MZ-Wirtschaftsnewsletter vom 12. Juni 2025 Start-ups im Osten: Gründer brauchen Boxer-Qualitäten
Weitere Themen: Hochhaus zu verkaufen / Schnellecke investiert / Krankenhäuser fusionieren / LWB baut 350 Wohnungen / Hackerangriff auf Hotelgruppe

Gründer müssen Rückschläge hinnehmen können. Jenny Müller von Bennigsen verfügt offenbar über ein Boxer-Gen. Zweimal ist die 41-Jährige mit einem Produkt in Sachsen-Anhalt gescheitert. Im dritten Anlauf soll es nun gelingen. Im Juni startete die Unternehmerin ihr neues Start-up: Nanofresh – wieder steht die Haltbarmachung von Obst und Gemüse im Mittelpunkt. „Ich konzentriere mich jetzt voll auf die Technologie“, sagt Müller von Bennigsen.
Sie hat ein patentiertes Verfahren entwickelt, um mit Ascorbinsäure (Vitamin C) aufgeschnittene Früchte wie Ananas, Äpfel oder Avocados deutlich länger haltbar zu machen. Das Produkt kann das Wachstum von Hefen, Pilzen und Schimmelpilzen deutlich verzögern. „Durch die Technologie kann eine aufgeschnittene Ananas drei bis vier Wochen haltbar gemacht werden“, berichtet Müller von Bennigsen.

Zweimal ist sie mit der Geschäftsidee zu haltbaren Salaten und Obst-Wasser allerdings auch schon gescheitert. Über die Gründe und die Insolvenz ihres vorherigen Unternehmens Frischemanufaktur hat die Gründerin mit der MZ gesprochen. Hier der komplette Beitrag.
Über einen solchen Durchhaltewillen verfügen wenige Gründer, von denen es in Ostdeutschland ohnehin zu wenige gibt. Bundesweit wurden im Jahr 2024 laut dem „Start-up-Barometer Deutschland 2025“ des Beratungsunternehmens EY 2.766 Start-ups gegründet. Davon entfielen lediglich 203 auf die ostdeutschen Lände. Bei den größeren Finanzierungen haben Berlin (239) und Bayern (146) die Nase vorn. In Sachsen-Anhalt waren es lediglich vier junge Firmen, die 2024 eine Finanzierung erhielten. In der EY-Studie sind allerdings nicht alle Finanzierungen erfasst.

Dabei passen Start-ups zur eher kleinteilig organisierten Wirtschaft in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bestens. Und es gibt auch etliche positive Entwicklungen. So hat das Technologie- und Gründerzentrum in Halle, das aktuell erweitert wird, schon viele erfolgreiche Firmen hervorgebracht. Das SpinLab in Leipzig gehört inzwischen zu den bekanntesten Start-up-Hubs in Europa und in Dresden wächst rund um die Chip-Industrie eine neue Technologie-Szene heran.
Wie groß das Potenzial ist, zeigt Hendrik Schulke. Der Student aus Student aus Dresden hat eine App erstellt, die Erlebnisse von Menschen mit Demenz nachempfinden lässt. ,Damit gehört er zu den Gewinnern eines Programmierwettbewerbs von Apple. Kern der Anwendung mit dem Namen „Dementi“ ist ein Memory-Spiel mit 16 Bildern.

