0340 Newsletter Dessau 12. September #119 War früher alles besser? Das Bauhausfest, als es noch ein Farbfest war, auf jeden Fall
Wie ein Motor-Tortwart zum Zeichner wurde - Warum am Technikmuseum nun ein großer Flügel steht

woran merkt man, dass man älter wird? Ein großes Indiz ist, dass man Sätze mit den Worten „Früher war...“ anfängt. Wobei: Manches war ja früher wirklich besser. Zum Beispiel: das Bauhausfest in Dessau.
Es ist als Farbfest groß geworden. Sehr groß. Die Bekanntgabe der neuen Jahresfarbe war Dessaus Murmeltiertag. Man freute sich und ging kurz den Kleiderschrank durch: Hängt da irgendwo etwas Grünes? Muss ich mir noch etwas Violettes kaufen? Und gibt es eigentlich silberne Hemden?
Das Farbfest selbst war dann etwas zwischen Volksfest und Klassentreffen. Das Bauhaus, das oft so fern war, war für einen Abend den Dessau-Roßlauern ganz nah. Man könnte fast denken, dass es einigen im Bauhaus zu nah war.
Nun ist es auch im größten Erfolg wichtig, sich zu hinterfragen und sich zu erneuern. In Berlin läuft da gerade ein spannendes Experiment. Die Handballer der Füchse Berlin sind vergangene Saison das erste Mal in ihrer Geschichte des Vereins Deutscher Meister geworden - und schafften den Einzug ins Champions-League-Finale. Dort war der SC Magdeburg eine Nummer zu groß.
Trotzdem: Es war die erfolgreichste Saison in der Berliner Geschichte - was Füchse-Chef Bob Hanning nicht daran hinderte, nach zwei Siegen zum Saisonauftakt den erfolgreichen Sportlichen Direktor Stefan Kretzschmar und den ebenso erfolgreichen Trainer Jaron Siewert herauszuwerfen. Damit die Füchse Berlin sich für die Zukunft besser aufstellen. Das erste Spiel danach endete mit einer hoch verdienten 32:39-Pleite. Gegen den SC Magdeburg. Die Füchse stehen unter dem neuen Trainer vor einer schwierigen Saison.

Das Farbfest in Dessau wollte sich auch erneuern - und verlor zuerst die Farbe, ohne besser zu werden. Es wurde theoretischer. Es wurde Eintritt verlangt. Und dann kam Corona. Und nun kam „100 Jahre Bauhaus in Dessau“. Das große Jubiläum, das „An die Substanz“ geht. Und das das Bauhausfest zum Debakel werden ließ. Noch in der Festnacht kursierten auf Facebook erste Bilder, die kurz nach Mitternacht rund um das Bauhaus eine trostlose Leere zeigen. „Früher...“
Ja. Das Bauhausfest wurde wieder mit dem Saisoneröffnungskonzert des Anhaltischen Theaters verknüpft. Allerdings nicht per Umzug. Im Tierpark wurde gefeiert - und dann zerfaserte der Abend. Zurück blieben viele enttäuschte Dessau-Roßlauer. Ist dem Bauhaus mit dem offiziellen Festakt etwa die Luft ausgegangen? Oder gar die Lust?
Ja. Sicherheitsaspekte machen Open-Air-Veranstaltungen schwierig. Zuletzt warfen gleich zwei Festorganisatoren hin. Doch die Stiftung Bauhaus ist nicht der Heimatverein Törten oder der Heimatverein Alten. Dass das Bauhaus im Jubiläumsjahr auf das eigene Fest faktisch verzichtet, ist einem 100. Geburtstag nicht angemessen. Das Farbfest verdient ein Comeback. Viele Grüße, Steffen Brachert.
PS: Urlaubsbedingt pausiert der Newsletter. Wir lesen uns wieder am 10. Oktober.
RÜCKBLICK
Dessauer der Woche
Von 1963 bis 1968 hütete er im Wechsel mit Wolfgang Klank das Tor bei BSG Motor Dessau, heute wieder als SV Dessau 05 bekannt. Klank war die Lichtgestalt bei der Schillerpark-Elf. Er war der erste Torhüter, der in den 1950er Jahren neu gegründeten DDR-Fußballnationalmannschaft. Doch richtig im Schatten stand Lothar Kujak nie. „Der Trainer hatte uns im Rotationsprinzip spielen lassen“, erinnert sich der heute 87-Jährige. Also muss genug Vertrauen da gewesen sein.
Nach der Torwart-Karriere folgten Trainerstationen bei Stahl Aken und Chemie Coswig. Doch im Laufe der Jahre ist es um Kujak ruhiger geworden, er selbst auch. „Im Mittelpunkt zu stehen, ist nicht mehr meins.“

