0340 Newsletter Dessau 28. November #126 Warum man nicht nach einer starken Innenstadt rufen - und diese dann im Stich lassen kann
Welche beachtliche Bilanz die „Biker mit Herz“ ziehen können - Wann und Wo „Frieren für den guten Zweck“ wieder startet

am heutigen Freitag wird Tina John den Schlüssel für die Neustadtagentur in der Johannisstraße 5 abgeben. Zuletzt wurde das Mobiliar verschenkt. Wer zuerst kam, durfte zugreifen. Nach dreijähriger Laufzeit endet am Sonntag, 30. November, das Förderprogramm „ZIZ - Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“. Ohne ein Happy End. Das Fördergeld ist alle. Ein eigenes City-Management kann und will sich Dessau nicht leisten. Zurück bleibt Frust. „Das Netzwerk und die Partnerschaft, die wir mit den Akteuren der Innenstadt aufgebaut und gelebt haben, wird auseinanderfallen“, hat Tina John meiner Kollegen Sylke Kaufhold erzählt.
2023 hatte sich Citynet, der Zusammenschluss der Dessauer Innenstadthändler, aufgelöst. Die Neustadtagentur hat danach viele große und kleine Dinge auf den Weg gebracht. Vor allem aber war sie Ansprechpartner für die nicht mehr so vielen Händler in der Innenstadt.
„Es braucht jemanden, der sich kümmert und die Fäden zusammenhält“, sagt Angelika Burg-Krätzing, Inhaberin des Weinladens in der Hobuschgasse. Kleine Aktionen seien durchaus kein Firlefanz, wie viele geringschätzig meinen, sondern die Grundlage für die Kundenbeziehung der Händler, bestätigte Rathaus-Center-Manager Hans-Jörg Bliesener, der das drohende Aus der Innenstadtagentur schon lange vorher kritisiert hatte.

Hannes Wolf, inzwischen ehemaliger Chef der Stadtmarketinggesellschaft, hatte zum Start 2023 verkündet, sich stark machen zu wollen, „dass ein Citymanagement auch über 2025 hinausgeht“. Was natürlich Geld kostet. Als man der Stadtmarketingagentur zuletzt den Etat zusammenstrich, wuchs schon die Skepsis. Als in diesem Jahr ein städtischer Antrag auf Mittel aus dem Städtebauförderprogramm zur Finanzierung eines Citymanagers abschlägig beschieden wurde, war klar, dass es eng werden würde.
„Es wurde zwar nach einer Lösung gesucht, aber wie so oft in dieser Stadt keine gefunden“, hadert Jörg Bliesener. Matthias Brief vom Verein zur Förderung der Stadtkultur, der gemeinsam mit der Neustadtagentur die Weihnachtspyramide realisiert hat, sieht es ähnlich. „Man hat das Gefühl, dass sich im Rathaus keiner für uns verantwortlich fühlt“, meint der Gastronom.
Die Politik sieht das ebenso, was natürlich die Frage aufwirft, warum die Politik nicht Beschlüsse gefasst hat, um das zu ändern. Nach einer starken Innenstadt zu rufen - und diese Innenstadt dann im Stich zu lassen, das passt nicht.
Zumal es in Zukunft eher mehr als weniger Arbeit bedarf, um das Dessauer Zentrum zu beleben. Das gilt auch mit Blick auf die Bundesgartenschau 2035. Dessau-Roßlau hat die Chance verpasst, hier etwas zu verstetigen. Wieder einmal? Beste Grüße, Steffen Brachert.
RÜCKBLICK
Dessauer der Woche
„Unser Projekt 2025 ist beendet“. Das haben Karl-Heinz Richter und Ingo Ondrey von „Biker zeigen Herz für Kinder“ verkündet. Zum zehnten Mal haben die Biker in diesem Jahr Spenden für den guten Zweck gesammelt. 23.000 Euro sind zusammengekommen. Noch eindrucksvoller ist eine andere Summe, die Ondrey nennt: Insgesamt wurden seit der Gründung von „Biker zeigen Herz für Kinder“ 323.000 Euro zusammengetragen - und bis auf den letzten Cent ausgereicht.
Das Geld ist in diesem Jahr mehreren Projekten zugute gekommen. Die Difa Interdisziplinäre Frühförderstelle Anhalt ist eines davon. Die 16 Mitarbeiterinnen kümmern sich bei der Difa um Babys, Kleinkinder und Vorschulkinder, deren Entwicklung auffällig ist. Mit den 10.000 Euro kann die Difa ihre Räume weiter renovieren, um eine bessere Lern- und Förderatmosphäre zu schaffen.

