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Klage-Erfolg gegen Kreisumlage Klage-Erfolg gegen Kreisumlage: Muss Salzlandkreis Millionen zurückzahlen?

Von Torsten Adam und Kerstin Beier 14.09.2018, 07:56
Landrat Markus Bauer (SPD)
Landrat Markus Bauer (SPD)            Frank Gehrmann

Aschersleben/Bernburg - 13 Kommunen im Salzlandkreis dürfen in den nächsten Jahren auf einen millionenschweren Geldsegen hoffen. Grund: Mit der Stadt Hecklingen hat die erste Gemeinde erfolgreich gegen die Umlage geklagt, die sie jährlich an den Salzlandkreis abführen muss.

Laut Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg muss sie die für 2017 verlangte Summe von 2,3 Millionen Euro nicht ins Kreishaus nach Bernburg überweisen. Der Richter folgte damit Hecklingens Argumentation, wonach der Umlagebescheid gegen den im Grundgesetz garantierten Anspruch auf finanzielle Mindestausstattung verstößt.

Der Salzlandkreis habe die Interessen der Kommune unzureichend berücksichtigt. Er nimmt pauschal allen Gemeinden 47 Prozent ihrer Einnahmen ab. Diese Umlage ist jedoch auch die einzige nennenswerte Einnahmequelle, die der Landkreis von Gesetzes wegen nutzen darf.

Landrat Bauer kündigt eventuelle Berufung an

Noch ist der erstinstanzliche Richterspruch allerdings nicht rechtskräftig. „Wenn uns das Urteil schriftlich vorliegt, werden wir sorgsam prüfen, ob wir in Berufung gehen“, kündigt Landrat Markus Bauer (SPD) gegenüber der MZ an. Am Grundproblem, dass an der Basis zu wenig Geld da ist, werde aber auch eine anderslautende Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nichts ändern.

„Wenn Kommunen gegen Kommunen klagen, ist das leider ein neuer Tiefpunkt, denn eigentlich haben wir ja dieselben Probleme, Vorstellungen und Interessen“, sagt Landrat Bauer. Offen lässt er, ob der Kreis darauf beharren wird, auch die Klagen der anderen Kommunen separat mündlich zu verhandeln.

Jan Ochmann (CDU) hofft auf ein beschleunigtes Verfahren, um schnell Rechtssicherheit zu haben. Aus Sicht des Bürgermeisters der Verbandsgemeinde Saale-Wipper geht es jeweils um dasselbe Problem. Für die fünf Mitgliedsgemeinden Alsleben, Güsten, Plötzkau, Ilberstedt und Giersleben steht eine Menge auf dem Spiel.

Saale-Wipper hatte Umlage von 2016, 2017 und 2018 angefochten

Ochmann, selbst Jurist, hat nicht nur die Umlagebescheide für 2017 angefochten, sondern auch für 2016 und 2018. Der Streitwert nur für dieses Quintett beträgt insgesamt 11,8 Millionen Euro. Zudem klagen noch Nienburg (2,4 Millionen Euro), Aschersleben und fünf Gemeinden der Egelner Mulde.

Ascherslebens Oberbürgermeister Andreas Michelmann (Widab) gibt Landrat Bauer insofern Recht, dass eine bessere Finanzausstattung der Kommunen unverzichtbar ist. „Es ist ja nie wirklich ermittelt worden, was eine Kommune zum Leben braucht“, sagt er und bemängelt ein „fragwürdiges Umlagesystem“, das Leistung nicht fördert.

Klage der Stadt Aschersleben bezieht sich auf eigenes Haushaltsdefizit

Die Klage der Stadt Aschersleben bezieht sich nicht auf die gesamte Höhe der Umlage, sondern auf das Defizit im städtischen Haushalt in Höhe von 1,7 Millionen Euro, „weil wir der Meinung sind, dass die Höhe der Kreisumlage unsere Leistungsfähigkeit übersteigt“, erklärt Kämmerer Michael Schneidewind.

Die Kreisumlage, die Aschersleben zu zahlen hat, ist in jedem Jahr angestiegen: von 10,1 Millionen Euro 2015 auf 11,1 Millionen Euro 2017. In diesem Jahr liegt die Summe bei 11,4 Millionen Euro. Insofern sei es nur folgerichtig und verständlich, dass eine Gemeinde jede Gelegenheit nutzt, sich ein wenig Luft zu verschaffen. „Und sei es durch so einen Prozess“, so OB Michelmann.

Ochmann sieht nun das Land im Zug- und Sparzwang

„Es ist einfach zu wenig Geld im System“, kritisiert auch Ochmann. Er sieht nun insbesondere das Land im Zug- und Sparzwang. „Es muss sich auf die Finanzierung seiner Pflichtaufgaben Polizei, Justiz, Bildung und Kommunen konzentrieren“, sagt er. Nur wenn hier alles passt, könne auch Geld für andere Zwecke ausgegeben werden.

Landrat Bauer geht noch einen Schritt weiter, er fordert mehr Mitspracherechte: „Die Kommunen müssen einen dauerhaften Platz am Kabinettstisch erhalten.“ Seine Idee: die Schaffung eines Kommunalministeriums nach der nächsten Landtagswahl.

Seine Forderung untermauert er mit Zahlen: Im kommenden Jahr muss der Salzlandkreis rund 22 Millionen Euro mehr ausgeben als noch 2012, um seine zum Teil auch vom Land zusätzlich aufgebürdeten Pflichten zu finanzieren. Gleichzeitig erhält er vom Land nur vier Millionen Euro mehr zur Kompensierung.

Und dann seien da noch die Altlasten. 68 Millionen Euro schiebt der Kreis vor sich her. Ohne Hilfe von oben sei diese Summe niemals abzubauen, sagt Bauer. Sollte das Hecklingen-Urteil Rechtskraft erlangen, erwartet er eine Klagewelle weiterer Kommunen, die bisher stillhielten. (mz)