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Eisen-Schmidt seit hundert Jahren

Von Heidemarie Grzech 30.09.2004, 16:46

Coswig/MZ. - 1905 erlangte Albert Schmidt den Bürgerbrief, wurde vollwertiger Bürger der Stadt Coswig. In den nachfolgenden Jahren bemühte er sich, um mehrere Schaufenster zu installieren, er vergrößerte die Lagerräume. Nach der Inflation setzte eine Bautätigkeit in der Stadt und den umliegenden Dörfern ein.

Schmidt führte in seinem Geschäft nun auch Träger, Gasrohre, Bleche, Hufeisen und landwirtschaftliche Geräte. Erstmals kam 1938 ein Lkw Opel Blitz zum Einsatz, der aber mit Kriegsbeginn eingezogen wurde.

In der schweren Zeit nach dem Ende des 2. Weltkrieges fehlte es an allem. Horst Schneider, der Enkel von Albert Schmidt, absolvierte in diesen Jahren seine Lehrzeit. Während dieser Zeit half er seinem Großvater, notwendige Artikel zu besorgen, durch direkten Kontakt mit Lieferanten. Da unternahm er sogar "Spaziergänge" in die "Westzone" um an Rasierklingen für die Kundschaft zu kommen. Der direkte Kontakt zu Lieferfirmen war auch in der DDR-Zeit eine wichtige Geschäftsgrundlage. Viele Kilometer legte der Betriebs-Barkas zurück, um von der Kundschaft gewünschte Ware zu holen.

Am 1. Juli 1955 übergab Albert Schmidt mit 77 Jahren das Geschäft an seine Tochter Dorothea. Ihr Sohn Horst wurde mit der Geschäftsführung betraut. Sein Vater Eduard Schneider stand ihm bis 1971 zur Seite. Um seine Existenz abzusichern, beantragte Horst Schneider eine staatliche Beteiligung. Nach der Wende kostete es viel Energie, die staatliche Beteiligung bei der Treuhand abzulösen.

In all den Jahren war "Eisenschmidt" Anlaufstelle, wenn etwas dringend benötigt wurde. Dort fand man die passende Schraube und die Mutter dazu, die Nägel in richtiger Länge und auch noch fachmännische Beratung. Es gab sogar die "Gewichte für die Wasserwaage", nach denen häufig neue Lehrlinge geschickt wurden. Im Laden wurde dann ein extra schweres Päckchen fertig gemacht.

Zeitweilig waren zwölf Mitarbeiter, eingeschlossen Teilzeitkräfte, zum Wohl der Kundschaft tätig. Dass ein gutes Geschäftsklima herrscht, zeigt sich an der Dauer der Arbeitsjahre der Mitarbeiter. Hugo Grüneberg z.B. arbeitete 56 Jahre, Frau Ruthelius 26 Jahre im Laden. Auch die jetzigen Angestellten Regina Förster, Sylvia Waize, Petra Engel, Hans-Jürgen Enterlein und die Buchhalterin Sabine Müller sind mehr als zehn Jahre tätig.

Zum Kundendienst gehört auch die Meisterung privater Katastrophen der Kundschaft. Wenn z.B. an Feiertagen Kinder und Enkel anreisen und Oma kein "Töpfchen" hat, dann wird bei Schneiders geklingelt. Heute steht das Geschäft der Konkurrenz der Baumärkte gegenüber. Horst Schneider muss hart kämpfen und ist selbst fast 77 Jahre.

Er engagiert sich in Vereinen und betrachtet das Leben im Umfeld mit wachen Augen. Das Geschäft ist sein Leben. Viele seiner Kunden werden ihm alles Gute wünschen. Sie wollen noch lange sagen können: "Wir gehen zu Eisenschmidt, da kriegen wir das!"