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Frostschäden 2024 "Betriebe vor dem Aus": 20 bis 30 Millionen Euro Schaden - Teils 100 Prozent Obstverlust in Sachsen-Anhalt

Der Nachtfrost im April hat die Ernte der Obstbauern und Winzer in Sachsen-Anhalt in großen Teilen zerstört. Die Betriebe werden kaum etwas zum Verkaufen haben und fordern deswegen gesonderte Unterstützung.

Von Steffen Höhne Aktualisiert: 27.05.2024, 10:13
Carsten Kundt betreibt in zweiter Generation eine Obstplantage in Aspenstedt nahe Halberstadt. Er hat versucht, einen Teil seiner Himbeerpflanzen mit Vlies vor der Kälte zu schützen.
Carsten Kundt betreibt in zweiter Generation eine Obstplantage in Aspenstedt nahe Halberstadt. Er hat versucht, einen Teil seiner Himbeerpflanzen mit Vlies vor der Kälte zu schützen. Foto: Sandra Reulecke

Eisleben/Freyburg/MZ. - In der Nacht vom 22. auf den 23. April zerstörte ein später Frost die Ernte von vielen Obstbauern und Winzern in Sachsen-Anhalt. Wegen der erfrorenen Früchte sprachen viele Landwirte bereits in den Tagen danach von schwersten Schäden bis hin zu Totalausfall. Andere Erzeuger hofften noch, dass sich die Pflanzen teilweise erholen.

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Einen Monat später lässt sich nun eine Zwischenbilanz ziehen. „Einen solchen flächendeckenden Ausfall hatten wir noch nie“, sagt Udo Jentzsch, Geschäftsführer des Landesverbandes Sächsisches Obst, zu dem auch 30 Betriebe aus Sachsen-Anhalt gehören. Den Gesamtschaden für die Obstbauern allein in Sachsen-Anhalt beziffert der Verbandschef auf 20 bis 30 Millionen Euro. Das sei fast der komplette Jahresumsatz.

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Ernteausfälle bei Obst bis zu 100 Prozent

Gingen die Obstbauern zunächst davon aus, dass vor allem die Kirschbestände am schwersten getroffen wurden, stellt sich nun heraus, dass es die höchsten Ernteverluste bei den Äpfeln gibt. Bei den Äpfeln haben wir Ernteverluste von 80 bis 100 Prozent. „Es werden zwar Äpfel an den Bäumen hängen, doch eine aufwendige Ernte lohnt nicht“, so Jentzsch.

Bei den Kirschen seinen die Verluste je nach Lage sehr unterschiedlich. Sie würden zwischen 50 und 100 Prozent liegen. „Für einen Verkauf im Hofladen wird es reichen, für die Belieferung des Handels kaum“, prognostiziert Jentzsch. „Heimisches Obst wird rar.“ Die Kunden würden das im Supermarkt dennoch kaum spüren, da vor allem Äpfel aus Süddeutschland oder dem Ausland importiert werden.

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Alle Obstsorten in Sachsen-Anhalt wurden geschädigt. Ausfälle gibt es in allen Regionen.
Alle Obstsorten in Sachsen-Anhalt wurden geschädigt. Ausfälle gibt es in allen Regionen.
Grafik: Sabine Kroschel

Forderung nach Unterstützung

Jentzsch fordert eine gesonderte Unterstützung durch das Land Sachsen-Anhalt. „Ein solches Ereignis hatten wir noch nie, ohne Hilfe werden einige Familienbetriebe das nicht überstehen“, sagt der Verbandschef. In den vergangenen Wochen gab es mehrere Gespräche zwischen dem Verband, Obstbauern und dem Agrarministerium Sachsen-Anhalt. Ob es staatliche eine Unterstützung gibt, dazu gibt es laut Ministerium noch keine Einscheidung.

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Auch die Winzer im Anbaugebiet Saale-Unstrut müssen schwere Einbußen verkraften. Weinbaupräsident Hans Albrecht Zieger spricht gegenüber der MZ von „erwarteten Ernteeinbußen von 80 bis 90 Prozent“. Es gebe keine Flächen, die nicht betroffen sind. Er erwartet den schlechtesten Ertrag seit der Wende.

Wein von Saale und Unstrut könnte knapp werden

Wie gut die Betriebe mit den Ausfällen zurecht kommen, hängt laut Zieger vor allem davon ab, wie viel Wein sie noch im Keller gelagert haben. „Wein oder bestimmte Sorten werden sicherlich bei einigen Weingütern ab Ende des Jahres knapp“, so Zieger, der Geschäftsführer der Winzervereinigung Freyburg ist.

Wie gut die Betriebe mit Ausfällen zurecht kommen, hängt auch davon ab, ob sie gegen Forstschäden versichert sind. „Ein Drittel ist versichert“, so Zieger. Das Land Sachsen-Anhalt zahle die Hälfte des Versicherungsbeitrags. Bei den Obstbauern gibt es keine staatlichen Zuschüsse zu Versicherungsbeiträgen. Jentzsch dringt darauf, dass das Land Sachsen-Anhalt dies künftig ermöglicht.