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Treffen in Leipzig Treffen in Leipzig: Schulterschluss mit den Fans

Von Christian Schafmeister 24.06.2007, 17:39

Leipzig/MZ. - Oft sind es bloß 30 Zentimeter, die letztlich darüber entscheiden, ob ein Fußball-Fan mit der Fahne seines Vereins ins Stadion darf oder nicht. "Bei einigen Vereinen dürfen Fahnenstangen 1,50 Meter lang sein, andere erlauben nur 1,20 Meter", erklärt Ulrike Polenz vom "Arminia Supporters Club" aus Bielefeld. Doch nicht nur die Länge ist entscheidend. So lassen manche Vereine Holzstangen zu, während andere wiederum Plastik vorschreiben. "Es fehlen einfach eindeutige Richtlinien für die Fan-Utensilien", kritisierte auch ein Sprecher der Initiative "Pro Fans" am Wochenende in Leipzig.

Sorgen und Nöten der Fans ernsthaft Gehör zu schenken - das war Hauptziel des Deutschen Fußballbundes (DFB) bei dem ersten bundesweiten Fan-Kongress. Die Bemühungen der DFB-Spitze um Präsident Theo Zwanziger wurden von den Fans honoriert. So offen habe sich der DFB bisher nie gegenüber Fan-Interessen gezeigt, hieß es in Leipzig. Dennoch bleibt noch Skepsis. "Die Fans haben sich vom Verband jahrelang nicht ernst genommen gefühlt", kritisierte Martin Endemann vom Bündnis aktiver Fußballfans (Baff). "Daher hat sich viel Misstrauen aufgestaut, das zumindest ein wenig in Leipzig relativiert worden ist."

Der Ball liegt nach Ansicht der Fan-Initiativen jedoch weiter beim DFB. Der Verband müsse sich "an konkreten Ergebnissen" messen lassen. Das gelte vor allem beim Stadionverbot. Bei dem "wohl heißesten Thema des Wochenendes", so DFB-Sicherheits-Beauftragter Helmut Spahn, kam der Verband den Fans entgegen. Spahn kündigte dabei "mehr Transparenz und mehr Gerechtigkeit im Einzelfall" an. Auch über Stadionverbote auf Bewährung soll nachgedacht werden.

Die Verbote generell abzuschaffen, kommt für den DFB-Präsidenten aber nicht in Frage. "Gewaltbereite Fans müssen aus den Stadien verbannt werden", bekräftigte Zwanziger. Zudem rief er zum Kampf gegen Rassismus und Gewalt auf. "Es ist absolut inakzeptabel, wenn Rassismus oder Antisemitismus auf Fußballplätzen stattfindet oder Menschen wegen ihrer Religion oder Hautfarbe beleidigt werden", erklärte Zwanziger und erntete reichlich Applaus seitens der Fan-Beauftragten.

Doch auch die angekündigten Änderungen beim Stadionverbot kamen gut an. "So weit wie hier war der DFB bisher noch nie", betonte Jörg Hansmeier vom Fanprojekt in Bielefeld. Er kritisierte, dass viele Vereine "pauschal die Höchst-Strafe" verhängt hätten, ohne dass die Betroffenen zuvor gehört worden wären. Je nach Schwere des Vergehens gelten die Verbote zwischen einem und fünf Jahren. Unterstützung für einen maßvollen Umgang mit repressiven Maßnahmen wie Stadionverboten erhielten die Fans vom Soziologen Gunter Pilz. "Repression allein kann Gewalt vielleicht kurzfristig eindämmen oder verlagern, aber nicht verhindern. Im Gegenteil: Wer weiter nur auf Repression setzt, wird erst recht Gewalt ernten."

Letztlich blieb bei Fans und DFB nach dem Wochenende, an dem teils heftig und kontrovers gestritten wurde, die Erleichterung über den gelungenen Neuanfang. "Wir sind stolz, mit dem Verband einen Schritt in die richtige Richtung gemacht zu haben", sagte Mathias Scheurer von der Interessengemeinschaft "Unsere Kurve". "Dabei wurde in Leipzig nichts unter den Teppich gekehrt", betonte DFB-Präsident Zwanziger. Aus Sicht der Fan-Vertreter war das überfällig. "Vielen beim DFB haben wir hier offenbar zum ersten Mal die Augen geöffnet", sagte Wolf-Christian Kranzmann vom Schwarz-Weiß-Blauen Dach, der Dachverband der Arminia-Fans aus Bielefeld.

Bei der abschließenden gemeinsamen Pressekonferenz bemühten sich dann auch alle Akteure, dem neuen Miteinander in den nächsten Monaten eine Chance einzuräumen. Man werde sicher in Kontakt bleiben, so die einhellige Botschaft. Schließlich sei der Dialog jetzt auf einer neuen Stufe angelangt. "Allerdings", sagte ein Vertreter von Unsere Kurve, "lag die Messlatte dafür vor Leipzig auch nicht besonders hoch".