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Freitag der 13. hat für viele seinen Schrecken verloren

Von JONAS JANSEN 12.02.2009, 17:02

WITTENBERG/MZ. - "Ich hätte es gar nicht mitbekommen, mich interessiert dieser Aberglauben nicht." Talismane seien eine ganz witzige Sache zu Silvester, aber sich wegen einer Zahl zu fürchten, halte er für übertrieben.

Da würden ihm andere Menschen aber ganz schön was erzählen. Im Rennzirkus der Formel 1 gibt es kein Fahrzeug mit der Nummer 13, viele Fluglinien verzichten auf die 13. Sitzreihe, in manchen Hochhäusern sucht man vergeblich den 13. Stock. Mutig, sehr mutig ist derjenige, den es kalt lässt. Denn die Dreizehn überschreitet das geschlossene 12er-System der göttlichen und zeitlichen Ordnung (zwölf Apostel, zwölf Monate) und beschäftigt als Primzahl so manchen Verschwörungstheoretiker. Der Mythos mit dem Freitag und der 13 hat auch seine Geschichte. So hatte der Börsencrash, der Schwarze Freitag im Jahr 1929, an einem 13. seinen Höhepunkt. Und Apollo 13, die unglückselige Raumfähre, startete an einem Freitag.

Die Wittenberger kümmert das nicht. "Ich bin gar nicht abergläubisch", meint Melanie Haseloff, Mutter von zwei Kindern. Auch bei der Polizei in der Lutherstadt glaubt man nicht an einen Unglückstag. "Aus Erfahrung kann ich sagen, dass am Freitag dem 13. nicht mehr Unfälle passieren als an anderen Freitagen", erklärt Helmut Puhlmann, Sachbearbeiter für Verkehrsorganisation. Eher wirke sich die Witterung auf die Unfallzahl aus. Klingt logisch. Warum also Angst haben?

Sicher ist sicher, sagt sich Franco Favara. "An diesem Tag sollte man einfach mit Frau und Kind zu Hause bleiben und kein Risiko eingehen", sagt der italienische Kellner. Dabei gilt in Italien eigentlich Freitag der 17. als Unglückstag. Je nach Region sucht das Pech sich seine Tage offenbar aus. Der Mensch ist anpassungsfähig.

Der nächste Freitag der 13. kommt übrigens schon im März, doch die Schornsteinfegerinnung kehrt die Bedeutung einfach um. Schornsteinfeger bringen Glück, und so steht an besagtem Freitag im März der "Tag des Feuermelders" im Kalender. Da verteilen Schornsteinfeger kostenlos Feuermelder, die zum Beispiel Kindergärten sicherer machen sollen. Rainer Schubert (parteilos), Bürgermeister von Kemberg und Bezirksschornsteinfeger, sieht den Glücksfaktor seiner Kollegen aber nicht nur an Tagen wie heute. "Der Schornsteinfeger ist ein ganzjähriger Glücksbringer." Dass Menschen gerade am Freitag den 13. Schornsteinfeger berührten, um Glück zu bekommen, könne er nicht bestätigen. Also ein weiterer Punkt für die Gegner der Freitag-der-Dreizehnte-Hysterie. "Es kommt aber schon vor, dass Leute uns berühren wollen, bevor sie Lotto spielen", sagt Schubert. Ein gewisser Aberglaube begleitet die Menschen also doch.

Die Lottoannahmestellen versuchen, den Tag heute auch zu nutzen. "Der Dreizehnte ist der Lottoglückstag, da gibt es Glückspfennige zum Los dazu, und wir schmücken unser Geschäft mit Luftballons", so Ute Heerda, die seit 24 Jahren in der Wittenberger Jüdenstraße Lottoscheine verkauft. Auch in Gräfenhainichen weiß man den Tag zu nutzen. Dietmar Bebber: "An solchen Tagen kaufen die Leute wesentlich mehr Lottoscheine."

Alexander Weigelt weiß, warum. Der Wolfener spaziert mit seiner Frau durch Wittenberg. "Es ist ja klar, jeder dreht die Tage so hin, wie sie sich am Besten vermarkten lassen. Natürlich verkaufen die Lottostellen die Unglücks-Freitage als Glückstag."

Ja, Schwarzseher haben in der Region einen schweren Stand. Um sie herum nur Glückskinder und Aberglauben-Resistente. Schlimmer trifft es nur Patienten mit "Paraskavedekatriaphobie". Diese Krankheit ist die brutalste Form des Aberglaubens. Denn Betroffene trauen sich am Freitag dem 13. nicht mal aus dem Bett. Hier könnte nur Fortuna helfen. Mit sechs Richtigen im Lotto wären die von Panik Betroffenen wohl für immer geheilt.