Ebenfalls 10.000 Euro haben die Biker für das Kinderheim „Wolkenfrei“ reserviert. Dieses wird nicht zum ersten Mal unterstützt. Diesmal wollten die Biker einen Sportraum ertüchtigen. Doch das ist schwieriger als gedacht, da das Mauerwerk feucht ist. Deshalb wird das Projekt „Werkstattraum“ vorgezogen.
Ebenfalls in diesem Jahr haben die Biker die Tanzgruppe „Schaut-hin“ beim Kauf neuer Kostüme unterstützt. Und mit Hilfe des Wohnungsvereins Dessau haben sie der Turnhalle der Pestalozzischule einen neuen Anstrich verpasst.
Die Gedanken gehen längst ins nächste Jahr. Zum Vormerken gibt es bereits zwei Termine. Am 2. Mai findet das Benefizkonzert „Under the Bridge“ statt und am 13. September die Ausfahrt – eine Woche nach dem ursprünglichen Termin, an dem aber die Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt sind.
Die Grundschule und der Hort in Meinsdorf sollen 2026 bedacht werden. Außerdem denkt er, dass im Laufe des Jahres noch einige Einrichtungen auf die Biker zukommen werden. „Es gibt viele Fehlbedarfe, bei denen wir kurzfristig einspringen können.“ Denn größere Projekte, wie Spielplätze, seien nicht mehr zu stemmen. „Sie kosten mittlerweile 30.000 bis 40.000 Euro – ohne Erdarbeiten.“
MZ-Geschichten der Woche
+++Der Dessauer Tierpark bildet keine Tierpfleger aus. Die 16-jährige Lena Henke will das nicht akzeptieren und hat an den Oberbürgermeister geschrieben, um sich den Traum von ihrem Traumberuf doch noch zu erfüllen. MZ-Kollegin Sylke Kaufhold hat sich die Hintergründe erklären lassen.
+++Die Sanierung des Palais Dietrich sollte Warnung für all jene sein, die die Villa Krötenhof und die Leipziger Tor vorschnell angehen wollen. Die Arbeiten am Haus der Wissenschaftlichen Bibliothek werden etwa drei Jahre länger dauern und viel teurer werden als geplant. Das liegt einerseits am Bauzustand des alten Gebäudes, aber eben nicht nur, wie MZ-Kollegin Sylke Kaufhold erfuhr.
+++Ole und Rebecca Diedrichsen aus Schleswig-Holstein sind die neuen Chefs des B&B Hotels am Dessauer Schlossplatz. Wie beide dazu gekommen sind und was sie in Dessau-Roßlau vorhaben, das haben beide meinem Kollegen Tizian Hempel erzählt.
AUSBLICK
Fest und Bühne
+++Unerschrockene können an diesem Wochenende für einen guten Zweck ins kalte Nass springen. Im Kühnauer Bad heißt es am Sonntag, 30. November, ab 10 Uhr wieder „Frieren für den guten Zweck“ statt. Zunächst gibt es ein kleines Rahmenprogramm. Um 11 Uhr gehen alle gemeinsam ins Wasser – bei Temperaturen nahe des Gefrierpunkts. Für jeden Aktions-Teilnehmer stiften regionale Spender zehn Euro. Das Geld soll in ein Aufforstungsprojekt investiert werden.

