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Hochwasser in Kreis Wittenberg Hochwasser in Kreis Wittenberg: Leichte Entspannung im Wörlitzer Winkel

Von Ilka Hillger 10.06.2013, 16:12
Die Feuerwehr pumpt auf dem Areal der einstigen Gewächshausanlage.
Die Feuerwehr pumpt auf dem Areal der einstigen Gewächshausanlage. THOMAS KLITZSCH Lizenz

Wörlitz/Vockerode/MZ - Frank Torger und seine Kollegen haben alles richtig gemacht. Früh um vier am Sonntagmorgen stand der Flussbereichsingenieur des Landesbetriebs für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) auf dem Fliederwall in Vockerode und sah sich den Sonnenaufgang an. Flott floss die Elbe vorbei, der Deich stand. Gegen Mittag hat Torger etliche Fahrten entlang von Deichen und hin zu Einsatzpunkten hinter sich. Jetzt schaut er erleichtert auf die Wiesen rund um Wörlitz und sagt: „Da haben wir mal wieder das Gartenreich gerettet.“

Es könnte ein ganz normaler Sonntag im Wörlitzer Park sein, wenn da nicht die Feuerwehren am Rathaus stünden, die Sandsäcke sich am Sportplatz stapeln würden. Ein paar Helfer sitzen am Sandsackplatz unterm Zelt. Sie müssen keinen Sand mehr schaufeln, die Paletten sind gut gefüllt. Die Feuerwehr macht sich auch gerade auf den Weg zu den Brennpunkten des Hochwassers im Norden des Bundeslandes. Die Kameraden sind aus Bremen und kamen aus dem Saalegebiet um Bernburg zum Helfen in die Parkstadt. „Sie sollen lieber dorthin, wo sie wirklich gebraucht werden“, findet Torger.

Neue Wälle

Dass man im Wörlitzer Winkel derart gelassen und entspannt sein kann, hat gute Gründe, die Torger bei einer Rundfahrt zeigt. Es geht zum Wallwachhaus Mittelhölzer. „Das ist hier unser einziger Brennpunkt“, sagt der Deichexperte, als sich sein Geländewagen dem Deich nähert. Hier hat der Schutz gegen die Elbeflut eine Stufe. Rechter Hand vom Zufahrtsweg steht ein neu gebauter Deich, links davon, deutlicher niedriger, sieht man die alte Schutzanlage unter lauter Sandsäcken nicht, hier ist der Boden etwas feucht.

Wo alter und neuer Deich aneinanderstoßen wird klar, wie gut und wichtig es war, im Wörlitzer Winkel nach der 2002er Flut die Wälle zu sanieren. „Dass die Dichtheitsprüfung so schnell kommen würde, hätte ich jedoch nicht gedacht“, meint Torger. Erst im November seien die Erdarbeiten am neuen Deichabschnitt zwischen Coswiger Straße und den Mittelhölzern beendet gewesen.

Die 1 400 Meter unsanierter Deich stehen unter ständiger Beobachtung und wären vielleicht auch schon fertig, wenn das Land die vier Millionen Euro Kosten bereits bewilligt hätte. „Wir könnten eigentlich sofort die Aufträge auslösen, die Planungen sind alle fertig“, sagt Torger. Er hofft, dass dieses Hochwasser nicht zu neuerlichen Verzögerungen führt. „Die Deiche am Wörlitzer Park sind mein ganzer Stolz“, sagt er. Diese Ecke seines weiten Zuständigkeitsbereiches von Pratau bis Barby, unterbrochen vom Dessauer Stadtgebiet, liegt ihm besonders am Herzen.

