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Gebühren für Händler in Bitterfeld Markt in Bitterfeld: Geschäft "Goitzschevielfalt" schließt wegen Ärger mit der Stadt

Von Christine Färber 14.04.2016, 19:03
Die Dekoration der „Goitzschevielfalt“ am Bitterfelder Markt beschränkt sich auf das Fensterbrett.
Die Dekoration der „Goitzschevielfalt“ am Bitterfelder Markt beschränkt sich auf das Fensterbrett. André Kehrer

Bitterfeld - Eins steht für Diana Tschirner, Inhaberin des Geschäfts „Goitzschevielfalt“ am Markt in Bitterfeld, felsenfest: Sobald sie einen Nachmieter hat, ist sie weg. Der Grund: Ärger mit der Stadt. Sie fühle sich gegängelt, sagt sie.

Ihr Frust hat zu tun mit dem Verhältnis zwischen Stadt und Händlern. Das ist offenbar leicht angespannt. Grund: die städtische Sondernutzungssatzung. Amtsschimmel - schimpfen die einen. Vorschrift - sagen die anderen.

Die Satzung nämlich regelt, was sich im öffentlichen Raum für das jeweilige Geschäft abspielen darf. Und was nicht. Alles, was der Händler vor seinem Laden platzieren will, muss er beantragen - vom Fahrradständer, über den Aufsteller bis hin zum Bistro-Tisch, zur Sitzbank, zur Deko. Jedes Jahr aufs neue. Wer mehrere Geschäfte hat, macht das in mehreren Ausführungen. Das sorgt bei manchen für Unmut.

Die Einschränkung des öffentlichen Verkehrsraumes soll auf ein Minimum reduziert werden. Das regelt die Sondernutzungssatzung dadurch, dass für die Nutzung Gebühren zu entrichten sind. Besonders zu beachten sind die Belange der Fußgänger, Rollstuhlfahrer etc. Es sind Auflagen damit verbunden, um Schaden vor allem für Gehbehinderte oder Blinde zu vermeiden.

Weil sich Frau Tschirner nicht in dieses Korsett pressen lassen will und weil sie manches lockerer sieht, flattern ihr Strafzettel ins Haus. Ein ganzer Stapel hat sich angesammelt. „Sicherlich haben die Recht, aber man muss doch mal reden und auch meine Probleme betrachten“, sagt sie. Das Beantragen der Sondernutzung ist nicht nur ihr ein Graus - zu umständlich, zu zeitraubend.

Das Ergebnis sieht man: Wo anderswo bunte Deko und typische Waren auf dem Fußweg platziert sind, wo Leute neugierig gemacht und in den Laden gezogen werden, gibt es in Bitterfeld-Wolfen nicht viel zu sehen.

„Die geht völlig an der Realität vorbei“

Der Innenstadtverein, in dem Händler und Gewerbetreibende organisiert sind, kritisiert seit langem diese Satzung. „Die geht völlig an der Realität vorbei“, sagt Vereinschef Kay Uwe Ziegler. „Man kann das auch anders regeln. Man muss es nur wollen. Auch wir übrigens hatten mal eine bessere Satzung. Aber natürlich müssen sich die Stadtmitarbeiter an das halten, was die Satzung vorgibt.

Und wer sich nicht danach richtet, zahlt. Aber muss alles so kleinkariert, so bürokratisch ausgelegt werden? Das ist total kontraproduktiv.“ Das ist es in diesem Falle vor allem für die Stadt. Wenn Diana Tschirner die Segel streicht, steht ein weiterer Laden im Zentrum leer. Mehr noch: Eine Mitarbeiterin verliert ihren Job und ein sicherer Anlaufpunkt für Kunden, die regionale Produkte suchen, ist dann auch weg.

Selbstverständlich, sagt die Pressesprecherin der Stadt, ist der Kommune daran gelegen, Händler anzusiedeln und zu halten. „Deshalb gibt es vor der Einleitung ordnungsrechtlicher Maßnahmen Gespräche und Hinweise. Ein Ordnungsstrafzettel kommt nicht aus heiteren Himmel.“ Die Händlerin sei ausreichend in Kenntnis gesetzt und belehrt worden.

Moderatere Töne schlägt Peter Kubitschek an, Inhaber der Buchhandlung in der Rathenaustraße: „So viel verdient die Stadt nicht mit dieser Satzung. Es kostet zwar nicht wahnsinnig viel Geld und es ist auch kein Riesenaufwand, den Antrag auszufüllen. Aber es ergibt sich immer die Frage: eine Einnahme für das Stadtsäckel oder eine bunte Innenstadt. Traurig, wenn wieder ein Laden mehr leer steht - am Markt.“

„Ich wünsche mir, dass die Räte sich mehr mit der Innenstadt beschäftigen“

Frust hat Tschirner auch wegen der „Wagenburg“, die sich aus Lieferautos an den Markttagen bildet und Kunden die Sicht auf ihren Laden verbaut. Um das zu ändern, habe sie mehrfach mit Marktmeister und Stadt gesprochen. „Das sind wichtige Tage, da sind Leute hier. Aber man läuft gegen Wände.“

Der Chef des Innenstadtvereins mahnt immer wieder eine vernünftige Zusammenarbeit an. Er hat es versucht - in Gesprächen mit der Oberbürgermeisterin, mit Stadträten. Beim besten Willen, sagt er: Er könne keine Loyalität gegenüber der größten Gruppe der Unternehmer im Ort erkennen.

„Ich wünsche mir, dass die Räte sich mehr mit der Innenstadt beschäftigen“, betont Ziegler. „Händler und Gewerbetreibende engagieren sich nämlich für die Stadt auch außerhalb ihrer Läden - bei Festen, als Sponsoren.“ (mz)

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André Kehrer