0340 Newsletter Dessau 13. Juni #106 Wie Sportrichter das Finale der zweiten Liga zu einer Farce machen und den DRHV in Probleme stürzen
Wie der Müntzer-Club für Jörn Kretschmer zu einer Lebensaufgabe wurde - Was es zum Open-Air-Auftakt im Dessauer Tierpark

„Es ist nicht wichtig, was die Leute über dich denken, wenn du kommst. Es ist wichtig, was die Leute von dir denken, wenn du gehst." Jürgen Klopp hat das vor ein paar Jahren gesagt. Uwe Jungandreas dürfte die Sätze lesen und zufrieden nicken.
Das letzte Saisonspiel zwischen dem Dessau-Roßlauer HV und dem Bergischen HC war dank der Fans ein beispielloser Handball-Abend fürs Handball-Herz. Bei dem manche Träne floss. Sogar bei Uwe Jungandreas, der diesen Abschied nach elf Jahren spürbar genoss und alles aufsog. Weil er inzwischen seinen Frieden mit der Entscheidung geschlossen hat.
Denn eines war am Wochenende ja fast in Vergessenheit geraten: Der Dessau-Roßlauer HV selbst hatte im November vergangenen Jahres die Trennung von Uwe Jungandreas zum Saisonende beschlossen. Der Sonnabend war auch für Manager Sebastian Glock ein schwieriger Abend.
Denn was bleibt, ist die Ungewissheit: War es die richtige Entscheidung, die abgesprochene Verjüngung auf der Trainerbank zu vollziehen und auf Vanja Radic zu setzen, obwohl Uwe Jungandreas gern weitergemacht hätte?
Die Antwort wird die neue Saison bringen. Nicht nach fünf Spieltagen und auch nicht nach zehn. Aber irgendwann muss sich zeigen, ob der Wechsel auf der Trainerbank neue Kräfte freisetzt.

Ob das in der zweiten Liga passiert, ist seit Donnerstag wieder offen. Das Bundesgericht des Deutschen Handballbundes hat entschieden, die Wertung des Spiels Essen gegen Dessau-Roßlau aufzuheben. Mit dramatischen Folgen. Ohne den 28:27-Auswärtssieg rutscht der DRHV auf den vorletzten Platz ab. Bei einer Niederlage im angeordneten Wiederholungsspiel wäre Dessau-Roßlau plötzlich abgestiegen.
In Essen hatte der DRHV nach einer Auszeit in den letzten drei Sekunden einen Spieler zu viel auf dem Parkett. Das Bundesgericht machte aus diesem Fehler, den Schiedsrichter, Zeitnehmer und Spielsekretär in übersahen, einen spielentscheidende Regelverstoß. Bislang ist so etwas fast immer als Tatsachenentscheidung durchgegangen. Und: Dessau-Roßlau wird für einen Fehler bestraft, der im Spiel selbst maximal zum 28:28-Ausgleich geführt hätte... Mit dem Punkt wäre der Klassenerhalt weiter sicher.
Wie nun eine sportlich faire Lösung gefunden werden kann, ist offen. Spieler und Trainer wurden verabschiedet. Fast alle Spieler sind längst im Urlaub. Von beiden Mannschaften. Essen hat zuletzt aus Mallorca gegrüßt.
Fritz Leon Haake beispielsweise bereitet sich mit der U21 auf die WM in Polen vor. Tillmann Leu zieht gerade nach Eisenach um, zu seinem neuen Verein. Und ganz am Ende braucht es auch eine Vorbereitung auf solch ein Spiel, damit sich keiner verletzt. Wer will das eigentlich alles verantworten?
Dazu kommt: Dessau-Roßlau hätte ohne den sicher geglaubten Klassenerhalt vielleicht auch die Spiele gegen Minden und den Bergischen HC anders bestritten. Wie TuSEM Essen auch. Das Team hat übrigens - mit dem sicheren Klassenerhalt im Rücken - das letzte Spiel in Hamm verloren und so die Qualifikation zum DHB-Pokal selbst verspielt, die man nun wieder erreichen will... Ein Chaos droht. Es gibt nur eine Lösung: Die nächste Saison muss mit 19 Mannschaften gespielt werden. Viele Grüße, Steffen Brachert
RÜCKBLICK
Dessauer der Woche
Den Dessauer Jugendklub „Thomas Müntzer“ gibt es seit nunmehr 30 Jahren am namensgebenden Standort in der Thomas-Müntzer-Straße 34. Ebenso lange wird der Klub von Jörn Kretschmer geleitet. „Ich bin mit meinem Klub in die Jahre gekommen“, weiß der inzwischen 60-Jährige. Aber jobmüde sei er nicht. „Die Kids halten mich jung und die Arbeit gibt mir Erfüllung.“
Der Klub ist beliebt. Die Besucher sind in den vergangenen 30 Jahren jünger geworden und sind heute zwischen 10 und 20 Jahre alt. Rebellisch und neugierig sei auch diese Jugend-Generation, sagt Kretschmer. „Aber sie haben heute viel mehr zu bewältigen, sind mit Problemen und Krisen konfrontiert, die sie beschäftigen und auch belasten.“ Das Team sieht sich als Vertrauensperson und Ansprechpartner.

