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Rückblick 2014 Rückblick 2014: Aufsteiger und Absteiger der Wirtschaft in Sachsen-Anhalt

19.12.2014, 11:37
Einst hat er die marode Ifa zur Erfolgsstory gemacht - folgt nun die Mifa in Sangerhausen? Der Vorzeige-Unternehmer Heinrich von Nathusius vor seinem Wohnsitz in der Börde.
Einst hat er die marode Ifa zur Erfolgsstory gemacht - folgt nun die Mifa in Sangerhausen? Der Vorzeige-Unternehmer Heinrich von Nathusius vor seinem Wohnsitz in der Börde. Stedtler Lizenz

Halle (Saale) - Das sind die Auf- und Absteiger der Wirtschaft in Sachsen-Anhalt:

Die Aufsteiger 2014

Retter des Fahrrad-Herstellers Mifa aus Sangerhausen

Heinrich von Nathusius wird im kommenden Jahr wohl öfters aufs Rad steigen. Die Unternehmerfamilie übernahm Mitte Dezember den angeschlagenen Fahrrad-Hersteller Mifa aus Sangerhausen. Der 71-Jährige will Deutschlands absatzstärksten Fahrrad-Hersteller wieder flott machen. Nathusius hat schon einmal einen traditionsreichen DDR-Betrieb gerettet: das Ifa-Gelenkwellenwerk in Haldensleben nördlich von Magdeburg. Nach der Wende übernahm er den Betrieb von der Treuhand und setzte auf Gelenkwellen für Allrad-Antriebe.

Viele große Autokonzerne gehören heute zu den Kunden von Ifa. Offenbar wurde Nathusius angesprochen, ob er nicht auch der Mifa helfen könne. Er scheut die Herausforderung nicht. Nun soll Mifa von Ifa profitieren. Das heißt, die Produktion wird gestrafft, gleiche Bauteile für verschiedene Fahrradtypen verwendet. Damit sollen Kosten gespart und der Fahrrad-Hersteller wieder in die schwarzen Zahlen geführt werden. Das hat schon in der Auto-Branche funktioniert.

NSA-Schreck

André Gimbut macht Handys abhörsicher. Der 24-jährige Informatiker hat mit seiner Firma Digitrade eine App für Smartphones entwickelt, die Text- und Sprachnachrichten, aber auch Bilder und Videos verschlüsselt. 15 Mitarbeiter haben an dem Code dafür geschrieben, der selbst von NSA-Spezialisten nicht so einfach geknackt werden kann. Herausgekommen ist „Chiffry“, eine Art Whatsapp für Menschen, die es nicht mögen, wenn alle Welt ihre SMS mitliest oder sich private Fotos anschaut. Zur Computermesse Cebit stellte Gimbut das System vor. Die Reaktion der Fachleute: Daumen hoch.

Neuer Präsiden für das Institut für Wirtschaftsforschung

Reint Gropp hat keine leichte Aufgabe übernommen: Seit November führt der Volkswirt das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Der neue Präsident, der von der Uni Frankfurt kam, muss das Haus neu ausrichten. Zwar besitzen die Hallenser in der Konjunktur- und Ostdeutschlandforschung einen guten Ruf, doch das reicht nicht mehr aus, um im Konzert der großen deutschen Institute an vorderer Stelle mitzuspielen.

Der 48-Jährige will daher wie seine Vorgängerin Claudia Buch die internationalen Finanzmärkte stärker in den Fokus rücken. Wichtige Finanzfragen werden am Bankenstandort Frankfurt?(Main) und in der Hauptstadt Berlin entschieden. Dazwischen liegt Halle. Kein schlechter Ort, findet Gropp, um „frei von Lobbyinteressen“ Forschung zu betreiben. Sein Ziel: Das IWH soll für Gesprächsstoff sorgen.

