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Hochwasser in Sachsen-Anhalt Hochwasser in Sachsen-Anhalt: Landstraße zwischen Klein Kühnau und Aken überflutet

10.06.2013, 06:32
Nach dem Deichbruch an der Elbe bei Fischbeck (Kreis Stendal) steht das Elbe-Hochwasser in Kabelitz.
Nach dem Deichbruch an der Elbe bei Fischbeck (Kreis Stendal) steht das Elbe-Hochwasser in Kabelitz. dpa Lizenz

Stendal/Fischbeck/Magdeburg/MZ - Update Aken:Die bei Diebzig über die Ufer getretene Taube überflutet langsam den Ort aus Richtung Lödderitz. Aus Richtung Rajoch strömt Saalewasser über die Äcker in den Ort. Das Wasser strömt langsam Richtung Aken und wird dort in den Abendstunden erwartet.

Aus dem Krisenstab des Salzlandkreises kommen für die vom Hochwasser schwer getroffene Stadt Aken keine erfreulichen Botschaften. Nach Auskunft von Pressesprecher Timmi Mansfeld gibt es derzeit keine Möglichkeit, den gebrochenen Deich beim Schöpfwerk Breitenhagen zu schließen. Man müsse so lange abwarten, bis das Niveau der Saale so weit gesunken sei, dass die Überspülungskante erreicht wird. „Wann das sein wird, wissen wir nicht. Was man dann machen kann, wissen wir auch nicht.“ Dazu müsse man erst den am Sonntag um 7.20 Uhr geborstenen Deich durch Fachleute in Augenschein nehmen lassen

Der MZ-Reporter vor Ort meldete das folgende Orte bei Diebzig noch nicht betroffen seien: Kühren, Calber Landstraße, Netto-Markt am Neuen Weg, Bahnhof, Innenstadt von Aken mit Markt, Bärstraße, Burgstraße, Ritterstraße, Poststraße, Philipsburg, Flurstraße. Überschwemmt seien hingegen: die Dorfstraße in Mennewitz (wenige Zentimeter) sowie Gärten im Ort. Die Kaiserstraße in Aken bis zur Feuerwehr. Das Feuerwehr Depot selbst ist noch trocken. Der Raiffeisenmarkt steht unter Wasser, Gartenstraße, Köthener Chaussee, Köthener Landstraße bis hinter die Taube Richtung Osternienburg, die gesamte Waldsiedlung sowie der gesamte südliche Teil von Aken bis zur Töpferbergstraße. Die war größtenteils noch trocken.

Die Einsatzzentrale weist darauf hin, dass Privatpersonen nicht mehr nach Aken gelassen werden. Die einzige Zufahrt für Einsatzkräfte führt über Mennewitz und Calber Landstraße. Doch diese Verbindung wird in absehbarer Zeit auch überspült.

Kritische Lage an der Elbe im Landkreis Stendal: Nach einem Bruch ist der Elbe-Deich bei Fischbeck auf 50 Meter offen. Auf die benachbarten Flächen strömen nach Auskunft von Landrat Carsten Wulfänger (CDU) nun rund 1.000 Kubikmeter Wasser (eine Million Liter) pro Sekunde. „Wahrscheinlich werden wir noch weitere Orte evakuieren“, sagte der Landrat. Die Krisenkoordination für das Gebiet hat derweil das Land Sachsen-Anhalt übernommen. Grund sei die zugespitzte Lage im Katastrophengebiet, teilte eine Sprecherin am Montag mit. Nach dem Deichbruch bei Fischbeck sei eine länderübergreifende Zusammenarbeit und ein größerer Bundeswehreinsatz notwendig.

Auf Vorwürfe gegen den örtlichen Krisenstab ging die Sprecherin nicht ein. „Es geht jetzt nicht um die Bewertung, sondern um die Bewältigung der Krise“, sagte Sprecherin Anke Reppin. Zuvor war von regionalen Einsatzkräften aus Brandenburg kritisiert worden, dass der Landkreis Stendal unzureichend Kräfte einsetze und damit auch eine Überflutung von brandenburgischen Gebieten riskiere.