Mitarbeiter und Jugendliche gehen offen miteinander um. „Wir nehmen jeden so an wie er ist, allerdings sind Regeln einzuhalten“, beschreibt Kretschmer die Maxime. Ein Miteinander der gegenseitigen Achtung sei die Hauptregel. Das funktioniert. „Wir mussten in den 30 Jahren nur drei Hausverbote aussprechen, ich finde, das spricht für uns“, sagt Kretschmer, der bei allen Veränderungen doch um einige Konstanten im Jugendklub-Alltag weiß. Die Erste: Kein Tag ist wie der andere, mit Überraschungen ist immer zu rechnen. Man weiß nie, was der Tag bringt. Die Zweite: Tischtennis gehört zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen.
Natürlich gibt es auch digitalen Freizeitspaß mit Tablets und PC. „Daran kommen wir nicht vorbei, aber wir versuchen mit analogen Angeboten gegenzusteuern“, so Kretschmer. Das funktioniere gut. Es gibt Holzarbeiten, Fahrradwerkstatt, Malen, Basteln. „Wir schaffen es, die Neugierde zu wecken, es auch mal zu probieren.“
MZ-Geschichten der Woche
+++Der Vor-Ort-Verein aus der Dessauer Wolfgangstraße ist Opfer eines professionellen wie dreisten Online-Betruges geworden. Die Täter haben das E-Mail-Konto des Vereins gehackt und eine Rechnung der Firma Ahlsa gefälscht. Die wurde bezahlt. 58.000 Euro sind weg, wie MZ-Kollegin Sylke Kaufhold erfuhr. Der Verein hat nun einen Spendenaufruf gestartet.

+++Nach dem Paddelunglück vom Donnerstag bei Brambach sind noch viele Fragen offen. Doch fest steht: Paddeln gehört laut Statistik neben Motor-, Rad und Flugsport zu den risikoreichsten Sportarten überhaupt. Wie das kommt und was man bei einer Tour auf der Elbe beachten muss, das hat MZ-Kollege Thomas Steinberg notiert. Er ist selber Mitglied der Junkers Paddelgemeinschaft in Dessau.
+++Ein gemeinsam von Dessau-Roßlau, Wittenberg und Coswig geplantes Industrie- und Gewerbegebiet nimmt langsam Gestalt an. Bis zu 4.000 neue Arbeitsplätze sollen nahe der A9 entstehen. Was eine neue Machbarkeitsstudie noch offenlegt und welche Bedenken bestehen, das hat sich MZ-Kollege Robert Horvath näher angeschaut.
+++Die Firma Goldbach Kirchner hat ihr zehnjähriges Standortjubiläum in der Kühnauer Straße 7 in Dessau mit einem Tag der offenen Tür gefeiert und sich als moderner Möbelbauer präsentierte. Das Sortiment hat sich im vergangenen Jahrzehnt komplett verändert, wie MZ-Kollegin Sylke Kaufhold erfuhr. Womit man nun erfolgreich ist.
AUSBLICK
Fest und Bühne
+++Das Anhaltische Theater startet im Dessauer Tierpark in seine Open-Air-Saison: Am Freitag und Sonntag, 19.30 Uhr, präsentiert die Anhaltische Philharmonie William Shakespeares weltberühmte Tragödie „Macbeth“ als düsteres Musikdrama. Dazwischen, am Sonntag, 19.30 Uhr, gastiert Götz Alsmann mit seinem Programm „Bei Nacht“ in Dessau.

