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"Der Kreis sind wir alle" Markus Bauer spricht über Ameos Focus Money und Wassertourismus: Landrat wirbt um Vertrauen

30.01.2020, 09:56
Markus Bauer (SPD), der Landrat des Salzlandkreises, im MZ-Gespräch
Markus Bauer (SPD), der Landrat des Salzlandkreises, im MZ-Gespräch Engelbert Pülicher

Bernburg - Im Salzlandkreis lässt es sich gut leben – das ist die feste Überzeugung von Landrat Markus Bauer (SPD). Welche Probleme es trotzdem gibt, wie er den Tarifstreit bei Ameos bewertet und ob er beim Thema Kreisumlage Bauchschmerzen bekommt, darüber hat der Nienburger mit MZ-Redakteur Felix Filke gesprochen.

Herr Bauer, Sie sind seit 2014 Landrat. Ist der Job so, wie Sie ihn sich damals vorgestellt haben? Oder werden Sie langsam amtsmüde?

Markus Bauer: Ach, ich fühle mich fit. Und mache meinen Job echt gerne. Wobei es mehr als ein Job ist – es ist eine Aufgabe, die mir die Bürger anvertraut haben. Wie ich mir das damals vorgestellt habe, kann ich gar nicht genau sagen. Auf jeden Fall werden die Aufgaben immer mehr und immer spannender.

Bei all den Aufgaben: Wenn Sie an das Jahr 2019 zurückdenken, woran denken Sie dann als erstes?
Bauer: Daran, dass unser Haushalt vom Landesverwaltungsamt nicht genehmigt wurde. Das ist schon lange das leidige Thema und das ärgert mich auch persönlich, denn wir haben in den vergangenen fünf Jahren gut gewirtschaftet und Strukturen angepasst. Denn gerade unsere Aufwendungen im Verwaltungshandeln wollen wir anpassen.

Sie sprechen es an: Der nicht genehmigte Haushalt ist kein neues Thema. Wie kann das denn in Zukunft besser werden?
Bauer: Der Landkreis selbst kann ja kein Geld erwirtschaften. Da besteht eine Abhängigkeit zu den Kommunen über die Kreisumlage. Die Bürger leben mit dem Gefühl, dass zu wenig Geld aus dem Bund unten ankommt. Das muss entzerrt werden.

Der Landkreis leistet aber gerade staatliche Aufgaben – dafür brauchen wir ausreichende Zuweisungen. Es ist zu einfach, das nur auf die Kommunen umzulenken. Ein wichtiger Punkt ist aber auch, dass Kommunen für Wirtschaftsunternehmen interessanter werden müssen.

Das sind Einnahmequellen, die direkt in die Region fließen. Und genau da sind wir dran. Wir wollen uns bei künftigen Investoren besser präsentieren – über alle für uns verfügbaren Medien.

Stichwort Kreisumlage: Haben Sie manchmal Bauchschmerzen, wenn immer mehr Kommunen dagegen klagen?
Bauer: Durch meine 18 Jahre in der Kommunalpolitik kenne ich viele Menschen, auch viele Bürgermeister. Wir versuchen, die Sach- und die Beziehungsebene voneinander zu trennen. Natürlich überlegt man sich bei einer Klage, ob man einen Fehler gemacht hat.

Die Kommunen haben nun mal die einzige Möglichkeit der Klage gegen den Landkreis und da sind wir in gewisser Weise der Prellbock. Was ich aber mache: mit unseren Bürgern und kommunalen Vertretern reden und Aufklärung betreiben. Denn wichtig ist: Der Landkreis muss finanziell handlungsfähig sein.

Mal ganz konkret: Warum sollten sich Wirtschaftsunternehmen im Salzlandkreis ansiedeln?
Bauer: Wir haben eine gute Lage zwischen Magdeburg und Halle und eine gute Infrastruktur. Ich denke da an unsere Bildungslandschaft. Von der Kindertagesstätte bis zum Doktor-Titel ist im Salzlandkreis alles möglich.

Neben dem Arbeiten kann man bei uns sehr viel Kultur genießen. Kultur ist zwar eine freiwillige Aufgabe von Kreis und Kommunen, aber die braucht es einfach zum Leben, wenn man zum Feierabend nach Hause kommt. Unsere Musikschulen und Kreisvolkshochschulen leisten dafür einen wichtigen Beitrag.

