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Pflege, Internet, Leerstand Pflege, Internet, Leerstand: Landrat Markus Bauer spricht über Probleme im Salzlandkreis

02.02.2019, 09:58
Markus Bauer (SPD), der Landrat des Salzlandkreises
Markus Bauer (SPD), der Landrat des Salzlandkreises Engelbert Pülicher

Bernburg - Den Salzlandkreis lebenswerter machen und zwar für alle Generationen und überall vom kleinsten Dorf bis zur Kreisstadt - dieses Ziel hat sich Landrat Markus Bauer (SPD) für die nächsten Jahre vorgenommen. Wie das gelingen soll und was das mit dem Internetausbau und Biogemüse zu tun hat, darüber sprach Landrat Bauer im Jahresinterview mit MZ-Redakteurin Katharina Thormann.

Das Jahr 2018 ist vorüber, was war denn Ihr schönstes Erlebnis?
Markus Bauer: Privat auf alle Fälle die Reise zur Fußball-WM nach Russland. Ich konnte mir mit meinem Bruder und ein paar Freunden in Jekaterinburg das Spiel Uruguay gegen Ägypten anschauen. Das war wirklich schön.

Und beruflich?
Bauer: Dienstlich vor allem, dass wir mit den Projekten Smart Region und Digitalisierung bundesweit Gehör gefunden haben. Bis ins Bundeskanzleramt.

Nichtsdestotrotz befindet sich der Landkreis in einer schwierigen Finanzlage, die sich auch noch verschärft hat. Was wollen Sie dagegen unternehmen?
Bauer: Wir haben drei verschiedene Arbeitsfelder. Erstmal der eigene Bereich, dann der Landesbereich. Die Decke ist einfach zu kurz. Wenn die Kommunen an einer Seite ziehen, bleibt für den Landkreis zu wenig, dann zieht der Landkreis wieder und für die Kommunen bleibt nichts übrig.

So machen wir uns das Leben untereinander schwer. Wir produzieren im Haushalt Defizite, das ist richtig. Und das kann nicht so bleiben. Dafür zu kämpfen, dass Kommunen Klarheit beim Thema Finanzausstattung bekommen, ist mir deshalb sehr wichtig.

Vielleicht ist auch eine klare Zuweisung für Landkreise besser als die bisherige Lösung. Und die dritte Ebene ist der Bund. Auch da sind wir unterwegs, um kreativ sein zu dürfen und mit der Fördermittelakquise nachhaltige Projekte anzustoßen.

Wie stellen Sie sich das vor?
Bauer: Zum Beispiel, man sagt: Wir haben jetzt die nächsten sechs bis zehn Jahre etwas vor, dafür müssen wir aber investieren. Gerade in unserem ländlich geprägten Raum sollte man zeigen, dass es hier lebenswert ist. Denn es kommt jetzt die Generation, deren Kinder weg sind und die selbst in das Alter kommen.

Sie müssen sich fragen: Was passiert mit mir? Muss ich jetzt ins Pflegeheim? Bleibe ich ganz allein? Oder kann ich noch länger in meinem Haus wohnen? Für alle Lebensphasen gibt es genug Ideen. Daran arbeiten wir gerade. Dazu brauchen wir aber auch Unterstützung. Oberstes Ziel ist, auf Bundesebene da unsere Idee des Zusammenlebens voranzutreiben.

Das Ganze läuft ja unter dem Titel Smart Region. Das erste Sehenswerte des Vorhabens war die digitale Fahrplantafel am Bernburger Busbahnhof. Was ist denn der nächste Schritt, den man sehen kann?
Bauer: Smart Region ist natürlich ein Fachbegriff, den ich auf Landes- und Bundesebene brauche. Smart Region ist als pfiffige Region zu verstehen. Und da gehört vieles dazu.

Wir wollen keine Ein-Mann-Unterhaltung sein. Wir suchen dafür viele Partner. Dazu gehört auch, Home-Office (Arbeit von zu Hause) - in Unternehmen und Verwaltungen anzubieten. Ganz wichtig: der Breitbandausbau, der vieles erst möglich macht.

