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AfD-Einstufung als „gesichert rechtsextrem“ Sachsen-Anhalts Verfassungsschutz verdoppelt Anzahl der beobachteten Rechtsextremisten

Sachsen-Anhalts Verfassungsschutz hat doppelt so viele Rechtsextremisten unter Beobachtung wie noch vor einem Jahr. Das erklärte Behördenchef Jochen Hollmann am Mittwoch in Magdeburg. Das hat vor allem mit der Radikalisierung der AfD zu tun.

Von Jan Schumann Aktualisiert: 22.05.2024, 15:32
Sachsen-Anhalts Verfassungsschutzchef Jochen Hollmann
Sachsen-Anhalts Verfassungsschutzchef Jochen Hollmann (Foto: dpa/ Klaus-Dietmar Gabbert)

Magdeburg/MZ - Sachsen-Anhalts Verfassungsschutz hat doppelt so viele Rechtsextremisten unter Beobachtung wie vor einem Jahr. Das sagte Behördenchef Jochen Hollmann am Mittwoch auf einer Tagung in Magdeburg und begründetet dies mit der Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextrem“ im vergangenen November.

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Durch die Radikalisierung der Partei sei das rechtsextremistische Personenpotenzial in Sachsen-Anhalt „stark angestiegen“, erklärte Hollmann. „Die Zahlen werden sich insgesamt mehr als verdoppeln.“ Im Verfassungsschutzbericht 2023 war der Nachrichtendienst noch von rund 1.270 Rechtsextremisten ausgegangen.

Auch Anzahl der Reichsbürger steigt weiter an

Hollmann betonte angesichts der Zahlen, es sei nicht die Gesellschaft als Ganzes, die sich radikalisiere: Stattdessen geschehe diese Entwicklung an den politischen Rändern. Auch die Zahl der vom Verfassungsschutz beobachteten „Reichsbürger“ sei 2023 gestiegen, betonte Hollmann. Konkrete Zahlen nannte er nicht, sie sollen im Juni im Verfassungsschutzbericht dargelegt werden.

Der Behördenchef betonte, noch im Jahr 2020 seien im Land 500 „Reichsbürger“ bekannt gewesen, zwei Jahre später bereits 650. Anhänger der Szene erkennen die Bundesrepublik nicht als legitimen Staat an.

Hollmann: Antisemitismus nicht nur unter Rechtsextremisten verbreitet

Mit Blick auf die aktuelle Sicherheitslage in Sachsen-Anhalt warnte der Verfassungsschutz-Chef davor, die Verbreitung judenfeindlicher Einstellungen und Denkweisen in Deutschland zu unterschätzen. Häufig werde Antisemitismus ausschließlich Rechtsextremisten zugeschrieben, so Hollmann. Aber: „Seit vielen Jahren weisen wir auf die Tatsache hin, dass antisemitische Feindbilder und Verschwörungstheorien nicht nur von Rechtsextremisten und Reichsbürgern verbreitet werden, sondern in allen Phänomenbereichen des politischen Extremismus vorkommen.“

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Der Chef des Nachrichtendiensts nannte in diesem Zusammenhang insbesondere die islamistische und linksextreme Szene.

Hintergrund: Die Zahl judenfeindlicher Straftaten hat sich im vergangenen Jahr in ganz Deutschland verdoppelt. Laut Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zählten Polizeibehörden 2023 gut 5.160 antisemitische Straftaten, davon wurden gut 3.000 der rechtsextremen Szene zugeschrieben.

Leichter Rückgang judenfeindlicher Straftaten in Sachsen-Anhalt - trotzdem "auf hohem Niveau"

In Sachsen-Anhalt seien rund 130 judenfeindliche Straftaten registriert worden, sagte Hollmann am Mittwoch. Dies sei zwar ein leichter Rückgang im Vergleich zum Vorjahr, sei aber dennoch „auf hohem Niveau“. Insbesondere infolge des Hamas-Terrorangriffs auf Israel am 7.Oktober war die Zahl antisemitischer Straftaten und Schmähungen sprunghaft angestiegen.

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Hollmann betonte, fast alle islamistischen Organisationen in Deutschland würden judenfeindliches Gedankengut hegen und verbreiten. Zwar seien weder Sachsen-Anhalt noch Ostdeutschland Schwerpunktregion des Islamismus, so Hollmann, aber: „In Reaktion auf den 7. Oktober haben auch Islamisten aus Sachsen-Anhalt in den sozialen Medien gewaltverherrlichendes, antisemitisches Propagandamaterial verbreitet.“ Darin sei der Terrorangriff der Hamas auf Israel „glorifiziert“ worden. In linksextremen Kreisen werde Israel indes als „Apartheidsstaat“ verunglimpft, der palästinensische Gebiete „kolonialistisch“ ausbeute.

Zwei Anschlagsdrohungen auf jüdische Einrichtungen im Land seit Oktober 2023

Verfassungsschutz-Chef Hollmann schilderte, infolge des 7. Oktober habe es in Sachsen-Anhalt einen „signifikanten Anstieg“ von Sachbeschädigungen durch antisemitische Schmierereien gegeben. „In zwei Fällen kam es zudem zu Anschlagsdrohungen gegen jüdische Einrichtungen“, sagte der Leiter des Nachrichtendienstes.