MZ-Wirtschaftsnewsletter vom 2. Oktober 2025 Lederhosen-Events: Oktoberfeste erobern den Osten
Weitere Themen: Die Mauer im Kopf / Lufthansa streicht Stellen / Kraftwerk vor Aus / Raffinerie wärmt Leipzig / Zahntechnikfirma verlagert / Arbeitslos durch KI?

der Feiertag zum 3. Oktober beschert uns ein langes Wochenende. Wer das ausgiebig feiern will, der könnte zum Oktoberfest „O’zapft is“ in der Marina Mücheln am Geiseltalsee oder auf die Mückenwiesn in Magdeburg gehen, die beide am 2. Oktober starten. Wer das nicht schafft, der kann beispielsweise auch ab dem 10. Oktober das „Leipziger Oktoberfest“ besuchen.
Brezn, Bier und Blasmusik haben schon längst auch ihren Siegeszug in Mitteldeutschland angetreten. Mein Kollege Julius Lukas hatte sich Ende September auf der „Wiesngaudi“ in der Harzstadt Wernigerode umgeschaut – seit 15 Jahren Sachsen-Anhalts größtes Oktoberfest. Was fasziniert die Leute an bayerischer Lebensart im Großraumzelt?

Die Studentinnen Leni und Marie sagen: „Sich traditionell anziehen, die gute Stimmung – das passt für uns.“ Für Melanie Kipper ist es die Mischung aus „sich hübsch machen“ und der Atmosphäre. „Ich fand das Oktoberfest lange gar nicht anziehend“, sagt die Wiesngaudi-Leiterin. „Dann war ich vor sechs Jahren einmal da, und am Ende des Abends standen alle auf den Bänken, sangen und schunkelten – das war schon genial.“
Aus einer ganz anderen Perspektive kennt Luis Noschang die Anziehungskraft des Lederhosen-Events. Der Marketing-Experte der Hochschule Harz ist Brasilianer. „In meiner Heimatstadt Porto Alegre wird auch Oktoberfest gefeiert“, berichtet Noschang der MZ. „Im Ausland wird das meist nicht als typisch bayerisch, sondern als typisch deutsch angesehen.“

Es sei zur Marke geworden, wie etwa der St. Patrick’s Day, der auch weltweit gefeiert wird, meint Noschang. In einer Zeit voller Krisen und Unsicherheit suchen die Menschen laut dem Marketing-Experten das Vertraute. Standardisierte Rituale wie Dirndl für Frauen und Lederhose für Männer passen da perfekt.
Und natürlich sind die Feste inzwischen auch ein Wirtschaftsfaktor geworden. Belastbare Zahlen liegen für das Münchner Oktoberfest vor. Dort gibt jeder Besucher im Schnitt 90 Euro aus. Die gesamtwirtschaftlichen Effekte belaufen sich auf 1,57 Milliarden Euro, 634 Millionen Euro direkt auf dem Festgelände (Bier, Essen, Fahrgeschäfte, Souvenirs), der Rest verteilt sich auf Hotellerie, Gastronomie, Einzelhandel und Transport in München und Umgebung.
Wenn’s so schön und erfolgreich ist, dann könnte doch eigentlich jeden Tag Oktoberfest sein. In dem Sinne, Prost auf die Deutsche Einheit.
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In der kommenden Woche setzt der Newsletter aus, die nächste Ausgabe erscheint am 16. Oktober, herzlich Steffen Höhne
Weitere wichtige Wirtschaftsthemen aus Mitteldeutschland der Woche:
Die Mauer im Kopf
Zum Tag der Deutschen Einheit: Ökonomisch gleicht sich Sachsen-Anhalt an Bundesländer im Westen langsam an. Gesellschaftlich wächst die Entfremdung allerdings wieder. Wie kommt das?

130 Jobs weg
Die Lufthansa will massiv die Kosten senken. An den mitteldeutschen Airports wird auf das eigene Bodenpersonal verzichtet. Doch es kann noch härter kommen.

