Hunderte Nebenkläger und Anwälte Sachsen-Anhalt baut neues Gerichtsgebäude für Mammutprozess gegen Magdeburg-Attentäter
Sachsen-Anhalt bereitet ein einmaliges Mammutverfahren gegen Taleb A., den Attentäter von Magdeburg, vor. Hunderte Nebenkläger und Anwälte werden bei dem Prozess erwartet, im Eiltempo entsteht bis September ein neues Justizgebäude.

Magdeburg/MZ - Es könnte der größte Strafprozess der deutschen Nachkriegsgeschichte werden: In Sachsen-Anhalt laufen die Vorbereitungen für ein Mammut-Verfahren gegen Taleb A., den Attentäter von Magdeburg. Für den erwarteten Prozess gegen den saudischen Arzt muss in der Landeshauptstadt ein neues Gerichtsgebäude gebaut werden – die Arbeiten starten laut Landesjustizministerium kommende Woche, bis Ende September soll der Spezialbau stehen.
„Wir haben schon zu Beginn des Jahres mit den Vorbereitungen begonnen“, sagte Justizministerin Franziska Weidinger (CDU) am Donnerstag. „Wir haben festgestellt, dass unsere Gerichtsgebäude in Sachsen-Anhalt dafür keine geeigneten Säle haben.“
Anschlag in Magdeburg: Neues Gerichtsgebäude für Prozess gegen Taleb A.
Das Problem: Nach Prognosen der Justiz könnten Hunderte Opfer, Rechtsanwälte und Zuschauer an dem Prozess teilnehmen. Denn die Zahl der Betroffenen ist enorm. Bei seiner Todesfahrt über den Magdeburger Weihnachtsmarkt im Dezember 2024 hatte Taleb A. sechs Menschen getötet und mehr als 300 verletzt.

Jeder Betroffene darf theoretisch als Nebenkläger samt Anwalt bei dem erwarteten Prozess gegen den Attentäter auftreten. Nach MZ-Informationen geht die Justiz davon aus, dass an manchen Prozesstagen bis zu 700 Beteiligte vor Ort sein werden.
Kein Saal, kein Gericht in Sachsen-Anhalt erreicht diese Kapazität. Deshalb baut das Land nun ein temporäres Gerichtsgebäude in Schnellbauweise, „das allen Beteiligten im Strafprozess genug Raum geben wird, insbesondere den Betroffenen“, sagte Weidinger.
Attentat auf Weihnachtsmarkt: Verhandlungssaal roll rund 2.000 Quadratmeter messen
Nach MZ-Recherchen soll allein der Verhandlungssaal rund 2.000 Quadratmeter messen, das entspricht ungefähr der Hälfte eines kleinen Fußballfeldes. Im Gebäudekomplex soll es auch Beratungsräume für die Richter, einen Hafttrakt für den Angeklagten und abgeschirmte Räume für Zeugen und Betroffene des Anschlags geben.
Kommentar zum Thema: Anschlagsopfer brauchen Gerechtigkeit
Die Polizei hat bereits Sicherheitseinschätzungen abgegeben – so soll schussfestes Fensterglas verbaut werden, im Gerichtssaal soll der Angeklagte zudem durch Sicherheitsglas abgeschirmt werden. Teil des Konzepts ist auch, dass bewaffnete Beamte der Justizspezialeinheit BSRD das Verfahren absichern werden. Für den temporären Justizbau mitten in Magdeburg ist laut MZ-Informationen eine Millionensumme eingeplant.

Weidinger sagte am Donnerstag: „Das ist ein großer Aufwand.“ Es handele sich um einen „wirklich großen Prozess, an dem viele Menschen teilnehmen werden“. Die frühere Richterin betonte die Bedeutung des Verfahrens, insbesondere für Betroffene: „Der Anschlag hat so viele Menschenleben verletzt, beeinträchtig und in großen Teilen auch beendet. Wir möchten niemanden zurückweisen müssen.“
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Auch für andere große Prozesse in Deutschland mussten zuletzt neue Gebäude errichtet werden. Darunter ist das Verfahren gegen die frühere RAF-Terroristin Daniela Klette in einer umgebauten Reithalle in Niedersachen. Ein Neubau war auch für den Prozess gegen die mutmaßlichen Reichsbürger-Terroristen um Heinrich XIII. Prinz Reuß in Frankfurt am Main nötig.
Anklage gegen Attentäter Taleb A. wird im Sommer erwartet
Noch liegt keine Anklage gegen Taleb A. vor. Die Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg laufen derzeit noch. Die Behörde ließ zuletzt ein psychiatrisches Gutachten zum verhafteten Attentäter erstellen. Taleb A. wird darin als schuldfähig beschrieben.
Dies dürfte einer der letzten entscheidenden Schritte zur Anklageerhebung sein, sie wird noch im Sommer erwartet. Damit könnte theoretisch bereits im Herbst der Prozess gegen den Todesfahrer beginnen.
Während des Verfahrens will das Land traumatisierte Betroffene des Anschlags gezielt unterstützen und betreuen. Hilfe bietet unter anderem Sachsen-Anhalts Landesopferbeauftragte an.