+++Die dritte Spielzeit im Mitteldeutschen Theater in Dessau endet. Zur finalen Abschlussgala hat sich Dieter Hallervorden mit Angelika Mann, Dagmar Frederic, Rita Feldmeier und Harald Effenberg bewährte Mitstreiter eingeladen. Seit Donnerstag und bis Sonntag, 15. Juni, gibt es fünf Vorstellungen. Die Abende stehen unter dem Motto „Es darf gedacht und gelacht werden“. Weiter geht es in der Marienkirche dann Anfang September.
+++Das Sinfonieorchester Kiew ist am Sonnabend, 14. Juni, 19 Uhr, im Technikmuseum „Hugo Junkers“ zu Gast. Zum 60. Geburtstag des sachsen-anhaltischen Komponisten René Hirschfeld wird sein Klavierkonzert „nacht.wachen“ uraufgeführt. Außerdem gibt es „Mutterland“ von Thomas Buchholz, ein Konzert für Klavier und Orchester, zu hören.
+++Das traditionelle Hasenfest in Dessau-Siedlung geht am Samstag, 14. Juni, in die nächste Runde. Ursprünglich feierte der Stadtteil sein Fest rund um die Hasenplastik am Hasenwinkel. Seit 2023 ist der Lindenplatz der Austragungsort.
+++Zum 1. Simsontreffen im Naturbad Mosigkau lädt die Ostschmiede am Samstag, 14. Juni, in das Naturbad ein. Ab 10 Uhr können Moped-Begeisterte ihre eigenen motorisierten Zweiräder präsentieren oder die Gefährte anderer Hobbyisten bewundern. Der Eintritt mit Simson kostet zwei Euro, ohne drei Euro.
+++Vintage-Händler „Keep It Vintage“ lädt am Sonnabend, 14. Juni, von 12 bis 18 Uhr in den Dessauer Golfpark zum Stöbern ein. Je nach Qualität und Marke gibt es gibt es gut erhaltene Sachen zum Kilopreis – für 20, 40, 60 oder 80 Euro. Dabei gibt es, Mode verschiedener Stilrichtungen, Marken und Jahr zu entdecken.
+++Luthers Hochzeit“ wird an diesem Wochenende in Wittenberg gefeiert. Dass das Stadtfest eine Woche später als sonst üblich stattfindet, ist Pfingsten geschuldet. Gefeiert wird auch diesmal drei Tage lang. Von diesem Freitag an, dem tatsächlichen Hochzeitstag von Martin Luther und Katharina von Bora. Am 13. Juni 1525 trauten sie sich. Ab 17 Uhr wird deshalb in der Lutherstadt allerhand aufgeboten. Unter lutherhochzeit.de gibt es das komplette Programm.
Topf und Pfanne
+++Das „Brauhaus zum Alten Dessauer“ wird bei „Tripadvisor" 2025“ als bestes Restaurant in Dessau-Roßlau geführt. Dahinter folgen das „Orod“ in der Zerbster Straße, das „Tobi Ornot Tobe“ , das „Hugo“ im Golfpark und das Bistro im Bauhaus. Das beliebte „Teehäuschen“ hat es nur auf Platz 15 geschafft. Doch nicht nur deshalb hat die Liste Fragezeichen: Die „Waldschänke“ liegt auf Platz 27. Die aber hat seit dem vorigen Jahr geschlossen.
EINBLICK
Erfolgreichster Social Media Post der Woche
+++Ein Mann mit einer Pistole hat Pfingstsonnabend eine Tankstelle in Coswig überfallen - und eine dreistellige Summe erbeutet. Der 58-Jährige wurde wenig später in Roßlau gestellt. Der Facebook-Post mit der Geschichte erreichte 12.300 Personen.

Meist geklickter Beitrag der Woche
+++Nach einem Unfall mit vier Lkw auf der A9 bei Dessau-Ost war die Autobahn am vergangenen Freitag mitten im Pfingstreiseverkehr zwölf Stunden gesperrt. Auf den Umleitungsstrecken gab es lange Staus. Der Artikel interessierte viele Reisende - und hatte über 22.300 Aufrufe.
QUERBLICK
+++Nach 1933 ging für viele Bauhäusler das Leben in den USA weiter. Marcel Breuer, in Deutschland vor allem als Möbelbauer bekannt, fand auf Cape Cod sein Paradies. Jetzt will sein Sohn Breuers Sommerhaus verkaufen und gleichzeitig erhalten. Geht beides? Das hat der Deutschlandfunk für eine lange Reportage gefragt.
+++Ein hochwertiger Umschlag, offizieller Tonfall, persönliche Daten und eine Zahlungserinnerung in Höhe von fast 1.000 Euro: Als Helmut Prausner aus Bitterfeld den Brief öffnet, glaubt er zunächst an echte Post vom Gericht. Doch was wie ein amtliches Schreiben aussieht, entpuppt sich als raffinierter Betrugsversuch – ein perfides Beispiel für eine neue Welle von Abzocke mit falschen Gerichtsvollziehern, wie der MDR berichtet.
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