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Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Auch den Wald gleich mit in den Saal geholt

Von ULF ROSTALSKY 09.10.2011, 16:52

REUDEN/MZ. - Lange Trockenheit, nun der mit Macht und kühlen Temperaturen einsetzende Herbst. Ein schlechtes Pilzjahr? Holger Irmer möchte das nicht sagen. Vom guten Jahr spricht er sogar und zeigt in die Runde. Pilze über Pilze sind dort zu sehen. Gesammelt an einem Tag von kaum mehr als einem Dutzend Pilzfreunden. "Da kann man doch nicht vom schlechten Jahr reden."

Gut 200 Arten Pilze haben die Mitglieder der Fachgruppe Mykologie zusammengetragen und in den Mittelpunkt einer Ausstellung gerückt. Die Schau im Reudener "Dorfkrug" ist ihr absoluter Jahreshöhepunkt und immer wieder ein Besuchermagnet. Die Schlange der Neugierigen reißt nicht ab. Einlass begehren ganze Familien, die einfach nur die Vielfalt der Pilzwelt erleben wollen.

Zur Ausstellung sind aber auch die Gelegenheitssammler gekommen. Frieder Hagendorf zum Beispiel, der in der Fuhneaue fündig geworden ist und nicht recht weiß, was er in den Korb gepackt hat. "In solchen Fällen können wir helfen", sagt Holger Irmer. Pilzausstellung ist immer auch Pilzberatung und damit ein Stück weit Lehrstunde. Um Pilze genau bestimmen zu können, bräuchte man sie in Gänze. Keine abgeschnittenen Exemplare, auch keine Bruchstücke. Sich sonst an der Klassifizierung zu versuchen, gleiche einem Lotteriespiel, das niemand ernsthaft betreiben wolle. Wer unsicher sei, welchen Pilz er gefunden habe, solle lieber die Finger davon lassen. Oder Experten um Rat fragen.

Die 19 Mitglieder der seit 25 Jahren bestehenden Fachgruppe um Gerhard Niechziol wollen keine Panik machen. Doch sie wissen um die nicht zu unterschätzende Verwechslungsgefahr bei den beliebten Gewächsen. Sie haben die essbaren Exemplare in den Saal geholt, die ungenießbaren und auch die giftigen. "Tödlich giftig". Zwei Worte, die Gefahren verdeutlichen sollen. "Beim leisesten Zweifel einfach die Finger weg", raten die Experten und zeigen den zumindest vom Namen her weithin bekannten Grünen Knollenblätterpilz.

Der Aha-Effekt wird besonders großgeschrieben. Pilze sind ins rechte Licht gerückt und können aus nächster Nähe betrachtet werden. Auf kleinen Tafeln sind Namen und Essbarkeit festgehalten. Viele Karten befinden sich seit Jahr und Tag im Fundus der Wolfener. Die Pilzfreunde stoßen aber immer wieder auf neue Sorten.

So sind zum Beispiel die eigentlich auf Kalkböden bestens gedeihenden Schleierlinge auch in hiesigen Gefilden auf dem Vormarsch. Schnell sind sie erkannt. Bei anderen Arten reicht der einfache Blicke der Fachleute nicht. Uwe Ferner blättert in Fachbüchern, untersucht Sporen unterm Mikroskop. Es geht ins Detail und in den Bereich von wenigen Mikrometern. Die Fachleute schauen, vergleichen, tauschen sich aus. Der Ehrgeiz ist geweckt, der Pilz soll einen eindeutigen Namen bekommen. Auch das mache den Reiz des Hobbys aus.

Pilzfreunde sind eine ganz spezielle Truppe. Das wissen sie. Doch wer sei das nicht im Hobby? Mit ihrer Vorliebe für Pilze wollen die Wolfener nicht unter sich bleiben. Sie laden ein zum Mitmachen. Jeden letzten Mittwoch im Monat treffen sie sich 18 Uhr im Reudener "Dorfkrug".