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Ihr Wochenende mit der Mitteldeutschen Zeitung Auch ohne Social Media gibt es Probleme, die früher keiner kannte

12.12.2025, 08:26
Frank Klemmer ist Themenmanager und leitet die Lokalredaktion der MZ in Halle.
Frank Klemmer ist Themenmanager und leitet die Lokalredaktion der MZ in Halle. (Grafik: Tobias Büttner/Foto: Andreas Stedtler)

haben Sie das auch schon gemerkt? Manchmal gibt es Probleme, die gab es früher nicht. Weil es früher weder die Probleme gab noch die Möglichkeit, sie überhaupt zu schaffen. Die Welt dreht sich weiter - und schneller. Und das hat Konsequenzen, mit denen man erstmal lernen muss umzugehen.

Daran musste ich in dieser Woche denken, als auch uns in Sachsen-Anhalt eine Nachricht aus Australien erreicht hat. In Echtzeit natürlich, nicht erst Tage oder Wochen später wie früher, erfuhren also, dass dort jetzt ein Social-Media-Verbot für unter 16-Jährige gilt.

Und in Echtzeit - also quasi sofort - hatte die Debatte auch uns hier vor Ort erreicht: Sie lief über Schulflure, am morgendlichen Kaffeetisch und in den üblichen Bewegungsmitteln auf dem Weg zum Unterricht: Brauchen wir sowas auch hier? Wäre das nicht sinnvoll? Und gesund? Oder, Gegenfrage: Dürft „Ihr“ das überhaupt?

In Australien gilt jetzt ein Social-Media-Verbot unter 16. Nicht alle Plattformen haben das Verbot schon umgesetzt - und so manche unter 16 rühmen sich, weiter in Sozialen Netzwerken aktiv zu sein.
In Australien gilt jetzt ein Social-Media-Verbot unter 16. Nicht alle Plattformen haben das Verbot schon umgesetzt - und so manche unter 16 rühmen sich, weiter in Sozialen Netzwerken aktiv zu sein.
(Foto: Rick Rycroft/AP/dpa)

Es ist ja nicht so, als hätte uns das Ganze unvorbereitet getroffen. Schon lange diskutieren wir auch in Sachsen-Anhalt - und zum Beispiel auch bei uns in Halle - über Handy-Verbote in Schulen. Eine Debatte, die vom Nachwuchs oft auch mit den harten Bandagen der Gerechtigkeit geführt wird.

Social Media, Handyverbot und warum die Debatten gar nicht so einfach sind

Und durchaus zugespitzt: Wenn da zum Beispiel vom „Kalten Entzug in der Schule“ die Rede ist, dann könnte man mit erhobenem Zeigefinger auch nur die Sucht-Metapher hören - die ja gar keine Metapher mehr ist. Man könnte den Zeigefinger aber auch unten lassen und sich Gedanken darüber machen, wer sich - und damit auch den „Kleinsten“ - den Blick aufs Handy denn beigebracht hat. Oder wer ihnen das Handy gekauft hat ...

Handyverbote gibt es auch in Halle - und schon sie sorgen für Diskussionen.
Handyverbote gibt es auch in Halle - und schon sie sorgen für Diskussionen.
(Foto: Thisbe Westermann)

Allein die schnelle Verbreitung der Debatte zeigt allerdings schon, wo das wirkliche „Problem“ liegt. Beziehungsweise: Was heute „Echtzeit“ ist. Die Welt ist - gerade auch durch Social Media auf Basis der technischen Revolution hinein in eine digitalisierte Welt - so nah zusammengerückt, dass man manchen Debatten einfach nicht mehr aus dem Weg gehen kann. Und dann auch kaum Zeit hat zu lernen, wie man mit den Konsequenzen, die das hat, umgehen kann.

Insofern könnten wir uns sogar freuen über eine Debatte, die es so schnell zu uns aus Australien geschafft hat. Wenn wir sie denn richtig führen würden. Und die richtigen Entscheidungen treffen. Nach einem vernünftigen Dialog.

Aber haben wir überhaupt soviel Zeit? Ich befürchte eher, dass die Diskussion vorher längst schon wieder weg ist. So schnell wie die Schlagzeile kam, geht sie auch wieder. Wegen der nächsten Nachricht von irgendwo auf der Welt.

Alle Jahre wieder: Schon so viele „Superstars“ und „Voices“

Ähnlich vergänglich wie solche Diskussionen sind jedes Jahr die neuesten Schönsten und Besten, die durch die diversen Wettbewerbsformate im Fernsehen geschleust werden. Gerade was die Stimmen angeht, haben wir in den vergangenen beiden Jahrzehnten die Geburt von so vielen „Superstars“ oder „Stimmen Deutschlands“ erlebt, wie wir sie früher auch nie kannten. Noch so etwas also, dass es früher nie gab.

Finale! Greta Heimann aus Halle stand am vergangenen Freitag als erste Kandidatin für das Finale von „The Voice of Germany“ fest. Was macht sie daraus?
Finale! Greta Heimann aus Halle stand am vergangenen Freitag als erste Kandidatin für das Finale von „The Voice of Germany“ fest. Was macht sie daraus?
(Foto: Joyn/Claudius Pflug)

Das Problem ist dann nur, dass nach der „Geburt“ nicht mehr viel kommt - zumindest nicht in Sachen Superstar. Sicher, es gibt eine ganze Reihe von Sängerinnen und Sängern, die in den vergangenen Jahren solche Formate als Sprungbrett für durchaus bemerkenswerte Karrieren genutzt haben.

Aber eben auch nur als Sprungbrett: Oben angekommen und geblieben sind sie jedenfalls nicht nach dem Finale kurz vor Weihnachten, das es heute wieder bei „The Voice of Germany“ auf Sat.1 zu sehen gibt.