Wann haben denn alle Bewohner des Salzlandkreises schnelles Internet?
Bauer: Also Zielstellung, und das hängt auch mit den Fördermitteln zusammen, ist Ende 2020. Es bauen gleichzeitig drei Firmen aus. Die haben über die Fördermittel auch eine Verpflichtung bekommen. Gleichzeitig gibt es auch Firmen, die ohne Fördermittel ausbauen. Ich hoffe, dass die nicht erst Über-Übermorgen damit beginnen. Weil sonst man in der Region Orte abhängt.

Wann kommt zum Beispiel schnelles Internet für die Schokoladenfabrik in Klein Schierstedt?
Bauer: Die Telekom hat in dem Fall Eigenausbau angemeldet. Das heißt, der Ort ist nicht in den Fördermittelkatalog gekommen, weil die Telekom gesagt hat, sie macht das ohne. Im März werden die Verantwortlichen nach unserer Kenntnis wahrscheinlich sagen können, wann der Ort dran ist.

Die Vernetzung zur pfiffigen Region ist also Ihr oberstes Ziel, aber was ist denn Ihr größtes Sorgenkind?
Bauer: Die Diskussion um die Kreisumlage. Denn die wird nach außen emotional aufgeladen: Der Landkreis nimmt seinen Städten und Dörfern das Geld weg. Dabei schreibt das Gesetz es vor. Es ist falsch zu sagen, der Landkreis ist nur für den Straßenbau zuständig. Er hat nämlich umfangreiche Aufgaben für die Bewohner, ist in vielem zuständig, für die soziale Betreuung, für Kinder oder im Alter.

Wir sollten bei dieser Diskussion nicht hängen bleiben bei der Frage: Wer macht zu wenig und wer zu viel? Und zu klagen, kostet Geld und frisst zusätzlich Zeit. Besser ist es doch zu sagen, welche Aufgaben hat jeder und wie viel Geld braucht er dafür.

Zu den Aufgaben des Landkreises gehört unter anderem auch die Immobilienverwaltung? Aber wie geht es denn künftig zum Beispiel mit der wegen Naphthalin gesperrten Schule an der Tolstoiallee in Bernburg weiter?
Bauer: Alle Gebäude, die nicht genutzt werden, können einer weiteren Nutzung zugeführt werden. Das kann ein Verkauf sein, ein Erbbaupachtvertrag oder Vermietung. Ein Abriss des Gebäudes ist unterdessen nicht geplant.

Und wie sieht es mit dem Parkhotel und der leerstehenden Berufsschule in Roschwitz aus?
Bauer: Zum Parkhotel kann ich nicht viel sagen. Seit 1. Dezember gibt es einen neuen Eigentümer und unser Mietvertrag läuft aus. Es war 2015 schon schwierig. Wir konnten froh sein, dass wir 2015 die täglich bis zu 150 zugewiesenen Flüchtlinge bei der Kälte nicht in Zelten unterbringen mussten. Bei der Berufsschule in Roschwitz suchen wir nach Lösungen.

Dafür soll es aber im Bernburger Kurhaus vorangehen. Gibt es da schon Neuigkeiten?
Bauer: Die Stadt Bernburg und der Salzlandkreis sind dort weiter in den Verhandlungen. Die Stadt Bernburg hat die Fördermittelanträge gestellt. Aber einen Baustart gibt es noch nicht. Wir wollen das Kurhaus aber auf alle Fälle gesellschaftlich in der Hand behalten.

Was wünschen Sie sich noch für 2019?
Bauer: Vor allem ein gutes Zusammenleben voranzutreiben und junge Menschen zum Hierbleiben und Herkommen zu animieren. Kinder, ein Haus oder auch nur eine Wohnung mit Terrasse, damit sie vielleicht einiges Biogemüse anbauen können.

Gute Arbeitsplätze und Infrastrukturen. Das macht unsere Region aus. Das sollten wir auf dem Schirm haben und selbstbestimmte Perspektiven aufzeigen. Dann funktioniert auch Gesellschaft. (mz)