Die Absteiger 2014

Schweinerei

Adrianus Straathof gilt als einer der größten Schweinezüchter Europas. Jährlich produziert das Unternehmen nach eigenen Angaben 1,5 Millionen Ferkel. Doch nun machen die Behörden dem Niederländer einen Strich durch die lukrative Schweinezucht. Der Kreis Jerichower Land hatte Ende November ein bundesweites Tierhaltungsverbot gegen den Unternehmer erlassen.

Die Kreisverwaltung reagierte damit auf gravierende und anhaltende Verstöße. Dabei soll es um die Überbelegung von Ställen, aber auch um falsche Ernährung und den Einsatz von Medikamenten gehen. Nunmehr ist der sogenannte „Schweine-Baron“ nicht mehr berechtigt, Viehzuchtbetriebe zu führen. Straathof versucht zwar, sich dagegen juristisch zu wehren, bisher allerdings erfolglos. Politisch weht ihm der Wind kräftig ins Gesicht. Die agrarpolitische Sprecherin der Grünen im Magdeburger Landtag, Dorothea Frederking, kommentierte das Verbot mit den Worten, das sei „ein Befreiungsschlag für Mensch und Tier“.

Fallengelassen

Christian Kloss scheiterte am fehlenden Vertrauen. Seit 2006 führte der Winzer das Landesweingut Kloster Pforta. Unter seiner Regie erhielten die Weine des Hauses regelmäßig Auszeichnungen bei Prämierungen, der Handel schätzt die Marke. Wirtschaftlich lief es in den vergangenen Jahren wegen schlechter Ernten dennoch nicht gut.

Die Defizite häuften sich. Der neue Eigentümer, die Landgesellschaft Sachsen-Anhalt, sah dies mit Sorge. Als nun bekannt wurde, dass die Chemie zwischen Kloss und einigen Mitarbeitern nicht stimmte, wurde kurzerhand sein Vertrag nicht mehr verlängert.


Abgetaucht

Peter Wicht ist abgetaucht. Ende März schockte der Fahrradhersteller Mifa Mitarbeiter, Kunden und Anleger mit der Nachricht, tief in die roten Zahlen gerutscht zu sein. Als Grund wurde nebulös von Bilanzierungsfehlern gesprochen. Alleinvorstand und Großaktionär Wicht meldete sich zunächst krank und trat später zurück. Das Unternehmen leitete eine Sanierung ein, doch diese kam zu spät. Anfang Oktober meldete der Fahrrad-Hersteller Insolvenz an.

Wicht dürfte durch den Aktienabsturz viel Geld verloren haben. Unbeantwortet ist weiter die Frage, wie es so weit kommen konnte. Wicht baute Mifa in den vergangenen Jahren um, setzte auf den wachsenden Markt mit E-Bikes. Die Prognosen sahen gut aus, Anleger investierten Millionen Euro. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen der Bilanzfehler.

Reint Gropp führt seit November das IWH.
Reint Gropp führt seit November das IWH.
iwh Lizenz
Adrianus Straathof steht in einem seiner Ställe. Jetzt droht ihm womöglich das Ende als Schweinezüchter.
Adrianus Straathof steht in einem seiner Ställe. Jetzt droht ihm womöglich das Ende als Schweinezüchter.
Andreas Plein/LAIF Lizenz
Blick auf den Weinberg «Sonnenwinkel» mit dem Schriftzug «Saale-Unstrut Weine» in Schulpforte bei Naumburg.
Blick auf den Weinberg «Sonnenwinkel» mit dem Schriftzug «Saale-Unstrut Weine» in Schulpforte bei Naumburg.
dpa Lizenz
Peter Wicht
Peter Wicht
dpa Lizenz
André Gimbut hat das Messenger-Programm Chiffry entwickelt - mit besonders hohem Sicherheitsstandard
André Gimbut hat das Messenger-Programm Chiffry entwickelt - mit besonders hohem Sicherheitsstandard
Günter Bauer Lizenz