Schockierende Zahlen Hautkrebs verbreitet sich in Sachsen-Anhalt
Die Fallzahlen haben sich mehr verdoppelt. Experten sprechen von Epidemie. Was die Gründe sind.

Halle/MZ. - Die Temperaturen steigen, die Sonne lockt ins Freie. Doch das Sonnenbad birgt auch Risiken: Die Zahl der Hautkrebserkrankungen in Sachsen-Anhalt ist massiv gestiegen. Laut dem aktuellen Arztreport der Barmer Ersatzkasse erhielten 2023 rund 10.000 Personen die Diagnose „bösartiges Melanom“, also schwarzer Hautkrebs. Damit hat sich die Zahl seit 2005 mehr als verdoppelt. Beim sogenannten weißen Hautkrebs, der oftmals nur lokal wächst, stieg die Zahl der Betroffenen auf rund 52.100 im Jahr 2023 – eine Steigerung um rund 156 Prozent. „Das ist eine alarmierende Entwicklung“, sagt Barmer-Landesgeschäftsführer Axel Wiedemann.
„In den 1970er und 1980er Jahren ging man zu sorglos mit der UV-Strahlung um.“ Es sei weniger auf Sonnenschutz geachtet worden. „Es war auch ein Schönheitsideal, braun zu sein. Später war es schick, ins Solarium zu gehen.“ Die Schäden der Haut durch Sonnenbrände könnten sich noch Jahrzehnte später rächen. In den kommenden Jahren drohe eine neue Welle Betroffener.
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Deutschlandweit erkranken immer mehr Menschen an Hautkrebs. Betroffen sind vor allem ältere Menschen ab 60 Jahren, es gibt aber auch viele jüngere Patienten. Insgesamt sind deutlich mehr Frauen an schwarzem Hautkrebs erkrankt. „Eine Rolle spielt, dass eher Frauen dem Schönheitsideal entsprechen wollten. Sie gehen aber auch früher zur Vorsorge, so dass die Diagnose früher gestellt wird.“ Seit 2008 haben Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen ab 35 Jahren Anspruch auf einen Haut-Check. Doch in Sachsen-Anhalt nutzten dies gerade einmal zehn Prozent.
Sonnenbrände in jungen Jahren erhöhten das Risiko für schwarzen Hautkrebs um ein Vielfaches, so Georgios Nikolakis, Oberarzt der Hochschulklinik für Dermatologie des Städtischen Klinikums Dessau. „Wenn man in der Jugend fünf starke Sonnenbrände erleidet, steigt die Wahrscheinlichkeit um 80 Prozent.“ Frühzeitiger UV-Schutz sei essenziell: Sonnencremes mit hohem Lichtschutzfaktor, schützende Kleidung und Mittagssonne zu meiden.
„In den 1970er und 1980er Jahren ging man zu sorglos mit der UV-Strahlung um.“
Axel Wiedemann, Landesgeschäftsführer Barmer Sachsen-Anhalt
Auch in den Krankenhäusern werden mehr Hautkrebs-Fälle behandelt. Im Jahr 2003 waren es laut Statistischem Landesamt noch rund 1.880 stationäre Behandlungen, 2023 dann 3.140 – ein Plus von 67 Prozent. Fälle von hellem Hautkrebs stiegen in diesem Zeitraum um mehr als Doppelte von 1.251 auf 2.567. „Diese Erkrankung wird oft bagatellisiert, es bleibt aber ein Hautkrebs“, so Wiedemann.
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Von einer „Hautkrebsepidemie“ spricht Jens Ulrich, Chefarzt der Klinik für Dermatologie und Allergologie am Harzklinikum. „Der Klimawandel erhöht die UV-Strahlenbelastung deutlich und trägt so zum steigenden Hautkrebsrisiko bei.“ Doch in der Bevölkerung sei das Thema noch zu wenig präsent, sagt Sven Weise, Geschäftsführer der Sachsen-Anhaltischen Krebsgesellschaft. „Inzwischen kennen aber immer mehr Menschen Fälle, in denen nahe Personen oder Bekannte an schwarzem Hautkrebs gestorben sind. Es ist eine Erkrankung, die in kurzer Zeit zum Tod führen kann.“ Es brauche deutlich mehr Aufklärungsarbeit. „Das muss schon in den Kitas beginnen“, sagt Weise.