Gerüchte über eine weiter Bruchstelle in Hohengören wurden laut dpa nicht bestätigt. Ein Bundeswehrhubschrauber konnte keinen weiteren Deichbruch erkennen. Der Krisenstab in Magdeburg erklärte, es gebe mehrere Deichabrutschungen und eine akute Gefahr eines Deichbruchs.

Aktuell werden oder wurden folgende Orte im Kreis evakuiert: Fischbeck, Kabelitz, Wust, Wusterdamm, Wulkau, Scharlibbe, Schönfeld, Sandau, Kamern, Neukamern, Hohenkamern, Rehberg, Schönhausen, Hohengöhren, Hohehngören-Damm, Schönhausen-Damm Sydow, Melkow, Briest, Klietz und Neuermark-Lübars. Derzeit seien rund 3.000 Menschen in Sicherheit gebracht. In Osterholz wurden alle Kräfte vom Deich an der Elbe abgezogen. Über eine Evakuierung wird nachgedacht. In Fischbeck und Kabelitz waren die Menschen schon am Sonntag aufgerufen worden, vorsorglich ihre Häuser zu verlassen. Die Lage im Landkreis Stendal war auch deshalb so schwierig, weil es keine offene Brücke über die Elbe mehr gab. Und im gesamten Kreis gibt es rund 150 Kilometer Elbdeiche, dazu kommen weitere Deiche an anderen Flüssen.

Welche Wege das Wasser nehmen wird, sei nicht ganz klar. Wulfänger sagte weiter, in Tangermünde sei der Wasserstand der Elbe seit Sonntag zwar deutlich gesunken, der Grund sei allerdings der Deichbruch bei Fischbeck. Ursprünglich hätte der Wasserscheitel von rund 8,30 Metern einen Tag angehalten.

Anke Reppin vom Krisenstab des Innenministeriums hatte am Vormittag die Befürchtung geäußert, „dass wir da oben die ganze Infrastruktur verlieren“. Dennoch werde – entgegen anderslautenden Gerüchten – die Deichverteidigung nicht aufgegeben. In Hohengöhren sei ein Deich auf rund 30 Meter Länge abgesackt, infolge dessen besteht Gefahr für Hohengöhren und Kublitz, die evakuiert werden. In Wulkau drohe eine Deichkrone abzusacken, dadurch könnten große Flächen der östlichen Altmark überflutet werden. Der Deichrutsch ist aktuell bei 20 Meter Es seien zahlreiche Weidetiere in Gefahr; wie die geborgen werden könnten, sei offen.

Der Deich bei Fischbeck war gegen Mitternacht gebrochen. Neben den zehn Orten im Kreis Stendal wurde auch den Bewohnern von Steinitz, Mangelsdorf und Klein Mangelsdorf im Landkreis Jerichower Land empfohlen, sich in Sicherheit zu bringen. Bei Hohenwarthe (Jerichower Land) brach ein Bahndamm, dadurch floss Wasser der Elbe ungeplant in den Elbe-Havel-Kanal. Schäden am Kanal waren zunächst nicht bekannt, für die Elbe sollte dies aber eine Entlastung bringen.

Das Hochwasser beeinflusst auch immer mehr den Verkehr. Am Sonntagabend hatten sich auf der Autobahn 2 Berlin-Hannover lange Staus gebildet, weil mehrere Abfahrten gesperrt waren und viele Schaulustige für einen Blick auf die überfluteten Gebiete mitten auf den Fahrbahnen anhielten und ausstiegen. Auch zwei Bundesstraßen bei Fischbeck waren wegen Überspülung nicht mehr nutzbar.

Die Verkehrsinfrastruktur drohe in der Region wegzubrechen, sagte eine Sprecherin des Krisenstabs der Landesregierung. Die Bundeswehr verlegte Soldaten aus südlichen Landesteilen in den Norden, wo die Hilfe dringender gebraucht wurde.