Focus Money hat vor kurzem seine Landkreis-Studie für das Jahr 2019 veröffentlicht. Darin belegt der Salzlandkreis Rang 348 von insgesamt 374 Kreisen. Da geht es um Kriterien wie Arbeitslosenquote, verfügbares Einkommen und Investitionen. Wie zufrieden sind Sie mit Platz 348?
Bauer: Studien und Statistiken finde ich wichtig, um die Dinge einzuordnen. Aber sie hinken auch zeitlich hinterher. So schneiden wir beispielsweise in der ZDF-Deutschland-Studie ziemlich schlecht ab, was den Breitband-Internetausbau anbelangt.

Das ist aber nur eine Momentaufnahme. Denn wir haben vor zwei Jahren damit begonnen und sind mittlerweile einen Riesenschritt weiter – in Sachsen-Anhalt sogar federführend. Und unser Ziel ist es, bis zum Jahr 2030 in solchen Vergleichen unter den besten 250 Landkreisen zu sein.

Für einen lebenswerten Ort ist auch die Daseinsvorsorge sehr wichtig und dabei vor allem die Krankenhauslandschaft. Wie bewerten Sie den Ameos-Tarifkonflikt und wie sehen Sie Ihre Rolle in diesem Streit?
Bauer: Die Daseinsvorsorge muss gesichert sein in der Region, an allen Standorten. Punkt. Die Gesundheit der Bürger ist das oberste Ziel, das wir voranstellen. In dem Tarifkonflikt zwischen Geschäftsführung, Mitarbeitern und Gewerkschaft steht mir keine aktive Rolle zu, denn der Landkreis ist leider nicht mehr Träger des Klinikums.

Aber ich stehe auch voll hinter den Mitarbeitern, denn zum Wohlfühlen braucht man eben auch Geld. Als Landrat bin ich mir der Verantwortung bewusst und werde alles politisch Mögliche tun, um die Gesundheitsvorsorge mit der vorhandenen Struktur zu erhalten.

Für wie realistisch halten Sie eine Rekommunalisierung der Krankenhäuser, also einen Rückkauf?
Bauer: Das steht momentan in keinem rechtlichen Kontext. Dafür müsste ja Ameos die Häuser zurückgeben wollen und die Kommunen müssten das finanziell stemmen können. Beide Punkte sind nicht erfüllt.

Ich sehe es aber kritisch, dass man auf Bundesebene überhaupt erst die Voraussetzungen geschaffen hatte, Gesundheitsvorsorge zu privatisieren. Nun werden wir alles für uns Mögliche für eine Lösung tun, mit der alle leben können.

In Bernburg wird ja gerade die Marina an der Saale diskutiert. Ohne Förderung lässt sich die nicht umsetzen. Wie ist der aktuelle Stand, was die Förderung des Wassertourismus anbelangt?
Bauer: Also zunächst einmal ist die Marina ein städtisches Projekt, das ich unterstütze, weil es eine regionale Bedeutung hat. Was den Wassertourismus im Landkreis betrifft: Im nächsten Jahr soll es losgehen und jede Kommune ihre eigene Steganlage nach einem einheitlichen Muster bekommen.

Gefördert wird zu 90 Prozent, den Rest müssen die Kommunen als Eigenanteil tragen. In Nienburg soll im Zuge dessen auch das Wehr teilweise abgerissen werden, so dass der Durchfluss gesichert ist.

Der Januar ist rum: Was wünschen Sie sich für die restlichen elf Monate des Jahres 2020?
Bauer: Einen tadellosen Haushalt. Wir arbeiten daran, dass unser neues Konzept, Dinge anders zu denken und längerfristig zu planen, auch finanziell aufgeht. Als Verwaltung dürfen wir nicht so steif in Jahresscheiben denken, sondern müssen Mut und Haltung zeigen, einen Zehnjahresplan aufstellen, entsprechend investieren und vorausschauend entwickeln.

Wir müssen das Vertrauen in unser Können haben, in die gewachsenen Strukturen und die vielen klugen Köpfe. Denn der Kreis, das sind wir alle. (mz)