1. MZ.de
  2. >
  3. Sport
  4. >
  5. Ein Jahr nach der Tragödie: Stefan Henze: Tod des Kanu-Trainers ist ein Jahr danach noch immer allgegenwärtig

Ein Jahr nach der Tragödie Stefan Henze: Tod des Kanu-Trainers ist ein Jahr danach noch immer allgegenwärtig

Von Petra Szag 14.08.2017, 10:54
Der Hallenser Kanu-Trainer Stefan Henze starb am 15. August 2016 in Rio.
Der Hallenser Kanu-Trainer Stefan Henze starb am 15. August 2016 in Rio. dpa

Halle (Saale) - Es wird kein Tag wie jeder andere. Da ist sich Michael Trummer sicher. Eines weiß der Cheftrainer der deutschen Slalomkanuten aber nicht: Was ihn am kommenden Dienstag tatsächlich erwartet. Wie die Gemütslage seiner Athleten sein wird.

Auf den Tag genau ist es dann ein Jahr her, dass sein junger Trainerkollege Stefan Henze seinen Verletzungen nach einem Verkehrsunfall bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro erlag.

Stefan Henze: Sein Tod ist auch ein Jahr später noch allgegenwärtig

Der Hallenser hatte im Morgengrauen des 12. August 2016 in einem Taxi gesessen, das bei hoher Geschwindigkeit von der Schnellstraße abkam und gegen einen Lichtmast prallte: Schädel-Hirn-Trauma. Zwei Tage später - nach deutscher Zeit drei - erklärten die Ärzte den 35-Jährigen in dem brasilianischen Krankenhaus für tot. Er hatte nie wieder das Bewusstsein erlangt.

Auch ein Jahr später ist Henzes Tod noch allgegenwärtig. „Immer wenn wir dort sind, wo Stefan auch schon mit seinen Sportlern im Trainingslager oder zum Wettkampf war, kommen die Erinnerungen hoch“, sagt Trummer. Das hat er bei seinen Sportlern in den letzten Monaten beobachtet.

Sportler haben Aufarbeitung von Henzes Tod noch nicht abgeschlossen

Und das wird jetzt in Pau zweifellos nicht anders sein. In den kommenden Tagen wird Trummer mit seinen WM-Startern noch einmal auf jener Wildwasserstrecke in den französischen Pyrenäen trainieren, auf der vom 27. September bis 1. Oktober die WM ausgetragen wird.

„Wir haben für Stefans Todestag nichts Offizielles geplant“, sagt der Verbandspräsident Thomas Konietzko. „Der Verzicht war ganz bewusst.“ Eben weil die Sportler mit der Aufarbeitung des tragischen Ereignisses noch nicht abgeschlossen haben.

Kajak-Fahrerinnen besuchen regelmäßig das Grab von Stefan Henze in Markkleeberg

Vor allem die Kajak-Fahrerinnen, die unter Henze im Stützpunkt in Augsburg trainiert hatten, können mit dem Verlust nur schwer umgehen. „Wenn sie am Kanal in Markkleeberg sind, besuchen sie Stefans Grab“, erzählt Trummer. Natürlich. Jeder versucht auf seine Art, Druck herauszunehmen. „Das ist so eine Art Ventil“, denkt auch Konietzko. Deshalb reden die Sportler auch viel miteinander.

Auch für Michael Seibert ist die Situation schwierig. Der Trainer hat die Kajak-Gruppe am 1. Januar auf Honorarbasis übernommen. Er ist ein erfahrener Mann, hat zuvor auch schon die Nationalmannschaften in den Niederlanden und Österreich betreut. Zumindest im Trainingsalltag ist die Lücke, die Stefan Henze hinterlassen hat, ein wenig gefüllt.

„Die Mädchen wollen auch für Stefan gewinnen“

Allerdings ist Seiberts Verpflichtung nur eine Zwischenlösung. Henze war bei der Bundeswehr angestellt und deshalb auch von dieser bezahlt worden. Für die Finanzierung eines zivilen Disziplin-Trainers fehlt dem Verband das Geld.

Auf die Leistungen der Kanutinnen hat die Situation keinen Einfluss. „Einen sportlichen Einbruch hat es nicht gegeben“, weiß Konietzko und verweist auf die erstklassigen Weltcup-Ergebnisse. Trummer glaubt sogar: „Man hat das Gefühl, dass die Mädchen auch für Stefan gewinnen wollen, wenn sie am Start stehen.“

Trainerfrage in der Kajak-Gruppe soll schnell geklärt werden

Allerdings pochen die Gesamtweltcupführende Ricarda Funke, Jasmin Schonburg als Weltmeisterin von 2009 und Halles WM-Medaillengewinnerin bei der U 23, Lisa Fritsche, eine schnellstmögliche Klärung der Trainerfrage. Das würde sicher auch bei der Vergangenheitsbewältigung helfen.

„Ich will nach vorn blicken und nicht mehr zurück“, sagt Lisa Fritsche. Sonst will sie über ihren einstigen Vereinskollegen Stefan Henze nichts mehr in der Öffentlichkeit sagen. Untereinander wird Stefan Henze wahrscheinlich dieser Tage oft Gesprächsthema sein.

(mz)