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«Bitte nicht in die Kamera schauen»

Von Raimund Leonhardt 05.05.2006, 16:28

Libehna/MZ. - Am Freitag standen Edith Borchert, Stefan Lander und die Bockwindmühle von Libehna vor der Kamera von Peter Glotz. Der Berliner gehört zu dem dreiköpfigen Team von Sven Ihden. Der 40-Jährige ist Autor und Regisseur des Beitrages in einem. Für den richtigen Ton ist Sylvio Reichenbach zuständig. "Edith, wir sind soweit", ruft Kameramann Peter Glotz nach seiner Hauptdarstellerin. "Ich bin immer bereit" erwidert die stets für einen Spaß aufgelegte Rentnerin und eilt zum Drehort. Das Script sieht an dieser Stelle ein Gespräch von Frau Borchert mit dem Müller Stefan Lander vor. Dieses soll in der "Kombüse" der Mühle stattfinden, einem winzigen Raum in dem zwei Leutchen gerade so Platz haben.

"Worüber sollen wir uns den jetzt bloß unterhalten?" ist die Hauptdarstellerin etwas ratlos. Der Ruf nach dem Autor erschallt, der auch Rat weiß: "Plaudern sie einfach aus dem Nähkästchen", meint er, "über die Renovierung der Mühle, ihre Geschichte."

Darüber wissen Lander und Edith Borchert bestens bescheid. Haben sie doch an einem der wichtigsten Kapitel der Windmühle - ihrer Rettung und Bewahrung - intensiv mitgeschrieben. "Mit 16 ist er von Halle zu uns rüber gekommen und hat sich um die Mühle gekümmert", weist Frau Borchert auf ihren Gegenüber in der blauen Latzhose. Lander ist heute 32 und kann mit der Mühle nicht nur Korn mahlen. "Wir können hier auch Schrot quetschen und Körner für die Hühner reißen", erklärt Edith Borchert die Vielseitigkeit ihres Objektes, um das sich ein ganzer Mühlenverein kümmert. Lander selbst hält mittlerweile vier Windmühlen unter seinen Fittichen und gilt als Experte auf dem Gebiet. Autor Sven Ihden hat am Drehort "Landkreis Köthen" neben der Schönheit der Landschaft - die Mühle Libehna versinkt gegenwärtig in einem gelben Meer aus Butterblumen und Lupinenblüten - die Vequickung von Geschichte und Gegenwart gereizt.

Erste Recherchen gab es schon auf der Tourismus-Messe. "Wir wollen nicht nur im Museum drehen, über Bach, Naumann oder Hahnemann berichten, sondern zeigen, wie die Menschen heute damit umgehen", beschreibt Ihden seine Absichten mit diesem "Bilderbuch". So erlebte die Film-Crew am Donnerstag die Geburt eines Fohlens im Gestüt Radegast mit. "Das klappte, weil wir ständig auf 'Stand by' waren", erklärt Ihden in der Sprache der Filmleute. Am Sonnabend werden die Männer mit den Ornithologen in und um Aken drehen. "Im Kasten" haben sie bereits ein Porträt über Martha Schütte, die "das Hahnemann Erbe mit Leben füttert und total in Köthen verknallt ist", erzählt Ihden. In Libehna werden jetzt noch ein paar Nebendarsteller gesucht. Mit dem Auto bringt die Tochter von Frau Borchert einige junge Männer vom Mühlenverein heran, die zufällig im Dorf gerade das Bushäuschen renovieren. "Sie sollen nicht in die Kamera schauen. Wir sind gar nicht da", gibt Ihden schon mal eine Regieanweisung weiter. Damit die Mühlenflügel im Film auch kreisen, mussten sie von den "Müllerjungs" nach Osten gedreht werden, weil der Wind am Freitag von dort blies, während er sonst meistens aus Richtung Westen unter die Flügel fährt.

"Bilderbuch Deutschland" aus Köthen am 11. Juni um 13.45 Uhr in der ARD.