Großer Lithium-Fund
Lithium aus Sachsen-Anhalt: Kann die Altmark bald wichtige Rohstoffe für Batterien liefern? Ein Unternehmen will mit neuer Technik die Produktion anschieben. (MZ)
Raffinerie wärmt Leipzig
Die Leipziger Stadtwerke und TotalEnergies haben in Leuna den ersten Spatenstich für ihr Fernwärmeprojekt gesetzt. Ab 2028 soll Abwärme aus Leuna 100.000 Leipziger mit Wärme versorgen. (MZ)
Holzkraftwerk vor Aus
Die Stadtwerke Leipzig wollen ihr verlustreiches Biomassekraftwerk in Wittenberg Ende des Jahres abschalten. Mit welchem potenziellen Investor noch Gespräche laufen. (MZ)

Arbeitslos durch KI?
Die Lufthansa will durch Digitalisierung 4.000 Bürojobs streichen. Auch bei Firmen in Sachsen-Anhalt lassen sich viele Tätigkeiten automatisieren. Warum das auch eine Chance ist. (MZ)

Zahntechnikfirma verlagert
Die Zahntechnikfirma Etkon will am Standort Markkleeberg 240 Stellen bis Anfang 2026 abbauen. Eine ganze Produktionslinie soll nach China verlagert werden. (MZ)
Autopapst aus dem Osten
Thomas Peckruhn ist Chef-Lobbyist der Kfz-Branche und führt eine der lukrativsten Skoda-Handelsketten Europas. Begonnen hat sein Weg in der Werkstatt seines Opas zu DDR-Zeiten. Warum den Sangerhäuser das bis heute prägt und wie der gelernte Kfz-Schlosser auf die Zukunft des Autos blickt. (MZ)

Sanierung von Harzer Schmalspurbahn
Die Harzer Schmalspurbahnen (HSB) stehen vor einem historischen Umbruch: 340 Millionen Euro sollen in die Sanierung der krisengeschüttelten Touristenattraktion fließen, sogar eine Elektrifizierung wird geprüft. (MZ)
Pharmafirmen in Sorge
US-Präsident Donald Trump will Arznei-Importe mit hohen Abgaben belegen. Das sorgt für Irritationen in der Branche. Für einige Hersteller aus Sachsen-Anhalt wären die Folgen erheblich. (VS)
Wasserstoff für BMW-Werk
Bisher kam der Wasserstoff per Lastwagen, in Zukunft soll er durch eine eigene Leitung fließen: Leipzig wird der erste BMW-Standort mit direkter Pipeline. Grünes Gas könnte auch Erdgas ablösen. (MZ)
Birkenstock kauft Werk
18 Millionen Euro investiert: Bis 2027 soll in dem Dresdner Werk produziert werden. Birkenstock erweitert damit seine Kapazitäten für Sandalen, Clogs und Fußbetten.
Bernstiel wird Chef-Lobbyist bei Rolls-Royce
Neuer Posten für Christoph Bernstiel: Der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete aus Halle wird der deutsche Chef-Lobbyist bei Rolls-Royce. Der britische Konzern ist vor allem in der Luftfahrt-, Energie- und Rüstungsbranche tätig. Bernstiel wird der Leiter des deutschen Hauptstadtbüros. (MZ)

Rettung aus Osteuropa?
Der Straßenbahnbauer Heiterblick verhandelt mit mehreren Interessenten. Ziel: eine stabile Zukunft für das Unternehmen. Die Produktion läuft trotz Insolvenzverfahren weiter. (MZ)

Thyssenkrupp schließt Werke
Die Beschäftigten von Thyssenkrupp in Chemnitz und Hohenstein-Ernstthal hatten schlimme Vorahnungen. Nun ist es Gewissheit: Das Unternehmen schließt die Standorte mit 270 Beschäftigten. (MZ)