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Studienfahrt nach London ging abrupt zu Ende

Von Bärbel Helbig 08.07.2005, 16:58

Wolfen/MZ. - Die Umarmungen wollten kein Ende nehmen, als am Freitag kurz vor 9 Uhr 69 Schüler und vier Lehrer am Gymnasium Wolfen-Stadt aus dem Bus gestiegen waren. Auch so manche Träne der Erleichterung ist geflossen, weil die Studienfahrt der 10. Klassen nach London einen glücklichen Ausgang genommen hat.

Was sie am Donnerstag, ihrem Abreisetag, in den Straßen von London erlebt haben, werden sie wohl nicht wieder vergessen. "Wir hatten uns um 8 Uhr auf einem Parkplatz vor einem College getroffen", berichtet Englischlehrer Holger Irmer. "Bis zur Abfahrt der Fähre in Dover blieb noch ein Tag Zeit zu shoppen oder Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. Wir wollten deshalb zur U-Bahn, um von dort in Gruppen auszuschwärmen. Auf dem Weg dorthin hörten wir im Radio des Busfahrers, dass die Northern Line wegen eines technischen Defekts gesperrt ist. Das hat niemanden beunruhigt, bei der alten Bahn kommt so etwas nicht selten vor. Doch dann wurde der Verkehr immer dichter, die Straßen waren mit Pkw und Bussen regelrecht verstopft, immer öfter waren Sirenen von Polizei- und Krankenwagen zu hören. Im Radio wurden laufend Hinweise gegeben. Dabei war erst von Kurzschlüssen und technischen Defekten die Rede, dann wurde die Explosion des Doppelstockbusses gemeldet. Unterwegs waren auch schon Rauchwolken aus den U-Bahn-Schächten zu sehen. Da hatte ich nur noch einen Gedanken: Raus und weg!"

Der Busfahrer nahm die nächste Ausfahrt und gelangte auf eine Ausfallstraße, auf der sie die Autobahn erreichten. Da sei im Radio von U-Bahn und El Kaida zu hören gewesen. Zu der Zeit kamen auch schon die ersten besorgten Anrufe von zu Hause. Irmer informierte die Schule, damit die Eltern beruhigt werden konnten.

Der Lehrer ist nachdenklich wie seine Schüler: "Wenn das alles zwei Stunden später passiert wäre... Viele von uns wollten in die Innenstadt, wo es die Explosionen gegeben hat." Melanie Lindstädt sagt, im Bus habe sie sich sicher gefühlt, auch als sie den Qualm aus den U-Bahn-Schächten gesehen hat. "Das mulmige Gefühl kam später."

Die Eltern seien froh und glücklich gewesen, dass sie wieder da waren, berichtet Matthias Pahl. "Und wir waren froh, dass wir so schnell aus der Stadt rausgekommen sind, denn später konnte keiner mehr raus oder rein." Nikola Bethmann denkt daran, dass sie noch am Dienstag den ganzen Tag U-Bahn gefahren sind - und dabei nie an so etwas gedacht haben.