1. MZ.de
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. Leichtathletik: Leichtathletik: Auf dem Weg an die Spitze und London das große Ziel

Leichtathletik Leichtathletik: Auf dem Weg an die Spitze und London das große Ziel

Von CHRISTIAN KATTNER 10.03.2009, 16:55

JESSNITZ/MZ. - Und meint dies aus vollster Seele. Jonas Ziegler ist derzeit eines der größten Talente im deutschen Nachwuchssport der Behinderten. Das stellte der 16-jährige Jeßnitzer Leichtathlet erst kürzlich eindrucksvoll unter Beweis: drei Deutsche Meistertitel, dazu zwei Vizetitel - das Ganze in fünf Disziplinen an drei Tagen. "Er ist eines unserer großen Talente im

Verein", ist auch Trainer Ulf Karge begeistert. Seit sechs Jahren arbeitet er mit Jonas beim SV Halle zusammen. Dabei kam der eher zufällig zur Leichtathletik. "Eine von meinen Betreuerinnen hatte mich gefragt, ob ich nicht Lust auf Leichtathletik habe", erinnert sich der Azubi, "das hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich dabeigeblieben bin." Jonas Ziegler leidet an einer Netzhauterkrankung, welche ihn als sehbehindert einstuft. "Das hat in der fünften Klasse angefangen", erzählt der 16-Jährige, "zunächst war es nicht ganz so schlimm, im Laufe der Zeit hat es sich allerdings verschlechtert." Eine Prognose für die Zukunft ist dabei aus Sicht der Ärzte noch nicht absehbar.

Anders verhält es sich hingegen bei seinen sportlichen Leistungen. Holte er 2004 als Landesmeister seinen ersten Titel im Dreikampf (Ballwurf, 60 Meter-Sprint, Weitsprung) so wurde er nur ein Jahr später erstmals Deutscher Meister im Weitsprung. Eine Disziplin, die er mittlerweile nicht mehr bei Wettkämpfen betreibt. "Meine Stärken liegen eher in den Laufstrecken", erzählt Jonas, "am liebsten laufe ich die 400 Meter."

Doch den ersten positiven Erlebnissen folgte eine ernüchternde Phase. "Aufgrund von Wachstumsproblemen musste er einige Rückschläge hinnehmen", weiß Trainer Ulf Karge zu berichten, "dadurch mussten wir die Trainingsgestaltung umstellen." Und das hat sich im Nachhinein sogar als positiv herausgestellt. "Seine Entwicklung seit dem letzten Sommer ist sehr erfreulich", so Karge. Und das nicht nur wegen der zahlreichen Deutschen Meistertitel, die Jonas seitdem gewinnen konnte.

Die persönlichen Laufbestzeiten steigerte Jonas seitdem kontinuierlich. Teilweise konnte er diese um vier, über 800 Meter sogar um 15 Sekunden verbessern. "Durch seine gute Muskulatur ist er in der Lage, von 60 bis 10 000 Metern jede Strecke zu laufen", ist Karge von seinem Schützling angetan, "das ist sehr gut für die Regenerationszeit nach den Läufen." Dieses Ergebnis stellte Jonas bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in diesem Jahr eindrucksvoll unter Beweis. Lag die Konkurrenz in Leverkusen nach absolviertem Lauf minutenlang erschöpft am Boden, war Jonas nach einer Minute wieder fit, lief entspannt aus und am nächsten Tag zur nächsten Bestzeit und dem damit verbundenen Titel.

Eine Tatsache, die auch dem Bundestrainer nicht verborgen blieb. Gehörte Jonas bei den Paralympics in Peking noch zu den Zuschauern, so ist er bereits jetzt für den Olympiakader 2012 eingeplant. "Peking war ein großer Ansporn für mich", ist der 16-Jährige immer noch von den Eindrücken begeistert, "dort habe ich auch mein großes Vorbild Matthias Schröder laufen sehen." Und auf den könnte er 2012 in London sogar im direkten Duell treffen.

Bis dahin gilt es allerdings weiterhin fleißig zu trainieren. Seit einiger Zeit wohnt Jonas im Sportinternat Halle-Kröllwitz, ist nur noch an den Wochenenden zu Hause. "Dort kann ich zum Glück ins Internet", freut er sich auf die Besuche in Jeßnitz, "natürlich kann ich dann auch meine Eltern besuchen." Die wiederum versuchen bei so vielen Wettkämpfen wie möglich dabei zu sein. "Leider schaffen wir es zeitlich nicht immer", ist Claudia Ziegler etwas enttäuscht.

"Ich bin hingegen ganz froh, wenn sie nicht dabei sind", schmunzelt Jonas, "dann werde ich wenigstens nicht abgelenkt." Bei einer Teilnahme an den Paralympics in London werden sie jedoch versuchen, ihrem Sohn im Stadion die Daumen zu drücken. Dort möchte der sich seinen großen Traum erfüllen: "Sollte ich dort laufen, dann möchte ich eine Medaille gewinnen." Sollte er weiterhin seine Bestzeiten steigern können, dann steht dem und der anschließenden Feier mit der Familie wohl nichts mehr im Weg.