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Ihr Wochenende mit der Mitteldeutschen Zeitung Wie unvergesslich sportlich dieser Sommer werden kann

13.06.2025, 08:28
Frank Klemmer ist Leiter des Regiodesks Salzland, zu dem die MZ-Lokalredaktionen in Aschersleben und Bernburg sowie die der Volksstimme in Staßfurt und Schönebeck gehören.
Frank Klemmer ist Leiter des Regiodesks Salzland, zu dem die MZ-Lokalredaktionen in Aschersleben und Bernburg sowie die der Volksstimme in Staßfurt und Schönebeck gehören. (Grafik: Tobias Büttner)

haben Sie heute schon mal aus dem Fenster geguckt? Das nennt man Sommer, oder? Ich persönlich finde ja, dass man sowas erst so richtig genießen kann, wenn es vorher anders war. „Sonnenschein von Juni bis September“ – wie Rudi Carrell ihn einst besang – ist mir also nur halb so recht, wenn ich vorher schon seit März durchgeschwitzt habe und auf eine ausgetrocknete Natur starre.

Geschwitzt hat dieses Mal seit März sicher niemand. Und die letzten Wochen haben auch den neuen Trockenheitsfrust vertrieben, der sich – da gab es Rudi Carrell schon lange nicht mehr – in den vergangenen Dürrejahren im Land so breit gemacht hat.

Ab in den Sommer? Rudi Carrell wusste schon, wie der richtig ist.
Ab in den Sommer? Rudi Carrell wusste schon, wie der richtig ist.
(Foto: dpa)

Der letzte Sommer, den Rudi Carrell erlebt hat (zumindest den Anfang), das war der 2006. Und das war einer genau nach meinem Geschmack: Ganz Deutschland zitterte schon, dass die WM im eigenen Land, über die man sich vor 19 Jahren ähnlich mäßig vorher freute wie 2024 vorher über die Heim-EM, komplett verregnet sein würde.

Und dann kam das schöne Wetter, pünktlich zur Fußball-WM – und es wurde ein Sommer wie kein anderer. Am Ende war zwar Italien Weltmeister – ich erlaube mir zu sagen: leider –, Rudi Carrell tot – zwei Tage vor dem Finale verstorben –, aber (so wie er es sicher gewollt hätte) wir hatten immer noch was zu lachen. Was für ein Sommer!

Ein neuer Pokal für einen neuen Sommer

Gemessen daran muss der aktuelle Sommer 2025 erst einmal liefern, um einmalig zu werden. Obwohl: In Sachen Fußball versucht er sich daran. Und er wandelt auf vertrauten Spuren. Denn die Begeisterung für die Klub-WM, die erstmals überhaupt in diesem Format ausgetragen wird und in der Nacht zum Sonntag mit dem absoluten Klassiker Al Ahly gegen Inter Miami beginnt, dürfte mindestens, wenn nicht gar doppelt und dreifach so unbeliebt sein wie damals die vor dem Start die wenig vielversprechende WM im eigenen Land.

Noch dazu sinken die Chancen, dass sich das ändert, mit jedem Verein, der nicht auch noch daran teilnimmt. Heißt: Nur wer es mit dem FC Bayern und Borussia Dortmund hält, droht in den kommenden Wochen vielleicht doch noch in den Sog gezogen werden.

Ein neuer Pokal für diesen Sommer: Die Klub-WM startet am Sonntag.
Ein neuer Pokal für diesen Sommer: Die Klub-WM startet am Sonntag.
(Foto: Miguel Martinez/Atlanta Journal)

Alle anderen werden Besseres zu tun haben – zum Beispiel in der Nacht zum Montag um 4 Uhr, wenn Botafogo aus Brasilien gegen die Seattle Sounders spielt.

Aber Unkenrufe hatten wir in der Vergangenheit ja schon genug: Überrascht uns dieser Sommer in Sachen Einmaligkeit jenseits von „Mia san Mia“ oder „Echter Liebe“ vielleicht doch noch? Das braucht er gar nicht, finde ich …

Großer Sport aus der Region und Neuanfänge

Einmalig genug ist nämlich schon, was sich hier um uns herum so tut. So dürften nicht nur Sachsen-Anhalts Handball-Fans an diesem Wochenende nicht über den großen Teich, sondern nur „hinüber“ in die Kölner Arena starren, um gebannt zu verfolgen, ob der SC Magdeburg mit Coach Bennet Wiegert in dieser Saison doch noch einen Titel holt – den größten Europas in der Champions League.