Das Problem sind - aus meiner Sicht - nicht die klugen Köpfe, sondern das fehlende Kapital. In Berlin hat sich nicht nur eine große Gründerszene entwickelt, sondern dort sitzen inzwischen auch viele Risikokapitalgeber. Beides fördert sich gegenseitig. Beim Kapital herrscht in Mitteldeutschland dagegen Dürre.
Die drei größten Investitionssummen im Jahr 2024 bundesweit gingen an Start-ups aus dem Bereich Tech: So konnte Helsing aus Bayern (Künstliche Intelligenz) 450 Millionen Euro an Risikokapital sammeln. Hinter Helsing folgen DeepL aus Köln (Online-Übersetzung) mit einer Finanzierungssumme von 277 Millionen Euro und Black Semiconductor aus Aachen (Halbleiter) mit 250 Millionen Euro.
Angesichts der Umbrüche in der Industrie wird die Bedeutung von jungen Technologiefirmen in den kommenden Jahren zunehmen. Viele neue Jobs werden bei Dienstleistungsfirmen rund um Künstliche Intelligenz und Robotik entstehen. Leipzig, Halle, Dresden, Magdeburg und Jena dürfen diese Entwicklung nicht verpassen, sondern müssen versuchen, die deutschen Start-up-Hochburgen Berlin und München anzugreifen.
Wenn Ihnen der Newsletter gefällt, empfehlen Sie ihn weiter. Hier geht es zur Anmeldung.
Bis kommende Woche,herzlich Steffen Höhne
Weitere wichtige Wirschaftsthemen aus Mitteldeutschland der Woche:
Logistiker investiert kräftig
Schnellecke plant ein neues Logistik- und Montagezentrum im Airpark Merseburg. Auf 50.000 Quadratmetern sollen bis 250 Arbeitsplätze entstehen. Die Nähe zu BMW und Porsche spielt eine wichtige Rolle für die Ansiedlung des Konzerns.
Hochhaus zu verkaufen
Die Halwo Neustädter Passage GmbH in Halle ist pleite. Insolvenzverwalter Olaf Spiekermann sucht für das Hochhaus Scheibe D und die Einkaufspassage einen Investor. Bisher gehörte die Immobilie dem prominenten Ex-Boxer Arthur Abraham. (MZ)

Dow setzt Lehrlinge vor die Tür
Der US-Konzern Dow prüft derzeit die Schließung von Anlagen in Schkopau und Böhlen. Erste Leidtragende sind nun Jugendliche, die im September ihre Ausbildung beim Chemieunternehmen starten wollen. (MZ)
Airports verpassen China-Boom
Am Flughafen Leipzig/Halle fordern die DHL-Beschäftigten zwölf Prozent mehr Lohn. Doch das Frachtaufkommen steigt nicht mehr. Warum die Flieger aus Asien woanders landen. (MZ)

Wieder mehr Haus-Verkäufe
Die Immobilienbranche ist nach dem Krisenjahr 2023 im Aufwind: In Sachsen-Anhalt werden wieder deutlich mehr Grundstücke und Häuser gekauft. Die MZ zeigt die neuesten Trends im Land - und die aktuellen Preise. (MZ)
Krankenhäuser fusionieren
Das Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara in Halle übernimmt das Klinikum Martha-Maria. Die Verantwortlichen sprechen von einer Fusion auf Augenhöhe. Was auf Patienten und Mitarbeiter zukommt. (MZ)
Hackerangriff auf Hotelgruppe
Die Rostocker Hotelgruppe Arcona ist Ziel eines Hackerangriffs der kriminellen Cyber-Gruppe Akira geworden. Die Gruppe sei identifiziert worden. Da der Angriff ein so weitreichendes Ausmaß angenommen habe und etwaigen Erpressungsversuchen keine Grundlage geboten werden solle, werde aktiv der Schritt an die Öffentlichkeit gegangen, teilte Arcona mit. Daten von Kunden wurden offenbar gestohlen. (MZ)

Wasserstoff-Projekt droht zu scheitern
Das Wasserstoffunternehmen HH2E steckt in der Krise – das geplante Wasserstoff-Werk im Leipziger Südraum droht zu scheitern. Doch Branchenvertreter und Politik hoffen auf einen Ausweg – wie der aussehen könnte. (LVZ)
Mercer baut aus
Torgaus größter Arbeitgeber, das holzverarbeitende Unternehmen Mercer, plant große Investitionen. Geschäftsführer Frank Badeda spricht über das Erweiterungsvorhaben. (SZ)
LWB stellt 350 Wohnungen fertig
Leipzigs kommunale Wohnungsbaugesellschaft LWB baut und saniert trotz Krisen weiter – und das in großem Stil. Für viele Mieter sei das eine gute Nachricht. (MZ)