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St. Sixtus gibt jetzt sein Alter preis

Von Petra Korn 08.02.2005, 17:43

Falkenstein/Harz/MZ. - Risse in den Bögen unterhalb des Turmbereichs, Verschiebungen im Mauerwerk, herausbrechende Steine, der 1728 aufgesetzte Fachwerk-Glockenstuhl, in dem das Fachwerk und das später darum gesetzte Mauerwerk auseinanderdriften. Der Turm der St.-Sixtus-Kirche Ermsleben (Stadt Falkenstein / Harz) ist das größte Sorgenkind der Kirchengemeinde (die MZ berichtete).

Krypta und Altar

Um dem gefährdeten Gebäudeteil helfen zu können, musste zunächst das Gründungsmauerwerk als eine mögliche Ursache für die Schäden ausgeschlossen werden. Bei den dafür erfolgten Freilegungsarbeiten im Bereich des Turmes und des Hohen Chores gab St. Sixtus auch ein weiteres Stück seiner Geschichte preis: Östlich des Turmbaus wurden Hinweise auf eine halbrunde Apsis und vermutlich eine Krypta gefunden, über welcher sich ein Altarraum befand. Darauf deuten auch die Reste von Basen, vom Beginn eines Fußbodens, an den Pfeilern im östlichen Turmbogen hin. Damit ist hier nach Einschätzung von Reinhard Schmitt, Bauforscher beim Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie, "eher an einen Bau der Zeit um 1 000 zu denken".

"Bislang", so fasst Bernhard Lohe zusammen, "ist man davon ausgegangen, dass die St.-Sixtus-Kirche in ihrer romanischen Grundsubstanz auf das 12. Jahrhundert zurückging. Durch die tiefgründigen Untersuchungen hat sich jetzt herausgestellt, dass diese romanische Bausubstanz doch 150 bis 200 Jahre älter ist." Damit hat sich auch durch die Bauforschung bestätigt, was anhand geschichtlicher Überlieferungen bereits vermutet worden war. So soll Haymo, Bischof von Halberstadt, bereits 835 in Ermsleben gepredigt haben. Vermutlich in einer ersten Ortskirche, auf deren Aussehen es bislang keine Hinweise gibt.

Etwa um 1 000 ist dann jener Bau errichtet worden, dessen Reste jetzt entdeckt worden sind. Dieser verfügte neben der Apsis und der Krypta mit dem darüber gelegenen Altarraum über einen turmähnlichen, schmalen rechteckigen Querbau, an den sich ein schmales Schiff anschloss.

"Möglicherweise stammt auch ein Teil der Nordwand des heutigen Schiffes noch aus dieser Epoche. Und vielleicht weist auch die mittlere Wand mit den Arkaden als mögliche frühere Südwand auch Bausubstanz aus jener Zeit auf. Dafür sind aber weitere Untersuchungen nötig", so Bernhard Lohe.

Fenster mit Kapitell

Im zwölften Jahrhundert wurde nach Einschätzung von Bauforscher Schmitt zunächst der Querbau mit einem mittleren Turm aufgestockt. Dieser Turmkern besaß Rundbogenfenster, die heute nur noch von außen sichtbar sind. Später, aber noch in der Romanik, wurden dann die seitlichen Turmanbauten errichtet.

Das belegen neben anderen baulichen Indizien die Reste eines Fensters mit Säule und Schmuckkapitell, das im südlichen Turmanbau entdeckt wurde. Dieser Anbau, so schätzt Reinhard Schmitt aufgrund der Säulen, wurde vermutlich im zweiten Viertel des zwölften Jahrhunderts errichtet. Der Turmkern wäre dann noch älter.

"Wir haben durch die Baumaßnahmen hier sehr viel Geschichte aufdecken können", bilanziert Architekt Gerd Srocke, der die Baumaßnahmen betreut, die in enger Zusammenarbeit zwischen Kirchengemeinde, Unterer Denkmalschutzbehörde und Landesamt erfolgen. Was für eine Sanierung wichtig ist: "Mit den bisher durchgeführten Arbeiten können wir ausschließen, dass das Gründungsmauerwerk Ursache für die Schäden ist", so der Architekt.

Diese Ursachen liegen in einem Feuer, bei dem im Jahr 1665 der Kirchturm ausbrannte, sagt Richard Brantin, der sich in der Geschichte der Kirchen bestens auskennt. Schon vor 200 Jahren wurde darüber nachgedacht, den Turm abzureißen, es gab sogar eine Zeichnung für einen Neubau, weiß der Heimatforscher. "Aber die Kirchengemeinde hat nein gesagt."

Jetzt müssen die statischen Probleme behoben, das durch Risse und Verformungen geschädigte Mauerwerk des Turmes saniert werden, wobei eines der akutesten Probleme der Bereich der Glockenstube ist. Doch ohne Hilfe wird es der zum Kirchenkreis Egeln gehörenden Kirchengemeinde nicht möglich sein, Arbeiten zu finanzieren.

Glocken sollen läuten

So bewirbt sich die Gemeinde - bereits seit fünf Jahren - um Fördermittel beim Land, bei der Stiftung Denkmalschutz und bei der Stiftung zur Bewahrung kirchlicher Baudenkmäler in Deutschland (Kiba). Für Gabriele Lättig, Pfarrerin im Kirchspiel Falkenstein / Harz, und die Kirchengemeinde verbindet sich mit der Sanierung auch der Wunsch, dass die Glocken, die aufgrund der baulichen Situation seit mehr als drei Jahren schweigen müssen, dann endlich wieder läuten können.