Nach dem Deichbruch bei Fischbeck hat die Deutsche Bahn AG die Eisenbahn-Elbebrücke in Hämerten (Kreis Stendal) gesperrt. Betroffen sind die ICE-Strecke Berlin-Hannover-Köln, die ICE-Strecke Berlin-Kassel-Frankfurt/Main und die IC-Strecke Berlin-Amsterdam. Züge der Strecke Berlin-Hannover-Köln werden über Wittenberge, Stendal und Wolfsburg umgeleitet. Die Züge der Strecke Berlin-Kassel-Frankfurt/Main fahren über Dessau, Halle (Saale) und Gerstungen (Thüringen). Die Haltepunkte Wolfsburg, Braunschweig, Hildesheim, Göttingen und Kassel-Wilhelmshöhe entfallen. Der IC von Amsterdam fährt nur bis Hannover.

Sinkender Pegel in Magdeburg

In der Landeshauptstadt Magdeburg sank der Pegelstand der Elbe an der Strombrücke bis zum späten Nachmittag auf 7,05 Meter. Das sind 41 Zentimeter weniger als am Sonntag in der Spitze, aber mehr noch als bei der Flut im Jahr 2002 (6,72 Meter). „Das ist eine gute Nachricht“, sagte der Sprecher des örtlichen Katastrophenstabs, Klaus Puchta. Entwarnung könne aber noch nicht gegeben werden.

Stadtweit waren dem Sprecher zufolge rund 23 000 Menschen aufgefordert, ihre Wohnungen zu verlassen. Darunter waren rund 15 000 Menschen in Stadtteilen östlich der Elbe und knapp 3000 im Stadtteil Rothensee. Mit Deichneubauten auf einer großen Straße in Rothensee wurde der Hafen von Wohn- und Industriegebieten getrennt. Auch das wichtige Umspannwerk lief weiter.

Aufgrund der angespannten Lage in Schönebeck wurden laut Katastrophenstab die Ortsteile Elbenau, Grünewalde und Ranies evakuiert. Die Deichnördlich von Schönebeck seien stark gefährdet.

Eine vergleichsweise ruhige Nacht gab es in den Hochwassergebieten im Kreis Wittenberg. Nach Auskunft des Krisenstabes habe es keine besonderen Vorkommnisse gegeben. In Priesitz wird weiter an der Sicherung des Deichs gearbeitet. Der Pegel steht um 7 Uhr bei 6,50 Metern, 41 Zentimeter weniger als am Samstagmorgen. Der Regen habe keinen wesentlichen Einfluss auf die Lage gehabt.

Nach der Hochwasser-Flut beginnt in Bernburg das große Aufräumen. Für den Einsatz sollen sich dringend benötigte Helfer am Montag vor der Marienkirche melden. Unter anderem sind mehr als 220?000 Sandsäcke zu beseitigen.

Leichte Entspannung im Süden

Nachdem das Wasser abgelaufen ist, wurde am Montag der Busbahnhof in Weißenfels wieder in Betrieb genommen. Mit Ausnahme von Kraßlau und Leina werden alle Haltestellen nach Fahrplan angefahren. Der Pegel der Weißen Elster in Zeitz ist durch den Platzregen am Sonntag um zehn Zentimeter gestiegen, von 3,69 Meter auf 3,90 Meter. Die Unterführungen in der Donaliesstraße mussten deshalb wieder gesperrt werden. Update: Am Burggymnasium Wettin fällt auch am Dienstag der Unterricht komplett aus. Der Landkreis will nun Sanitärcontainer aufstellen. Die sind aber frühestens ab Mittwoch verfügbar. „Wir arbeiten mit Hochdruck, dass der Unterricht wieder stattfinden kann“, sagte Landrat Frank Bannert der MZ.

An der Weißen Elster in Oberthau (Saalekreis) gilt wieder Alarmstufe 4. Während in Zeitz der Pegel des Flusses sinkt, muss die Elster im Raum Leipzig noch erhebliches Wasser abtransportieren. Das hat erhebliche Auswirkungen im Raum Schkopau. Kollenbey bleibt von der Außenwelt abgeschnitten. In und um Merseburg hat die Flut erhebliche Werte vernichtet. Döllnitz hat es schwer getroffen. Und jetzt kämpfen Hausbesitzer mit dem Druckwasser.

