MZ-Interview mit Thies Schröder MZ-Interview mit Thies Schröder: Zwei Festivals mehr in Ferropolis

Ferropolis - Die ersten Veranstaltungen sind inzwischen über die Bühne gegangen. Im Interview erklärt Ferropolis-Geschäftsführer Thies Schröder, wie das Jahr 2017 bisher läuft, welche Geschäftsfelder erschlossen werden sollen und wie das Minus im Jahresabschluss zustande kam.
In Ferropolis finden 2017 vier große Festivals statt. Die Veranstalter vom „Splash“ haben bereits gemeldet: Ausverkauft. Können Sie das Gleiche vom Veranstaltungsort Ferropolis vermelden?
Schröder: Nein, wir sind momentan zu 75 Prozent ausgelastet. Aber mit zwei bekannten und zwei neuen Festivals konnten wir die Auslastung im Jahr 2017 deutlich erhöhen. Dies spricht natürlich für den Standort Ferropolis. Die Veranstalter treffen hier auf sehr gute Bedingungen, mit den genehmigenden Behörden arbeiten wir gut zusammen.
Mit den Festivals „With Full Force“ und dem „Nexus“ ist es gelungen, weitere Festivals nach Ferropolis zu locken. Wie haben Sie das geschafft?
Dass die Festival-Organisatoren die Entscheidung getroffen haben, nach Gräfenhainichen zu kommen, liegt nicht nur, aber sicher ganz besonders an der einmaligen Kulisse. Außerdem bieten wir hier sehr professionelle Produktionsbedingungen und hoffen, dass die Veranstalter auch längerfristig hier bleiben.
6.-7. Mai Flohmarkt
25. Mai Gottesdienst zu Christi Himmelfahrt
22.- 24. Juni With Full Force Festival
6.- 9. Juli Splash-Festival
13.- 16. Juli Melt!-Festival
5.- 6. August Flohmarkt
24.-27. August Nexus-Festival
2. September Pyrogames
16. September Tuning-Treffen
24. September Bergmannstag Sachsen-Anhalt
30. September - 1. Oktober Flohmarkt
Alle Informationen zu Veranstaltungen gibt es im Internet unter: www.ferropolis.de
Wie kam die Zusammenarbeit mit dem Nexus-Festival in so kurzer Zeit zustande?
Von der ersten Anfrage bis zur Entscheidung durch die Veranstalter, die aus Rheinland-Pfalz kommen und dort ihr Traumfestival produzieren wollten, sind nicht einmal zwei Wochen vergangen. Unser Team hat gelernt, solche Anfragen und die Qualität der geplanten Veranstaltungen sehr schnell einzuschätzen. Das Nexus-Team hat uns überzeugt, da hier professionelle Clubbetreiber zusammenkommen, die wissen, was in ihrem Musiksegment funktioniert. Und umgekehrt konnten wir einen Ort bieten, der auf eine solche Musikveranstaltung optimal vorbereitet ist.
In welchen Bereichen kann Ferropolis noch wachsen?
Im Festivalbereich ist das schwierig, wir möchten uns vor allem im Bereich B2B, also mit Firmenveranstaltungen, Produktpräsentationen, als Ort des Neuen entwickeln. Für 2018 sind wir begründet optimistisch. B2B bezeichnet die Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen und zwischen ihnen und ihren gewerblichen Kunden. Gerade technische Produkte lassen sich in der Kulisse sehr gut darstellen. Uns geht es darum, mit neuen Formaten zu experimentieren.
Hat Ferropolis das nötig?
Für uns ist es wichtig, unsere beiden Standbeine weiter zu entwickeln, denn wir sind ja kein Museum, das laufende Zuwendungen bekommt, auch wenn wir ein Industriedenkmal sind. Wir zeigen, wie man diesen Standort auch wirtschaftlich betreiben kann. Dabei ist die Herausforderung den öffentlichen Auftrag zu erfüllen, also das Erbe des Braunkohletagebaus zu bewahren und den Besuchern zu vermitteln. Die Veranstaltungen, die es gibt, werden gemacht, um dieses industrielle Erbe zu erhalten.
Und was ist mit bekannten Sängern und Musikgruppen? Von diesen macht 2017 kein einziger Station in Ferropolis?
