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Die Mausefalle und viel mehr

Von WOLFGANG GRAHL 25.02.2010, 19:32

GRÄFENHAINICHEN/MZ. - Da zudem kaum Stühle unbesetzt blieben, wurde es ein kurzweiliger Abend. Die engagierten Vorstandsmitglieder des Vereins (Roland Lück, Bernhard Krüger, Rolf Hennig, Matthias Riemenschneider und Peter Pätz) hatten selbst für alteingesessene Gräfenhainichener Etliches aus der Erinnerungskiste gekramt. So begrüßte Vereinsvorsitzender Roland Lück die Gäste mit der launigen Feststellung, dass es sich hier um einen "jungen Gräfenhainichener Verein mit älteren, aber im Herzen jung gebliebenen Mitgliedern" handele. Ziel sei es, das alte Handwerk "als Zeitzeuge von unwiederbringlichem Wert" zu erhalten. Und so etwas gehe einher mit "wieder gefundenem Heimatgefühl" samt einer Menge von "Entdeckerfreuden" und, wie der Vorsitzende schmunzelnd gestand, einem bisschen "Abenteuerlust und dem Ausleben des Spieltriebs".

Das alles und wie sich zeigte noch viel mehr ist nur rund 100 Meter von der Bibliothek entfernt im Gebäudekomplex Marktstraße 10 erlebbar. Ein Haus mit aufregender Vergangenheit, geprägt von den Eigentümern, der Familie Reinhard. Die Bauschlosserei- und Schmiedewerkstatt wurde in der heutigen Form im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts von August Reinhard (Senior) eingerichtet. Als der am 3. September 1924 starb, war Tochter Marianne gerade erst ein Jahr alt. Der Werkstattbereich lag brach, vegetierte mal abgesehen von ein paar Neugierigen, so vor sich hin. Marianne Reinhard betrieb Jahrzehnte eine Eisenwarenhandlung, zuletzt ein Spielzeugwarengeschäft, heiratete spät, hieß dann Gölicke und starb im vorigen Jahr. Erben gab es nicht. Matthias Riemenschneider erinnerte an erste Kontakte mit Frau Gölicke: "Es wurde eine lange Nacht. Sie wollte, dass möglichst viel der Nachwelt erhalten bleibt, das Vermächtnis des Vaters erfüllen." Entrosten, Aufräumen,Sortieren. Im März 2006 konnte die alte Schmiede erstmals im Rahmen der Erlebnisnacht den Gästen vorgestellt werden. Am 19. November 2008 hatte sich dann ein knappes Dutzend interessierter Menschen gefunden, und die Vereinsgründung war perfekt. "Frau Gölicke hat die ersten Monate danach noch erlebt. Als Ehrenmitglied wird sie bei uns immer einen Platz haben", sagte Riemenschneider. Ein von Rolf Hennig gefertigtes Video machte es den durchaus emotional reagierenden Veranstaltungsbesuchern noch einmal möglich, eine Frau zu erleben, der in Gräfenhainichen dank ihrer aufgeschlossenen Lebenseinstellung ein hohes Maß an Ansehen zuteil wurde. Inzwischen ist der Verein Eigentümer der Immobilie, die Mitgliederzahl nähert sich dem dritten Dutzend, und Pläne existieren noch in viel reichlicherer Zahl. Der Grund ist plausibel. "Das Haus war einfach eine Fundgrube", stellte Lück fest und spricht von alten Kochbüchern, diversen Haushaltsgeräten, Werkzeug und anderem. "Wir haben da einiges vor", schließt der Vereinsvorsitzende, schon mal neugierig machend.

Riemenschneider hatte gleich noch einen Beleg in dieser Richtung dabei. Eine 1890 patentierte und bis 1970 gefertigte Mausefalle, die er prompt zur Freude der Veranstaltungsbesucher in aller Ausführlichkeit - aber ohne Nagetier - vorführte.