MZ-Wirtschaftsnewsletter vom 25. September 2025 Ein China-Schock: Machen steigende Importe den Mittelstand platt?
Weitere Themen: Familienbrauerei gibt auf / Gericht stoppt hohe Preise / DHL gegen Kriegsgegner / Börsenchef „tankt“ umsonst / Baumarkt in Not

wie ist die Sitzordnung bei einem chinesischen Geschäftsessen? Oliver Franke weiß das ganz genau. Er betreibt in seinem China-Haus in Magdeburg auch ein kleines, privates Restaurant. Franke ist das, was US-Präsident Donald Trump wohl als „Dealmaker“ bezeichnen würde. Das ist eine Person, die erfolgreich Geschäfte einfädelt und dafür bezahlt wird.
Der gebürtige Wernigeröder bezeichnet seine Tätigkeit selbst als „strategisches Einkaufsmanagement“.Wenn Unternehmen aus Sachsen-Anhalt im großen Stil in China Kaffeetassen, Wassersäcke für Bäume oder Zahnräder erwerben wollen, dann hilft Franke ihnen bei der Suche nach dem richtigen Lieferanten. „Ich berate aber auch Maschinenbauer aus Sachsen-Anhalt, die in China hochwertige Teile oder Anlagen ordern“, sagt der Chef des Unternehmens Chinaprofis.

Der Unternehmer spürt in seinem Geschäft, dass chinesische Firmen mit Macht auf den deutschen Markt drängen. „Sie produzieren mit ähnlich modernen Maschinen wie die europäischen Firmen.“ Durch den großen chinesischen Markt seien die Stückzahlen häufig aber sehr viel höher und daher könnten sie viel billiger anbieten. Ich habe Franke in Magdeburg getroffen. Wer mehr erfahren will, kann es hier nachlesen.
Aktuell flutet China Sachsen-Anhalt regelrecht mit Waren. Im ersten Halbjahr 2025 importierte Sachsen-Anhalt laut Statistischem Landesamt Waren im Wert von 3,4 Milliarden Euro aus China. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum ist das ein Anstieg von 79 Prozent. Zu den großen Importeuren in Sachsen-Anhalt zählen unter anderem das Otto-Versandzentrum in Haldensleben und der Online-Händler Relaxdays in Halle (an der Saale). In einem Beitrag habe ich näher beschrieben, wie es zu dem starken Einfuhrwachstum kommt.

Der Flughafen Leipzig/Halle will für die chinesischen Waren zum Handelstor werden. Aktuell hat sich, wie die „Leipziger Volkszeitung“ zuerst berichtete, das Berliner Unternehmen eClear am Airport angesiedelt. Das Start-up hat für Kunden ein automatisiertes Verfahren zur Zollabfertigung entwickelt. eClear will, dass große chinesische Frachtflieger zunächst dreimal die Woche in Leipzig/Halle landen. Eingeführt werden vor allem Billigprodukte des Onlinehändlers Temu.
„Teils unfaire chinesische Handelspraktiken gefährden aber auch immer mehr deutsche Industrieunternehmen“, sagt Jürgen Matthes vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Besonders der Mittelstand mit seinen Zulieferprodukten gerate unter Druck. Matthes belegt das in einer Studie.
China ist für die deutsche Wirtschaft Rivale und Partner. Darauf muss auch die deutsche Politik reagieren. Bei Standardprodukten wie Smartphones, Computern oder Solarmodulen ist der chinesische Vorsprung bereits so groß, dass ein Import sinnvoll ist.
Bei High-Tech-Produkten aus der Industrie muss Europa aber darauf achten, dass chinesische Waren, die vom Staat stark subventioniert werden, nicht die hiesigen platt machen. Notfalls müssen gezielt Zölle wie jetzt bei E-Autos erhoben werden.Franke meint, „man darf gegenüber China nicht naiv sein, man darf die Chinesen aber auch nicht verteufeln“. Und beim Essen sitzt der wichtigste Geschäftspartner im Raum rechts neben dem chinesischen Firmenchef. Sollte der deutsche Partner am Nachbartisch Platz nehmen müssen, dann ist er ganz gewiss in Ungnade gefallen.
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Bis kommende Woche, herzlich Steffen Höhne
Weitere wichtige Wirtschaftsthemen aus Mitteldeutschland der Woche:
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Gericht stoppt hohe Preise
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Bis zu 290 Millionen Euro steckt der Bund in vier große Wasserstoffzentren. Das Erste hat nun in Chemnitz eröffnet. Dort erhalten Firmen Hilfe, neue Produkte zu testen und zur Marktreife zu bringen. (MZ)
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