Zwei Jahre danach wieder? Der SC Magdeburg spielt am Wochenende beim Final Four der Champions League.
Zwei Jahre danach wieder? Der SC Magdeburg spielt am Wochenende beim Final Four der Champions League.
(Foto: Franziska Gora)

Die Fußball-Fans im Land und „drumherum“ starren derweil gebannt auf die höchstspannende Sommerpause: der 1. FC Magdeburg sucht nach einer historisch erfolgreichen Saison trotzdem einen Nachfolger für den abwanderungswilligen Christian Titz, RB Leipzig nach einem historisch (ja, das Wort ist inzwischen in diesem Zusammenhang erlaubt) schlechten Saisonfinale einen Neuanfang mit Ole Werner.

Wie Aufstieg gar nicht geht

Und der Hallesche FC schüttelt sich gerade nach dem verpassten Aufstieg und blickt auf den nächsten Anlauf. In der 20. Folge des Podcasts „Chemie kennt keine Liga“ sprechen meine Kollegen Julius Lukas, Fabian Wölfling und Christopher Kitsche übrigens gerade über die aktuelle Lage rund um den HFC sowie die Entwicklungen in der Fußball-Regionalliga Nordost.

Kein Aufstieg: Über das Relegationsdrama um Lok Leipzig, aber auch über die Zukunft des HFC sprechen die Kollegen in der neuen Folge des Podcasts  „Chemie kennt keine Liga“.
Kein Aufstieg: Über das Relegationsdrama um Lok Leipzig, aber auch über die Zukunft des HFC sprechen die Kollegen in der neuen Folge des Podcasts „Chemie kennt keine Liga“.
(Grafik: Sabine Kroschel)

Da geht es – auch so viel „drumherum“ muss sein – auch noch mal um das Relegationsdrama um Lok Leipzig, den umstrittenen Aufstiegsmodus zur 3. Liga – und eben welche Zu- und Abgänge beim HFC bereits feststehen. Wer braucht da noch Klub-WM!?

Großer Sport: Abschied von Uwe Jungandreas

Und ohnehin: Die besonders spannenden und beeindruckenden Geschichten schreibt eh nicht immer nur der ganz große Sport. Großer Sport ist es nämlich auch, eine Ära an Orten zu prägen, die zwar ganz viel Tradition vorzuweisen haben – aber keine Gegenwart.

Besonders fasziniert hat mich deshalb von Beginn an, seit ich in die Region gezogen bin, Uwe Jungandreas, der Trainer des Handball-Zweitligisten Dessau-Roßlauer HV. Im November 2014 – nur zur Einordnung: da war Deutschland gerade Fußball-Weltmeister geworden – hatte er die Biber übernommen und vor zwei Jahren fast sogar in die Bundesliga geführt. Es war damals wie beim SCM am Pfingstsonntag: Zur Halbzeit war Dessau oben, am Ende nicht …

DRHV-Trainerlegende Uwe Jungandreas hat am vergangen Samstag nach fast elf Jahren im Amt das Dessauer Handball-Parkett verlassen.
DRHV-Trainerlegende Uwe Jungandreas hat am vergangen Samstag nach fast elf Jahren im Amt das Dessauer Handball-Parkett verlassen.
(Foto: Frank Neßler)

Doch Uwe Jungandreas ist mehr als nur dieser Weg mit Dessau: Der heute 63-Jährige führte einst Concordia Delitzsch von der dritten in die erste Liga, stieg mit dem SC DHfK Leipzig in die zweite Liga auf und stabilisierte vor Dessau 2013/2014 sogar den SC Magdeburg. Jetzt geht er nach Aue und will mit dem Club zurück in die Zweite Liga.

Meinem Kollegen Tobias Grosse, der mit Jungandreas vor dessen Abschied im Saisonfinale am vergangenen Wochenende gesprochen hat, sagte der Trainer: „Meine Berufung ist es ganz offensichtlich, ostdeutsche Traditionsvereine, die ein wenig in Schieflage geraten sind, wieder aufzuhübschen.“

Na dann, viel Erfolg im „hübschen“ Erzgebirge! Für den Handball in Dessau, wo jetzt der von Jungandreas 2021 selbst geholte Vanja Radic als Trainer übernimmt, wird es auf jeden Fall ein Sommer wie kein anderer seit 2014.

