MZ-Wirtschaftsnewsletter vom 18. September 2025 Reiche Traubenernte: Doch Winzer verkaufen weniger Wein
Weitere Themen: Hochhaus verkauft / Windgeld für Kommunen / Sanktionen umgangen / Härtefallregelungen bei Corona-Hilfen / Chaos bei Bahntochter

tausende Weinfreunde aus Nah und Fern zog es in den vergangenen Wochen zu den Winzerfesten in Naumburg, Freyburg oder Höhnstedt. Es wurde nicht nur reichlich getrunken, viele Gäste erkundeten auch die malerischen Weinberge entlang von Saale und Unstrut.
Bei den zurückliegenden Festen schenkte mancher Winzer im wahrsten Sinne des Wortes seinen letzten Tropfen aus. Denn nach extremen Frühjahrsfrostschäden im vergangenen Jahr fiel die Lese 2024 miserabel aus. Es gab Einbußen von bis zu 80 Prozent. Die Weinkeller sind in einigen Weingütern daher leer.
Das wird sich allerdings bald ändern, denn der Jahrgang 2025 verspricht eine Rekordernte. Die Winzervereinigung Freyburg-Unstrut rechnet mit bis zu 3,2 Millionen Litern – damit wären die Edelstahltanks und Holzfässer von Sachsen-Anhalts größtem Weinhersteller wieder bis oben gefüllt.

Inzwischen stellt sich für immer mehr Weingüter auch die Frage: Können wir unseren Wein überhaupt ausreichend absetzen? Durch die insgesamt gestiegenen Preise achten die Verbraucher mehr auf den Preis. Der Weinkonsum in Deutschland geht zurück, der Absatz deutscher Weine sinkt.
Hartmut Schreiter, seit zehn Wochen neuer Geschäftsführer der Winzervereinigung Freyburg-Unstrut, macht sich daher intensiv Gedanken über die künftige Preispolitik. Aus seiner Sicht ist eine stärkere preisliche Spreizung notwendig. Das Haus möchte Spitzenweine anbieten, aber auch die darunter liegenden Segmente bedienen. Aktuell kosten viele Flaschen der Winzervereinigung im Supermarkt sieben bis acht Euro. „Viele Verbraucher geben aber nur maximal fünf bis sechs Euro aus, auch denen sollten wir ein Angebot machen“, ist Schreiter überzeugt.
Befürchtungen, dass durch die immensen Frostschäden Betriebe aufgeben, haben sich nicht bestätigt. „Die Betriebe im Haupterwerb arbeiten stabil“, berichtet Weinbaupräsident Andreas Clauß. Mehr als 60 private Weingüter bauen im Anbaugebiet Saale-Unstrut auf etwa 853 Hektar Weinreben an. Gleichwohl weist auch Clauß darauf hin, dass die wirtschaftliche Situation herausfordernd ist. In einigen westdeutschen Regionen würden Weinberge bereits aufgegeben.

Das ist im Gebiet Saale-Unstrut (noch) nicht der Fall. Gleichwohl sollten die hiesigen Weinfreunde nicht nur bei Winzerfesten beim Kauf von Wein immer erst mal einen Blick auf die heimischen Tropfen werfen. Gerade die Weißweine wie Weißburgunder und Grauburgunder gehören durch die klimatischen Bedingungen in Mitteldeutschland zu den deutschen Spitzenweinen. Jede gekaufte Flasche hilft nicht nur den Winzern, sondern sichert auch ein Stück einmaliger Kulturlandschaft – mit steilen Hängen, an denen seit Jahrhunderten immer wieder starke Reben wachsen.
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Bis kommende Woche, herzlich Steffen Höhne
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