Vergangene Woche stand Kujak im Mittelpunkt: Im Mitmachlokal in der Kavalierstraße eröffnete der ehemalige Torwart seine erste Ausstellung. Denn Kujak hat neben dem Sport seit frühester Kindheit noch eine andere Leidenschaft. Er zeichnet für sein Leben gern.
Kujak ist weniger ein Künstler, der versucht, eine eigene Note und Handschrift zu setzen, vielmehr ist er ein Beobachter und Chronist, der so realistisch wie möglich das Gesehene und Überlieferte abbilden möchte. „Ich bediene mich vieler historischer Dokumente, vor allem der Dessauer Häuserbücher, um Sachen zu Papier zu bringen“, erläutert Kujak, der in Breslau zur Welt kam, mit seiner Familie 1945 nach Oranienbaum floh und später nach Dessau zog.
Die Werke, die er auf zunächst unbestimmte Zeit dem Mitmachlokal überlässt, sind nur ein kleiner Ausschnitt seines Schaffens. „Tausende Werke in zahlreichen Ordnern haben sich im Laufe der Zeit angesammelt“, berichtet Kujak. Ab und zu kommen noch neue hinzu.
MZ-Geschichten der Woche
+++Ein rund siebeneinhalb Meter hoher Flügel ziert ab sofort den Eingangsbereich des Technikmuseums „Hugo Junkers“ in der Kühnauer Straße in Dessau. Warum der Weg dahin holprig war, am Tag der Aufstellung aber alles klappte, das hat sich MZ-Kollege Danny Gitter erklären lassen.

+++Der Altener Heimatverein wird das geplante Erntedank- und Angerfest am 4. Oktober nicht durchführen. Es ist nach dem Pflaumenkuchenfest in Törten die zweite Festabsage innerhalb weniger Wochen. Auch hier sorgt das Thema Sicherheit für hohe Anforderungen - und es gibt Probleme innerhalb des Vereins, erfuhr MZ-Kollege Danny Gitter.
+++Der Dessau-Roßlauer Stadtrat Paul Nolte hatte die ausländerfeindlichen Gesänge beim Schifferfest in Roßlau öffentlich gemacht. Ein Satz seiner Pressemitteilung sorgte allerdings für Diskussionen und - für einen Leserbrief seines Vaters. Nolte verteidigt sich.
+++In der Marienkirche ist in dieser Woche das Stadtentwicklungskonzept für Dessau-Roßlau von 2026 bis 2040 vorgestellt worden. Dabei kam es auch zu Protesten. Was Bürger erfahren und was sie sich gewünscht haben, das hat MZ-Kollege Robert Horvat notiert.
AUSBLICK
Fest und Bühne
+++In der Alten Schultheißbrauerei öffnet am Freitag, 12. September, 17 Uhr, die 16. BrauArt ihre Pforten. Gezeigt werden Werke von 38 Künstlern, darunter absolute Newcomer. Die Schau steht im 100. Jubiläumsjahr des Dessauer Bauhauses unter der Überschrift „Kunst:Stoff“ und kann bis zum 28. September besucht werden.