Sie halten InFlames und die Dropkick Murphys oder auch G-Eazy und marteria oder Phoenix und The Kills nicht für Stars? Da fragen Sie mal die Fans! Wahrscheinlich ist Gräfenhainichen auch in diesem Sommer wieder der Ort mit der höchsten Weltstar-Dichte in Sachsen-Anhalt. Das Geschäft mit den großen Einzelshows hat sich aber tatsächlich verändert. Die Festivals bestimmen, wer wo in Europa auftritt. Im Bereich deutschsprachiger Rockbands oder Schlager würden wir uns tatsächlich noch die eine oder andere Show wünschen.
Wie gehen Sie mit dem veränderten Markt um?
Wir setzen auf eine differenzierte Ausrichtung: Prinzipiell verstehen wir uns als Event-Ort. Neben großen und kleinen Veranstaltungen mit unterschiedlichen Zielgruppen, setzen wir auf das Tagesgeschäft, also den Tagesbesucher. Wir sind in diesem Jahr etwa auch Anlaufpunkt für das Reformationsjubiläum. Und wir wollen in Zukunft verstärkt auf Wassertourismus setzen.
Aber der Gremminer See ist noch nicht von der Bergbaugesellschaft LMBV freigegeben?
Das ist richtig, der See darf nur punktuell genutzt werden, am Fuße der Halbinsel etwa zum Baden. Wir warten aber auf die Entlassung aus dem Bergrecht, wofür es aber noch keinen Termin gibt. Wir würden gern Wassertourismus etablieren, können damit aber derzeit noch nicht starten. Was uns aber nicht davon abhält, diese touristische Entwicklung auf und am Wasser zu planen.
Themenwechsel: Im Gräfenhainicher Stadtrat wurde der Jahresabschluss 2015 diskutiert, vor allem das Minus von 30.000 Euro stieß sauer auf. Gibt es finanzielle Probleme?
Grundsätzlich: Aus dem Haushalt der Stadt Gräfenhainichen werden keine Löcher in Ferropolis gestopft. Wir arbeiten hier wirtschaftlich. Das Minus im Jahr 2015 kam zu Stande, da es einen Brandschaden an einer Solaranlage gegeben hatte. Dieser wurde später von einer Versicherung getragen, allerdings musste im Jahr 2015 der Schaden abgerechnet und gebucht werden.
Und wie sieht es mit langfristigen Investitionen aus? Ebenfalls kritisch beäugt wird der Erhalt der Großgeräte. Wie viel Geld wird in den Erhalt der Bagger gesteckt?
In den Erhalt wird laufend investiert, im fünfstelligen Bereich, zwischen 30.000 und 70.000 Euro pro Jahr. Die Geräte befinden sich ja nicht unter einer Käseglocke, sondern sind permanent dem Wetter ausgesetzt. Deswegen müssen sie laufend gewartet und erhalten werden.
Reicht diese Summe auch für größere Investitionen?
Nein, es können momentan keine ausreichenden Rücklagen für umfassende Sanierungen gebildet werden. Größere Sanierung ausschließlich aus eigenen Mitteln zu stemmen ist schwierig. Die letzte komplexe Sanierung fand vor 14 Jahren statt, damals wurden vier von fünf Großgeräten umfassend ertüchtigt.
Wäre es dann nicht besser, wenn Ferropolis über öffentliche Gelder finanziert werden würde?
So, wie es jetzt ist, funktioniert Ferropolis. Natürlich ist Denkmalschutz auch eine öffentliche Aufgabe. Aber ein lebendiges Denkmal ist der beste Grund für den Erhalt, und auch die wirtschaftliche Basis. Das wird nicht überall funktionieren, und auch wir nehmen für große Baumaßnahmen Fördermittel in Anspruch.
Aber ohne Ferropolis als Veranstaltungsort hätten die Tagebaugroßgeräte keine sichere Zukunft. Wir vermitteln hier Geschichte, und müssen dabei unseren eigenen Weg finden, indem wir ergründen, wofür Interesse besteht.
Wir möchten dieses Industrieerbe am Standort hier bewahren, aber auch als Beitrag zur regionalen Wirtschaft weiter entwickeln. Und Tourismus und Kultur sind hier in der Region wichtige wirtschaftliche Grundlagen. (mz)