Die kleinen „Stars“ von heute kennen ihre eigene Rolle schon besser

Warum mich das überhaupt beschäftigt? Zum einen bekenne ich mich schuldig: Ich gucke und höre es trotzdem schon immer gerne. Zum anderen ist es gerade jetzt mal wieder hier besonders schön zu verfolgen gewesen, wie jemand aus dem öffentlichen Nichts ins Rampenlicht springt - in diesem Fall die 20-jährige Greta Heimann aus Pirna, die in Halle Jura studiert und heute mit sechs anderen um den Pokal für 2025 kämpft.

Tipps vom „All Star“: Kandidat Linus Bruhn konnte Greta Heimann nach seinem Ausscheiden auch erzählen, wie man mit Erfolg und Misserfolg in der Show am besten umgeht - und was man daraus macht.
Tipps vom „All Star“: Kandidat Linus Bruhn konnte Greta Heimann nach seinem Ausscheiden auch erzählen, wie man mit Erfolg und Misserfolg in der Show am besten umgeht - und was man daraus macht.
(Foto: Thisbe Westermann)

Spannend war das auch, weil mit ihr noch ein sogenannter „All Star“ aus Halle im Wettbewerb war: Linus Bruhn, heute 26, vor zehn Jahren schon mal dabei - und jetzt wieder kurz vor den Live-Shows gescheitert. Im Gespräch mit Greta und meiner Kollegin Thisbe Westermann konnte er neulich in Halle der „Neuen“ einige Tipps geben, wie man mit dem Erfolg und der Bekanntheit durch die Show umgeht. Wie man also das Sprungbrett richtig einstellt ...

Neben viel Erfolg am heutigen Abend wünsche ich Greta Heimann deshalb, dass ihr genau das gelingt. Was ich bisher von ihr wie von Linus Bruhn gehört und gelesen habe, klingt deutlich aufgeräumter und realistischer als frühere „Euphorie-Wellen“ rund um solche Shows. Klingt für mich so, als hätten da zumindest viele schon gelernt, mit Konsequenzen umzugehen, die man früher nicht kannte. Und sei es nur mit denen des kleinen Ruhms der TV-Besten-Suche vor Weihnachten.

Ist Erfolg planbar? Im Fußball nicht, auch im Handball kommt er unerwartet

Wie wenig Erfolg einfach so planbar ist, dass weiß man ohnehin spätestens beim Blick in den Sport. Wenn wir in eine Zeitmaschine Richtung Sommer 2025 steigen, dürften manche HFC-Fans sich sicher dabei erwischen, dass ihre Träume vom Aufstieg in die 3. Liga doch ziemlich konkret waren. Handball-Zweitligist Dessau-Roßlauer HV hingegen befand sich mitten in einem Albtraum: einem Wiederholungs-Spiel in Essen, das den Sturz in die 3. Liga hätte bedeuten können.

Wieso klappt es nicht so richtig beim HFC in dieser Saison? Unsere Kollegen vom Podcast „Chemie kennt keine Liga“ sind da voll im Thema.
Wieso klappt es nicht so richtig beim HFC in dieser Saison? Unsere Kollegen vom Podcast „Chemie kennt keine Liga“ sind da voll im Thema.
(Grafik: Tobias Büttner/Volker Ballasch)

Und jetzt, ein halbes Jahr später? Der Hallesche FC kann sich den Aufstieg nach einer Sieglos-Serie, die auch die Kollegen vom Podcast „Chemie kennt keine Liga“ in der Zwischenzeit gleich mehrfach ausführlich analysiert haben, angesichts des großen Rückstandes in der Tabelle realistisch gesehen längst abschminken.

Aufregende Weihnachten für die „Biber“

Die Handballer aus Dessau haben dagegen nicht nur einen unvergesslichen Pokal-Abend in der heimischen Arena gegen den großen SC Magdeburg hinter sich. Sie stehen mit 21:7 Punkten aktuell auch auf Platz 5 - unweit der beiden Aufstiegsplätze. Nicht nur Träume, sondern konkrete Erinnerungen werden wach an die vorletzte Saison, als Dessau erst am letzten Spieltag höchstdramatisch den Sprung in Deutschlands höchste Spielklasse verpasst hat.

Gegen die Besten: Luka Baumgart vom Dessau-Roßlauer HV verteidigt im Pokal gegen Gisli Kristjansson vom SC Magdeburg.
Gegen die Besten: Luka Baumgart vom Dessau-Roßlauer HV verteidigt im Pokal gegen Gisli Kristjansson vom SC Magdeburg.
(Foto: Reinhardt)

Aber gemach! Jetzt spielen die „Biber“ rund um Weihnachten erstmal gegen drei Spitzenteams: am heutigen Freitag, 12. Dezember, um 19.30 Uhr beim Spitzenreiter Bietigheim, drei Tage vor Weihnachten am Sonntag, 21. Dezember, 17 Uhr beim aktuellen Dritten Balingen-Weilstetten und am zweiten Feiertag schließlich zu Hause in der Anhalt-Arena um 16 Uhr gegen den jetzigen Zweiten Elbflorenz Dresden.

Danach ist im Handball EM-Pause, aber man weiß schon mehr. Denn wie gesagt: Erfolg kann man ja nicht planen. Aber man sollte ihn genießen. Und danach kann man immer noch lernen, mit den Konsequenzen umzugehen.

Davor wünsche ich Ihnen jetzt erstmal ein schönes drittes Adventswochenende. Nur ein Tipp: Legen Sie zwischendurch mal das Handy weg! Und nicht nur das Ihrer Kinder ...

Ihr Frank Klemmer