+++Bei der Kufa in Dessau wird am Freitag, 12. September, der Abschluss des Party Sommers gefeiert - mit „Atemlos“, einer Party-Cover-Band aus Sachsen-Anhalt. Der Einlass beginnt 19.45 Uhr. Die Party soll um 20.30 Uhr starten.
+++Der Dessauer Anglerverein hat eine lange Geschichte. Er wurde am 1. April 1885 als „Anglerklub 1885 Dessau “ gegründet und ist damit einer der ältesten Anglervereine in Deutschland. Mit 800 Mitgliedern ist er in der Muldestadt auch einer der großen Sportvereine. 140 Jahre Vereinsgeschichte sind ein würdiger Anlass, um zu feiern. Das geschieht am Sonnabend, 13. September, ab 10.30 Uhr im Anglerheim am Friederikenplatz 57.
+++Unter dem Motto „Von Feld bis Festzelt – hier wächst Gemeinschaft“ wird ab Freitag, 12. September, in Mildensee das Nordmannfest gefeiert. Los geht es am Freitag mit dem Einzug der Erntekrone auf dem Festplatz (17.45 Uhr), der Abend gehört „Simple Sing & Friends“ (20 bis 1 Uhr). Am Samstag gibt es ab 11 Uhr rund um den Anger verschiedene Stände und einen Flohmarkt, am Sonntag, ab 11 Uhr. Ab 20 Uhr beginnt im Festzelt „Die Mildenseer Zeitreise“. Am Sonntag dürfen diesmal auch nicht das Dackelrennen (13 Uhr) und das Schlauchbootrennen (14.30 Uhr) fehlen. Um 14 Uhr werden auf der Bühne des Festplatzes Gemälde eines Mildenseer Hobbymalers versteigert. Die Erlöse der Auktion fließen in das nächste Fest, welches ein besonderes wird. 2026 gibt es die 50. Auflage des Bauernmarktes.
+++Frisches Brot aus dem historischem Backofen gibt es wieder am Samstag, 13. September, in Streetz zu genießen. Zum 24. Mal wird der alte sanierte Backofen am Dorfteich in Streetz vom Backofenverein angefeuert. Neben dem frischgebackenen Brot können sich Besucher zwischen 9 und 15 Uhr auch auf selbstgebackenen Kuchen, Getränke und Grillgut freuen. Zudem gibt es einen kleinen Markt mit regionalen Händlern.
+++Gitarrist Markus Segschneider ist am Samstag, 13. September, um 19.30 Uhr wieder einmal zu Gast in der Villa Krötenhof. Der Kölner ist bislang bei vielfältigen musikalischen Projekten in Erscheinung getreten, so zum Beispiel als Mitglied diverser Bandformationen, als Studiomusiker, Arrangeur und Komponist. Außerdem produziert er Musik für Fernsehen und Rundfunk – von Jazz über Folk, Pop und Funk.
Topf und Pfanne
+++Eigentlich war die Eröffnung schon im August geplant. Doch die Arbeiten zogen sich. Am Montag, 15. September, ist es nun soweit. Der „Alibaba“-Nachfolger „Mola“ öffnet in der Zerbster Straße seine Türen und setzt in Sachen Döner vor allem auf sein frisch gebackenes Somun-Brot.
+++Das Forsthaus „Leiner Berg“ lädt am Wochenende gleich doppelt ein: Freitag und Sonnabend, 13. und 14. September, wird von 13 bis 18 Uhr das Weinfest 2025 mit der Weinmanufaktur Johannes Zwicker gefeiert. Am Sonntag, 14. September, ist zudem der Südtiroler Schlagerexport „Sunrise Live“ von 15 bis 16.30 Uhr im Gartenreich zu Gast. Karten gibt es im Vorverkauf.
EINBLICK
Erfolgreichster Social Media Post der Woche
+++An der Kreuzung an der Aral-Tankstelle im Dessauer Westen hat es am Montag einen schweren Unfall gegeben. Nicht den ersten. Der Facebook-Post dazu erreichte 14.200 Personen.

Meist geklickter MZ-Beitrag der Woche
+++Ab dem 24. September kappt die Deutsche Bahn die wichtige Fernverkehrsstrecke zwischen Berlin und Bitterfeld und nimmt Wittenberg vom Bahnnetz. Welche Linien betroffen sind und warum durch Dessau dann ICE fahren, aber nicht halten, das wollten vergangene Woche 24.300 Personen wissen.
QUERBLICK
+++Dessau steckt voller Überraschungen, nicht nur mit dem Bauhaus, sondern auch mit richtig guten Restaurants!? Das sagt #hinReisend-Reporter Jonas Juckeland, der auf einen Foodtrip durch die Stadt gegangen ist und dabei sieben besondere Cafés und Restaurants entdeckt hat. Das halbstündige Ergebnis kann man sich hier ansehen.
+++„100 Jahre Bauhaus in Dessau“ lockt auch internationale Journalisten an. Für den englischen „Guardian“ hat nun Kate Mann die Stadt besucht und ihre Erlebnisse unter der Überschrift „‘It landed like an alien spaceship’: 100 years after Bauhaus arrived, Dessau is still a magnet for design fans“ veröffentlicht.
+++Viele kleine Gasthäuser auf dem Land mussten in den letzten Jahren aufgeben. Das Kartoffelhaus im Coswiger Ortsteil Cobbelsdorf hat sich behauptet – unter anderem wegen des Erfolgs beim Lieferservice, berichtet der MDR.
MZ-FOTO DER WOCHE

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