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Inklusion in Kayna Inklusion in Kayna: Rechnen, zuhören, helfen

Von Julia Reinard 11.04.2014, 16:47
Ines Heber unterstützt im Unterricht der zweiten Klasse an der Kaynaer Grundschule „Schnaudertal“.
Ines Heber unterstützt im Unterricht der zweiten Klasse an der Kaynaer Grundschule „Schnaudertal“. Hartmut Krimmer Lizenz

Kayna/MZ - Auf dem Schulhof flitzen Mädchen zu einer Frau, umarmen und umringen sie. Zwei von ihnen sind Laura und Vanessa, Erstklässlerinnen. Die Frau, die sie jetzt fragen, wie man ein Blatt Papier so falten kann, dass man es auf- und zuklappen kann, ist Ines Heber. Sie ist weder Lehrerin, noch Erzieherin, sie wird gerade Inklusionscoach.

Bezeichnung und Projekt haben sich die Kösa und der Internationale Bund ausgedacht. 24 Frauen und Männer haben sie im Burgenlandkreis dafür gesucht und ausgewählt. Seit einem halben Jahr sind sie aktiv: Im zweiwöchigen Rhythmus lernen sie beim Internationalen Bund Theorie und Umgang mit Kindern, Krankheiten, Störungen. In den anderen Wochen sind sie an Grundschulen eingesetzt.

Ines Heber macht die Pausenaufsicht an der Grundschule „Schnaudertal“ in Kayna mit. „Sie übt immer mit uns“, erklärt Erstklässlerin Laura ihre Begeisterung. Genau das soll Ines Heber auch: Die Lehrer in ihrer Arbeit unterstützen. Sie hilft einzelnen Schülern, aber geht auch durch die Klasse, um hier und dort mitzurechnen, Fragen zu beantworten, beim Schreiben zu helfen.

Breitenbach lässt die Schüler entdecken

Schulleiterin Helgard Breitenbach ist zufrieden mit ihrem Inklusionscoach: „Es ist wichtig, jemanden zu haben, der da ist, wenn man ihn braucht.“ Sie unterrichtet selbst, heute die zweite Klasse im Fach Mathe. Die Multiplikation der Acht steht auf dem Unterrichtsplan. Bevor es losgeht, spricht Helgard Breitenbach mit Ines Heber - ihr sei es lieb, wenn sie sich heute besonders um Valentin kümmert. Ines Heber nimmt auf einem Stühlchen neben dem Jungen Platz. Er war in der Kur und hat deshalb Unterricht verpasst.

Helgard Breitenbach lässt die Schüler entdecken, welche Ergebnisse die Achter-Reihe bei der Multiplikation bringt. Schreibt an, was gesagt wurde. Valentin hört zu, studiert das Ergebnis an der Tafel, vergisst aber darüber, mitzuschreiben. Daran erinnert ihn Ines Heber: „Fünf, ja, fünf Mal acht, genau. - Sind? - 40! - Richtig.“

Ines Heber hat nie Pädagogik studiert. Sie hat Klavierbau gelernt, doch für den Beruf fehlte nach der Wende die Nachfrage. Seitdem habe sie mehrere Nebenjobs gehabt, arbeitet zur Zeit auch als Eisverkäuferin. Sie bestätigt: „Nichts davon hat mit Pädagogik zu tun, das kam erst durch meinen Sohn.“ Der habe Schwierigkeiten beim Lernen gehabt, darüber sei ihr Interesse an dem Thema entstanden. Als sie vom Jobcenter gefragt wurde, ob sie sich vorstellen könnte, an der Maßnahme zum Inklusionscoach teilzunehmen, sei sie gleich begeistert gewesen.

Projektteilnehmerin lobt die Arbeit

Sie ist 45 Jahre alt und würde sich freuen, wenn die Arbeit nach dem Jahr, in dem das Projekt läuft, fortgesetzt würde. Einerseits, weil ihr die Arbeit Freude bereitet: „Es macht mir sehr viel Spaß, auch, weil man sieht, dass es etwas bringt.“ Das ist auch schon das Andererseits: Ihre Arbeit wird wertgeschätzt. Sie berichtet, dass eine Mutter auf sie zugekommen sei und für die Arbeit mit ihrem Sohn gedankt habe.

Aber nicht nur die Projektteilnehmerin lobt die Arbeit, auch die Fachkollegin tut das. Schulleiterin Helgard Breitenbach würde das Projekt gern auf täglich und langfristig ausweiten: „Es wäre schön, wenn sie täglich da wäre. Die Kinder mit Bedarf sind es ja auch. Für uns Lehrer ist das eine Erleichterung.“ In ihre Schule gehen derzeit 58 Kinder, Ines Heber ist vor allem in den Klassen Eins und Zwei eingesetzt. Aber eben nur alle zwei Wochen - und nur bis Herbst.

Alle wünschen sich, dass die Inklusionscoaches danach angestellt werden. Sabine Hänel ist Geschäftsführerin der Kösa und mit diesem Projekt befasst. Sie sieht für die Fortführung die Politik in der Pflicht: „Wir können nur etwas anstoßen. Dass es weitergeht, dafür sind andere Partner gefragt.“

Der Anstoß war, zu zeigen, dass solche Helfer nötig sind. Aber auch, zu zeigen, dass Langzeitarbeitslose mit Zusatzqualifikation diese Arbeit leisten können. Vorteil für künftige Arbeitgeber ist: Deren Stundensatz läge nicht so hoch wie der von Pädagogen mit Uni-Abschluss. Der größte Vorteil ist aber eine Notwendigkeit: Deutschland hat sich verpflichtet, Menschen mit Handicap inklusive Beschulung zu ermöglichen. Kinder mit Förderbedarf gibt es an Grundschulen immer mehr - dass sie gut mitkommen, dafür können Inklusionscoaches sorgen.

Auf dem Schulhof ist Ines Heber sehr gefragt.
Auf dem Schulhof ist Ines Heber sehr gefragt.
Hartmut Krimmer Lizenz