen Kohleregionen gibt es deutliche Unterschiede zwischen großen und kleinen Kommunen im Blick auf den Strukturwandel. Während 72 Prozent der befragten Groß- und Mittelstädte optimistisch auf den Strukturwandel blicken, tun dies nur 26 Prozent der Landgemeinden, in denen viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ehrenamtlich tätig sind.

Umfrage zum Strukturwandel in Kohleregionen
Umfrage zum Strukturwandel in Kohleregionen
Kroschel

Ein wesentlicher Grund dafür dürfte sein, dass die Geldströme eher in die Großstädte mit starker Forschungslandschaft fließen. So soll die Stadt Halle 185 Millionen Euro für den Strukturwandel erhalten. Die Gemeinde Elsteraue gehört mit dem Tagebau Profen zum Kernrevier. Laut Bürgermeister Mark Fischer (parteilos) hat die Kommune mit dem Umbau des stillgelegten Bahnhofs in Reuden zu einem Ärztehaus aber bisher nur ein Projekt, das direkt aus Strukturfondsmitteln bezahlt wird. Kosten: 7,4 Millionen Euro.

Nach Fischers Worten hängen am Kohleunternehmen Mibrag direkt und indirekt tausende Jobs in der Region. „Für mich ist entscheidend, dass es bei uns im Industriepark zu Firmeninvestitionen kommt, damit die Mibrag-Mitarbeiter und deren Kinder hier eine Perspektive haben“, so Fischer.

Auch IWH-Vize-Präsident Oliver Holtemüller berichtet, dass die Kohlemilliarden bisher kaum zu wirtschaftlichen Effekten führen. Der Wirtschaftsforscher empfiehlt, mit den Fördermitteln künftig noch stärker das Angebot an Arbeitskräften abzusichern. „In Zukunft sollte dem Aspekt der Bildung und Qualifizierung vor Ort noch größeres Gewicht beigemessen werden“, sagt Holtemöller.

Die EU-Wettbewerbsregeln untersagen, die Kohlemilliarden direkt für die Ansiedlung von Firmen zu verwenden. Doch die Landespolitik sollte überlegen, wie die zweite Hälfte der Kohlemittel gezielter für die Schaffung von Jobs in den Kernrevieren verwendet werden kann.

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Bis kommende Woche, herzlich Steffen Höhne

Weitere wichtige Wirtschaftsthemen aus Mitteldeutschland der Woche:

Suche nach Atommüllendlager

Die Suche nach einem Atommüllendlager schreitet voran. Laut einem Zwischenbericht gelten Salzstöcke im Süden Sachsen-Anhalts und zwei Granitstein-Gebiete im Harz als geeignet. (MZ)

Die Karte zeigt, wie die Gebiete nach der Prüfung eingeschätzt werden.
Die Karte zeigt, wie die Gebiete nach der Prüfung eingeschätzt werden.
Foto: Büttner

Strom und Gas werden billiger

Sachsen-Anhalts größter Regionalversorger EnviaM will im kommenden Jahr die Strom- und Gaspreise deutlich senken. Es gibt jedoch einen Haken. (MZ)

Der Strompreis für Haushaltskunden sinkt seit 2023 wieder.
Der Strompreis für Haushaltskunden sinkt seit 2023 wieder.
Grafik: Büttner

Panzer mit Wasserstoff-Antrieb

Der Rüstungskonzern wirbt dafür, für die Verteidigungsfähigkeit in großem Umfang Kraftstoff auf Basis von erneuerbaren Energien herzustellen. Die Dresdner Wasserstoff-Firma Sunfire ist Partner. (MZ)

Größter Batteriespeicher Deutschlands

Im Salzlandkreis baut das Unternehmen Eco Stor Deutschlands bisher größten Batteriespeicher. Was das für den Strompreis bedeutet – und was die Anwohner in Förderstedt dazu sagen. (VS)

Grundsteinlegung Batteriespeicherwerk der Firma Ecostor in Förderstedt/Sachsen Anhalt
Grundsteinlegung Batteriespeicherwerk der Firma Ecostor in Förderstedt/Sachsen Anhalt
Foto Tom Schulze/Eco Stor

Stilles Aus für Motorenbauer

Das Anhaltische Elektromotorenwerk (AEM) war einer der traditionsreichsten Betriebe in Dessau - und schrieb viele Jahre eine Erfolgsgeschichte. Im Herbst 2024 aber gab es einen Insolvenzantrag. Die Mitarbeiter sind längst gekündigt. (MZ)

Neue S-Bahn für Leipzig-Halle

Neuer Betreiber, neue Züge: 2026 wird das Netz im Großraum Halle/Leipzig umgekrempelt. Was Reisende dann erwartet. (MZ)

Von Aken nach New York

Mitten in wirtschaftlich unsicheren Zeiten expandiert der gebürtige Sachsen-Anhalter Benjamin Diedering mit seiner Agentur BDX in die USA – und eröffnet nach Los Angeles nun auch ein Büro in New York. Im Interview spricht er über kulturelle Stolpersteine, deutsche Stärken im US-Markt und warum er auf die USA setzt.

Benjamin Diedering vor der Kulisse New Yorks.
Benjamin Diedering vor der Kulisse New Yorks.
Foto: BDX Media

Autozulieferer ist insolvent

Steigende Kosten und sinkende Umsätze zwingen das Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern in die Knie. Der Insolvenzverwalter will nun auch mit den Kunden sprechen. Auch ein Standort in Sachsen betroffen. (MZ)

OHB baut Satelliten-Teile

Erst Musikinstrumente, dann Radios, jetzt Teile für Satelliten: Das Raumfahrtunternehmen OHB übernimmt das Technisat-Werk in Sachsen. Die Bremer sehen dort gute Voraussetzungen für künftiges Wachstum. (MZ)

Leipziger kaufen Hansazentrum

Erst erwarben sie Galeria-Kaufhof in Halle, jetzt sind sie neue Eigentümer des Hansazentrums in Dresden: Was zwei Leipziger Investoren mit dem Hotel- und Einkaufskomplex vorhaben. (SZ)