Dass diese Region trockenen Fußes das aktuelle und auch kommende Hochwasser überstehen kann, ist dieser Tage nicht unwesentlich den LHW-Männern am Schöpfwerk Kapengraben zu verdanken. Tausende Autos brausen auf der A9 an den unscheinbaren Gebäuden vorbei. „Bei Hochwasser wird hier der gesamte Wörlitzer Winkel entwässert“, erklärt Frank Torger. Er dankt seinen Männern vor Ort, die rund um die Uhr seit einer Woche Schichten schieben, auf jedes noch so kleine irritierende Geräusch bei den laufenden Pumpen hören. Kollege Manfred Fricke hat vielleicht Probleme, die aktuellen Wochentage in dieser Ausnahmesituation zu sortieren, aber den geschulten Blick für den Sandsackwall hat er nicht verloren.

Hinterm Schöpfwerk ist sonst Wiese. Jetzt steht da eine Wasserfläche bis zum Schwedenwall, der Waldersee schützt. 2002 brach hier der Deich. Matthias Schneiders Blick geht immer wieder sorgenvoll übers Wasser in Richtung Walderseer Kirchturmspitze. Da hinten steht irgendwo sein Haus. „Was damals passierte, brauche ich nicht noch mal“, meint der LHW-Mitarbeiter und stapft durch kleine Sickerstellen an der Sandsacksperre, die seit Montag rund um das Schöpfwerk wuchs. Da kam die Bundeswehr und baute den Schöpfwerk-Schutz auf, Freitag war die Arbeit getan. Sonnabend, als der Scheitel vorbeizog, sei er durchaus angespannt gewesen. „Jetzt sind wir aber eindeutig auf dem Weg der Entspannung“, findet Torger.

Der Wasserspiegel sinkt. Die Pumpen freilich werden noch lange laufen. Enorme vier Kubikmeter Wasser schaffen sie in der Sekunde und spucken diese Massen mitten hinein ins Hochwasser.

Besonderes Jubiläum

Auch in Vockerode sieht man Wasser, wo es nicht sein sollte. „Das ist Grundwasser“, sagt Torger. So langsam kann auch die Freiwillige Feuerwehr Horstdorf mit dem Abpumpen aufhören. Eigentlich wollten die Kameraden das 100-jährige Bestehen der Wehr am Wochenende feiern, jetzt passen sie auf, dass die wenigen Autos auf der Landstraße nicht zu schnell über die prallen Schläuche fahren.

Der Sandsackplatz am Kraftwerk ist ein Meer aus gefüllten Sandsäcken. „Die hören einfach nicht auf zu schippen“, sagt der LHW-Mann und schaut auf die Menge von Vockerodern und Männern aus dem Asylbewerberheim, die hier einfach weiter machen, bis auch das letzte Korn in einem Sack ist.

Auszahlung der Soforthilfe für die Flutopfer

Wie der Landkreis informiert erfolgt die Auszahlung der Soforthilfe für die Flutopfer voraussichtlich ab Dienstag, den 11. Juni 2013, ab 13:00 Uhr im Raum A0-01 im Verwaltungsgebäude Breitscheidstraße 4 in Wittenberg zu folgenden Zeiten:

Montag - Mittwoch: 8:00 – 17:00 Uhr
Donnerstag: 8:00 – 18:00 Uhr
Freitag: 8:00 – 15:00 Uhr.

Telefonische Anfragen können unter der Nummer 03491/ 479-100 erfolgen. Detaillierte Auskünfte sind erst nach Herausgabe der konkreten Auszahlungsbedingungen durch die Landesverwaltung möglich (voraussichtlich im Laufe des Vormittags des 11. Juni 2013).

Die Kameraden aus Bremen fahren ab in Gebiete, wo die Flut jetzt steigt.
Die Kameraden aus Bremen fahren ab in Gebiete, wo die Flut jetzt steigt.
THOMAS KLITZSCH Lizenz
Frank Torger vom LHW ist auf Kontrollgang auf dem Deich Mittelhölzer.
Frank Torger vom LHW ist auf Kontrollgang auf dem Deich Mittelhölzer.
Thomas Klitzsch Lizenz