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Kurfürst auch durch das Reichsgesetz

Von Karina Blüthgen 26.04.2006, 16:12

Wittenberg/MZ. - In der Schlosskirche führte Gruhl eine große Gruppe Interessierter, zumeist Mitglieder des Wittenberger Heimatvereins, zu Spuren des Askanierherzogs von Sachsen-Wittenberg, der mit der 1356 durch Kaiser Karl IV. verfassten "Goldenen Bulle", einem deutschen Reichsgesetz, offiziell die Kurfürstenwürde zugesprochen bekam.

In der Schlosskirche finden sich nur wenige Zeugnisse der Askanier und kein direktes von Rudolf I. So griff Gruhl auf in Stein, Bronze und Glas festgehaltene Geschichte zurück, etwa das Wappen von Kurfürst Friedrich dem Weisen auf dessen Grabplatte. Und da Wappen auch immer ein Stück Historie erzählen, finden sich darin natürlich die Kurschwerter und so genannte Hörner, die die Erzmarschallwürde (ein Hofamt) anzeigen. Beides war Rudolf zugesprochen worden. "Rudolf I., so heißt es im Brockhaus, sei der bedeutendste der Herzöge und Kurfürsten im askanischen Hause gewesen", erklärte Bernhard Gruhl. Nachdem Rudolfs Vater Albrecht II. 1298 gestorben war, lenkte zunächst bis zur Volljährigkeit des Sohnes seine Mutter Agnes, eine gebürtige Habsburgerin, einige Jahre die Geschicke des

Landes. Rudolf ließ die Allerheiligenkapelle erbauen (an ihrer Stelle steht die heutige Wittenberger Schlosskirche).58 Jahre hat Rudolfs Regentschaft gedauert, eine für damalige Verhältnisse lange Zeit. Rudolf ist auch relativ alt geworden, zwischen 75 und 80 Jahre. Während die Gebeine von Rudolf I. bereits um 1544 aus dem Franziskanerkloster in die Schlosskirche umgebettet wurden und etwas südlich des Altars liegen sollen, wurden die sterblichen Überreste der übrigen Askanier-Familie 1883 in die Schlosskirche gebracht.

Eine Gruft unter der Eingangshalle nahm die Särge auf. Mit dem Neubau der Schlosskirche stiftete Kaiser Wilhelm II. 1891 eine Bronzeplatte, auf der die Namen der dort Begrabenen festgehalten sind. "Rudolf I. findet sich dort nicht, er hat ja eine andere Grabstelle", so Gruhl. Es heißt, sein Grab sei bei der Umbettung 1883 leer gewesen.

Bereits 1537 / 38 waren zwei Grabplatten aus askanischer Zeit in die Schlosskirche geschafft worden, da die Klosterkirche zum Kornmagazin umgewidmet werden sollte. (Anmerkung: Stefan Rhein führte wenige Stunden später in einer Lesung aus, dass die Verlegung der Grabplatten Philipp Melanchthon veranlasst hat.) "Die Inschrift sagt, dass Rudolf II. mit seiner Ehefrau Elisabeth abgebildet ist", erklärte Gruhl. "Aber man wird sich Rudolf I. wohl auch so ähnlich vorstellen können - mit Herzogs- oder Kurhut und in Rüstung."