Im Hochwassergebiet an der Saale in Halle haben die Aufräumarbeiten begonnen. Am Montag beginnt die Stadtwirtschaft, tausende Sandsäcke wegzuräumen. Dabei bittet die Stadt um Hilfe. Oberbürgermeister Wiegand ließ die Frage offen, ob Planetarium und Eissporthalle eine Zukunft haben. Laut einer Pressemitteilung wurde die Alarmstufe von vier auf drei gesenkt. der Pegel in Trotha war aktuell bei 6,30 Meter. Auch die Theater nehmen ihren regulären Spielbetrieb wieder auf.

Für Bitterfeld und Friedersdorf ist die Evakuierung am Sonntag aufgehoben worden. Die Dämme zwischen Seelhausener See und Goitzsche sind nahezu komplett geflickt.

Trotz des Platzregens in der Nacht zum Montag ist es an den Deichen in Dessau-Roßlau ruhig geblieben. Die Pegel an Elbe und Mulde sind weiter gesunken. Der Elbe-Pegel war am Sonnabend am Leopoldshafen auf 7,46 Meter geklettert und lag damit 30 Zentimeter über dem Höchststand von 2002. Immer größer werden die Probleme in der Stadt mit dem Grundwasser. Gefahr droht im schlimmsten Fall von einer Überspülung im Bereich von "Mutter Sturm". Das Wasser der Elbe ist bis nach Aken vorgedrungen. es droht ein Rückstau bis nach Dessau.

Insgesamt waren am Sonntag in Sachsen-Anhalt rund 9.200 Soldaten der Bundeswehr im Einsatz. Damit war Sachsen-Anhalt weiterhin das Schwerpunktland der Bundeswehr. Allein 1.400 Soldaten waren in Magdeburg. Das THW berichtete von 2.000 Einsatzkräften allein in Magdeburg.

Feuerwehrleute fahren mit einem Schlauchboot über die überflutete Straße in dem kleinen Dorf Kabelitz im Kreis Stendal.
Feuerwehrleute fahren mit einem Schlauchboot über die überflutete Straße in dem kleinen Dorf Kabelitz im Kreis Stendal.
dpa Lizenz
Die Elbe am Sonntag in Magdeburg: Der Rothehornpark (unten rechts) ist überflutet. Das halbrunde MDR-Landesfunkhaus (Bildmitte) hat Glück gehabt. Die Insel Werder (hinten links) wird vom Hochwasser im Hauptstrom und einem kleineren Altarm in die Zange genommen.
Die Elbe am Sonntag in Magdeburg: Der Rothehornpark (unten rechts) ist überflutet. Das halbrunde MDR-Landesfunkhaus (Bildmitte) hat Glück gehabt. Die Insel Werder (hinten links) wird vom Hochwasser im Hauptstrom und einem kleineren Altarm in die Zange genommen.
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Sandsäcke im Zentrum von Bernburg auf einer Mauer am Ufer der Saale. Das Hochwasser der Saale hat sich aus der Stadt weitestgehend zurückgezogen.
Sandsäcke im Zentrum von Bernburg auf einer Mauer am Ufer der Saale. Das Hochwasser der Saale hat sich aus der Stadt weitestgehend zurückgezogen.
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Die Busse halten wieder am Busbahnhof Weißenfels.
Die Busse halten wieder am Busbahnhof Weißenfels.
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Überflutete Landstraße 63 zwischen Kleinkühnau und Aken. Nach einer Überspülung im Bereich "Mutter Sturm" lief das Wasser auf die Straße. Es besteht die Gefahr eines Rückstaus in Richtung Dessau.
Überflutete Landstraße 63 zwischen Kleinkühnau und Aken. Nach einer Überspülung im Bereich "Mutter Sturm" lief das Wasser auf die Straße. Es besteht die Gefahr eines Rückstaus in Richtung Dessau.
Pressefoto©Lutz Sebastian Lizenz