+++Der Ortschaftsrat Kochstedt, der Heimatverein und die Gaststätte „Grüner Baum“ laden am Freitag und Samstag zum Wichtelmarkt ein. Der Markt öffnet am Freitag um 17 Uhr seine Türen. Der Weihnachtsmann kommt zu Besuch und um 18 Uhr gibt es eine Märchenstunde am Kamin. Ab 19 Uhr spielt die Band „Duo Thing“ live. Am Samstag geht es um 14 Uhr los. Besucher können sich an der Feuerschale auf Marshmallows und Glühwein freuen.
+++Das hat seit gut 30 Jahren Tradition: Am ersten Adventswochenende lockt die Parkstadt Wörlitz mit ihrem Adventsmarkt. Wenn am Sonntag um 16.30 Uhr unter dem Titel „Langsam zieht das Weihnachtslicht still in unsere Herzen“ die erste Kerze auf der Wiese vor dem Schloss erstrahlt, dann ist die Vorweihnachtszeit in Wörlitz und im Dessau-Wörlitzer Gartenreich eingeläutet. Schon ab Freitag von 15 bis 19 Uhr lädt der Markt zwischen Schloss, Markt und der Kirche St. Petri zum Besuch ein. Voller dürfte es am Sonnabend und Sonntag zwischen 11 und 19 Uhr werden.
+++ Zum 20. Mal öffnet in diesem Jahr der „Markt der schönen Dinge“ in Wittenberg seine Pforten. Traditionell am ersten Advent präsentieren sich zahlreiche Künstler und Kunsthandwerker in den Werkstätten auf dem Cranachhof. Aus Dessau-Roßlau sind zum Beispiel Holzkünstler Jürgen Ludwig, Malerin Frieda Knie und Perlenkünstlerin Heike Drebes dabei. In den geschichtsträchtigen Räumen der Cranach-Häuser und auf den historischen Höfen werden hochwertige und fantasievolle Produkte zum Kauf angeboten.
+++Der Möllensdorfer Waldweihnachtsmarkt lädt auch in diesem Jahr wieder an allen Adventwochenenden zum Besuch ein. Los geht es an diesem Sonnabend. Offiziell eröffnet wird der Markt um 15 Uhr mit einer Andacht. Die Veranstalter des idyllischen Marktes versprechen, dass es in diesem Jahr viel Neues zu entdecken gibt. Für Kinder im Angebot sind Streichelzoo, Karussell, Eisenbahn, Ponyreiten und Weihnachtsdeko basteln.
+++In der Interviewreihe „Dessauer Schäferstündchen“ lädt Alexander G. Schäfer als Gastgeber im Alten Theater bekannte Persönlichkeiten aus Kunst, Kultur und Sport ein, um mit ihnen zu plaudern. Am Sonnabend, 29. November, ist Heidi Weigelt zu Gast, bekannt aus der DDR-Fernsehsendung „Der Wunschbriefkasten“ und der RTL-Serie „Hinter Gittern“.

+++Nach der Premiere im vorigen Jahr wird es auch 2025 wieder zwei Weihnachtssingen geben: Den Anfang gibt es am Sonntag, 30. November, 18 Uhr, auf der Roßlauer Wasserburg. Annemarie Eilfeld führt durch den Abend. Begleitet von einer fünfköpfigen Weihnachtsjazzband aus Berlin lädt sie das Publikum ein, gemeinsam traditionelle Weihnachtslieder wie „Alle Jahre wieder“ und „O Tannenbaum“ zu singen.
Topf und Pfanne
+++Im Vockeroder Restaurant „Alberts Treibhaus“ wird es „Wild“: Die Gaststätte an der A9 hat bis Mitte Dezember eine extra Wildkarte aufgelegt und bietet auf dieser eine „Fürstliche Hirschroulade“, eine „Wildschweingulaschsuppe“ und ein „Enten Rillette“ an. Wenn danach noch Platz ist, gibt es ein Eierlikör- Eclair.
EINBLICK
Social-Media-Post der Woche
+++Der erste Wintereinbruch und eine Havarie in der Notaufnahme Wittenberg: In der Notaufnahme des Städtischen Klinikums herrschte am Montag Notstand. Zeitweise warteten 60 Patienten auf ihre Behandlung. Der Facebook-Post zum Artikel erreichte 18.300 Personen.

Meist geklickter Beitrag der Woche
+++Mit dem „Penny“-Supermarkt zieht zum Jahresende auch der letzte große Ankermieter aus dem Dessau-Center aus. Muss die Stadt jetzt mit dem Inhaber an einer Nachnutzung arbeiten? Die Debatte interessierte viele Dessau-Roßlauer. Der Artikel hatte 23.600 Aufrufe.
QUERBLICK
+++30 Jahre Basketball in Dessau wurde am vergangenen Wochenende groß gefeiert - mit einem Basketballturnier und einem festlichen Abend im Kornhaus. Mit Bryant Feggins kehrte ein US-Star von einst zum Jubiläumsfest zurück. Der MDR hat ihn Dessau begleitet.
+++Mit dem Label „Zerbster Kind“ hat Stefan Wallwitz eine neue Mode mit Botschaft in die Region gebracht: Shirts, Hoodies und Caps zeigen stolz die Verbundenheit zur Heimat. Was die Idee dahinter ist, haben die Kollegen von der Zerbster Volksstimme notiert.
+++Ex-Bundesfinanzminister Christian Lindner heuert bald bei der Autoland AG an, die ihren Hauptsitz in Sandersdorf-Brehna hat. Was macht man dann als Zeitung mit Hauptsitz im Westen? Man schickt einen Reporter in den Osten, um ein möglichst trostloses Bild zu zeichnen. Wie die „Zeit.“
MZ-FOTO DER WOCHE

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