Das aber leider aus anderen Gründen: Dort wackelt der sicher geglaubte Klassenerhalt. Das Bundesgericht des Deutschen Handballbundes hat die Wertung des Spiels vom 27. April zwischen TuSEM Essen und dem Dessau-Roßlauer HV aufgehoben.

Die Mannschaft von Trainer Uwe Jungandreas hatte die Begegnung vom 29. Spieltag in Essen mit 28:27 gewonnen. Ohne diese beiden Punkte rutscht der Dessau-Roßlauer HV wegen des schlechteren Vorverhältnisses hinter dem ASV Hamm auf einen Abstiegsplatz.

Steigt Dessau-Roßlau auf dem Umweg über den Grünen Tisch tatsächlich noch ab?
Steigt Dessau-Roßlau auf dem Umweg über den Grünen Tisch tatsächlich noch ab?
(Foto: Marian Storch)

Jetzt steht ein Wiederholungsspiel bevor. Ich muss zugeben, dass ich dachte, die Sportgerichtsbarkeit könne mich nicht mehr überraschen. Und dass ich mich auskenne mit Grünen Tischen. Es war ein Irrtum.

Diese Entscheidung aber klingt nach Arbeitsbeschaffungsmaßnahme: Offenbar hat das Bundesgericht nicht genug zu tun. Denn wenn das, was zwischen Essen und Dessau passiert ist, eine spielentscheidende Fehlentscheidung war, ist alles, wirklich alles eine spielentscheidende Fehlentscheidung. Und kein Clubverantwortlicher irgendwo in Deutschland wird mehr guten Gewissens nach so einem Fehler auf einen Einspruch verzichten - wie es bisher absolut üblich war.

Das könnte eine Flut von Einsprüchen und eine ganze Menge Arbeit für eben jenes Bundesgericht bedeuten. Das dann diesen Sommer auch auf keinen Fall vergessen würde ...

Skifahren im Sommer? Zumindest die Erinnerung bleibt

Wissen Sie, was diesen Sommer noch einmalig macht? Kleiner Tipp: Das hat auch mit Sport zu tun – nur eben in der Schule. Oder eben nicht. Ja, stimmt: die Skikurse. Was einmalig an der Debatte über die Pläne von Eva Feußner (CDU) und ihres Bildungsministeriums ist? Wir reden im Juni übers Skifahren!

Und warum? Weil diese Pläne einen Nerv getroffen haben. Es ging nämlich meines Erachtens gar nicht darum, ob wir Ski-Unterricht in den Schulen wirklich brauchen. Ob er genauso wichtig ist wie Kernfächer.

Die Skikurse bleiben! Nach dem Gespräch bei Ministerpräsident Reiner Haseloff wurden die Pläne von Ministerin Eva Feußner korrigiert.
Die Skikurse bleiben! Nach dem Gespräch bei Ministerpräsident Reiner Haseloff wurden die Pläne von Ministerin Eva Feußner korrigiert.
Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Und auch die Frage, wie viele Unterrichtsstunden von Lehrern wirklich einzusparen sind, die in derselben Zeit anderswo händeringend gesucht werden, prägte nicht die Debatte, die der Kollege Hagen Eichler mit seinem Bericht über die Sparpläne der Regierung losgetreten hat.

Es ist etwas anderes – wie ich in der vergangenen Woche bereits an anderer Stelle erwähnt hatte: Wenig ist bei den Schülern vergangener Generationen hier aus ihrer damaligen Schulzeit so hartnäckig hängen geblieben wie dieses „Unterrichts-Erlebnis“. Kurven-Diskussion? Binomische Formeln? Vergessen Sie es! Der Skikurs von damals ist aber immer noch präsent.

Erinnerungen, die bleiben - wie des Skikurses am Gymnasium Carolinum in Bernburg.
Erinnerungen, die bleiben - wie des Skikurses am Gymnasium Carolinum in Bernburg.
(Foto: Timplan)

Ist das ein Argument dafür oder dagegen? Es ist Politik. Politik ist eine Frage von Emotionen. Und Emotionen entstehen durch Erinnerungen. Und deshalb ist es meines Erachtens folgerichtig, dass die Feußner-Pläne jetzt kassiert wurden – weil Politik nicht anders kann. Was das für die Ministerin selbst bedeutet, dazu überlasse ich Sie gerne dem Kommentar meines Kollegen Hagen Eichler.

Einen sportlichen Sommer, den Sie nie vergessen, wünscht Ihnen

Ihr Frank Klemmer