Hochwasser in Aken Hochwasser in Aken: Die Hoffnung schwindet

Diebzig/Aken/MZ - Erschütternde Szenen spielten sich am Montag in und um Aken ab. Da ist ein älteres Ehepaar aus Dessau vor gerade einem Monat in sein Eigenheim im Neuen Weg nach Aken gezogen, und nun müssen die beiden um ihr Eigentum bangen. Das Wasser aus Taube und Saale kroch wie ein unaufhaltsamer Moloch von Klein Rosenburg und Lödderitz aus auf die Elbestadt zu. Nur ein paar persönliche Dinge wollten die beiden noch holen, doch als sie mit Taschen bepackt über den Notstall zu ihrem Auto in der Köthener Chaussee wollten, versperrte schon kniehohes Wasser den Weg. Verzweifelt stapften die beiden dann über die noch trockenen Schienen, um ihr Auto zu erreichen.
Ein älteres Ehepaar hatte es wiederholt abgelehnt, seine Wohnung in Aken zu verlassen. Selbst als Polizeipfarrer Michael Bertling den beiden am Montag nochmals die bedrohliche Lage schilderte, blieben sie stur. Sie unterschrieben lieber eine Erklärung, dass sie auf eine Rettung verzichten. „Wir kommen nicht noch mal wieder“, musste Bertling den alten Leutchen zum Abschied schweren Herzens sagen.
Während dessen machte sich in Diebzig Verbitterung breit. Ein Nachrichtensender habe gemeldet, die Elbauen laufen voll. „Von Dörfern und Menschen war dort nicht die Rede“, meinte eine junge Frau sarkastisch, die fassungslos auf die am Ortsausgang nach Lödderitz auf mehreren Hundert Metern über die Ufer getretene Taube schaute. Unaufhaltsam strömte das Wasser aus zwei Richtungen - aus Klein Rosenburg und von der Saale aus Richtung Rajoch über die Äcker. 48 Sandsäcke gab es pro Haus. Einwohner haben dann sogar Kissenbezüge mit Sand gefüllt, um ihre Häuser zu schützen. „Es ist ein Elend, wir haben keine Hoffnung mehr“, sagte die Diebzigerin leise.
„Ist Diebzig vollgelaufen, läuft es nach Aken“, hieß es in der Einsatzzentrale im Akener Rathaus. Und Danilo Licht vom Krisenstab wollte keine falschen Hoffnungen wecken: „Einen Schutz haben wir nicht“, sagte er. Mit dem Eintreffen des Saalewassers aus Richtung Lödderitz rechnete er in den Montagabendstunden. Dann drohte auch der einzig verbliebene Weg in die Stadt - eine schmale Holperpiste zwischen Calber Landstraße und Mennewitz - abgeschnitten zu werden. Schon am frühen Nachmittag stand in Mennewitz das Wasser, wenn auch nur einige Zentimeter hoch. Privatpersonen durften schon seit dem Vormittag nicht mehr in die Stadt.
Um den Zufluss aus dem Bereich von „Mutter Storm“ östlich von Dessau zu vermindern oder zu verhindern wurde weiter an einem Damm im Wald gebaut. Auch Hubschrauber waren mit Big Bags im Einsatz. Fortgesetzt wurden die Arbeiten an dem Schotterwall auf der Straße nach Dessau. Gegen Mittag rückte die Berufsfeuerwehr aus Dessau an und wurde von den Akener Feuerwehrleuten hinter vorgehaltener Hand mit den Worten begrüßt: „Haben die auch schon ausgeschlafen.“ Tatsächlich hatte die Akener Wehr die Dessauer schon am Dienstag um Hilfe gebeten. „Da wären wir jetzt schon viel weiter“, meinte Danilo Licht. Jetzt hätten die Dessauer aber offenbar erkannt, dass ihnen das durch und um Aken herumfließende Wasser ebenfalls gefährlich werden könnte. Die Dessauer errichteten auf der Köthener Landstraße einen „Riegel“, damit das Wasser der Taube nicht mehr ungehindert in die Stadt fließen kann. Dabei wurden sie ebenfalls von der Bundeswehr unterstützt.
Derweil bemühten sich Mitarbeiter der envia fieberhaft, zwei Trafostationen am Holländerweg und am Sägewerk in Gang zu halten. „Wenn die absaufen, ist ganz Aken ohne Strom“, erklärte ein Monteur. Der permanente Ausfall der Handynetze in Aken lag ebenfalls an unterbrochener Stromversorgung. Ein Mast an einer Tankstelle wurde per Notstromaggregat betrieben, doch irgendwann war der Diesel alle. Zum Glück konnte die Feuerwehr aushelfen. Während Neuer Weg, Burgstraße, Philipsburg und Poststraße am Montag um 17 Uhr noch trocken waren, stand die Waldsiedlung teilweise hüfthoch unter Wasser. Dass die restliche Stadt in der kommenden Nacht verschont bleibt, ist mehr als ungewiss.
Um 16.30 Uhr noch trocken:
Kühren, Calber Landstraße, Netto-Markt am Neuen Weg, Bahnhof
Innenstadt von Aken mit Markt, Bärstraße, Burgstraße, Ritterstraße, Poststraße, Philipsburg, Flurstraße
Um 16.30 Uhr überschwemmt:
Die Dorfstraße in Mennewitz (wenige Zentimeter) sowie Gärten im Ort. Die Kaiserstraße in Aken bis zur Feuerwehr. Das Feuerwehr Depot selbst ist noch trocken. Der Raiffeisenmarkt steht unter Wasser. Gartenstraße, Köthener Chaussee, Köthener Landstraße bis hinter die Taube Richtung Osternienburg, die gesamte Waldsiedlung sowie der gesamte südliche Teil von Aken bis zur Töpferbergstraße. Die war größtenteils noch trocken. Teilweise steht das Wasser Hüfthoch.
Gebrochener Deich beim Schöpfwerk Breitenhagen
Aus dem Krisenstab des Salzlandkreises kommen für die vom Hochwasser schwer getroffene Stadt Aken keine erfreulichen Botschaften. Nach Auskunft von Pressesprecher Timmi Mansfeld gibt es derzeit keine Möglichkeit, den gebrochenen Deich beim Schöpfwerk Breitenhagen zu schließen. Man müsse so lange abwarten, bis das Niveau der Saale so weit gesunken sei, dass die Überspülungskante erreicht wird. „Wann das sein wird, wissen wir nicht. Was man dann machen kann, wissen wir auch nicht.“ Dazu müsse man erst den am Sonntag um 7.20 Uhr geborstenen Deich durch Fachleute in Augenschein nehmen lassen.



