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Droht Chaos? Sachsen-Anhalt auf großen Stromausfall nicht vorbereitet

Von Hagen Eichler 12.11.2017, 01:00

Magdeburg - Bei einem flächendeckenden und langanhaltenden Ausfall der Stromversorgung - einem so genannten Blackout - wären die Katastrophenschutzbehörden im Land nach Einschätzung der SPD völlig überfordert.

Im schlimmsten Fall droht dann in Sachsen-Anhalt der Zusammenbruch des öffentlichen Lebens: Handynetze arbeiten nicht mehr, es herrscht Verkehrschaos, da Ampeln und der Nah- und Fernverkehr auf der Schiene nicht mehr funktionieren. Selbst die medizinische Versorgung in Krankenhäusern wäre gefährdet, lebensrettende Dialysen oder Operationen wären praktisch nicht möglich.

Stromausfall: Größter Blackout der deutschen Nachkriegsgeschichte im Münsterland

Es geht um ein Szenario wie im Münsterland vor zwölf Jahren: Damals hatte schwerer feuchter Schnee Strommasten und freihängende Leitungen niedergerissen und den größten Blackout der deutschen Nachkriegsgeschichte verursacht.

Der SPD-Innenpolitiker Rüdiger Erben warnt davor, dass Sachsen-Anhalts Kommunen auf eine solche Lage auch heute nicht angemessen reagieren könnten. „Was die Landkreise an Ausrüstung haben, ist im Vergleich zu anderen Ländern Spielzeug“, kritisiert er.

Sachsen-Anhalt: Neun Landkreise ohne Notstromaggregate

Auf seine Anfrage hat das Innenministerium aufgelistet, wie viele mobile Notstromaggregate die 14 Landkreise und kreisfreien Städte bereithalten, um im Notfall Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Sammelstellen von Evakuierten zu versorgen. Das Ergebnis: Nur der Burgenlandkreis, der Salzlandkreis und die drei Städte Halle, Magdeburg und Dessau-Roßlau haben überhaupt derartige Technik. Neun Landkreise müssten sich dagegen im Notfall komplett auf das Technische Hilfswerk (THW) verlassen.

Hessen hingegen habe sich vorbildlich auf ein Blackout-Szenario vorbereitet, lobt Erben. Dort verfügt jeder Landkreis über drei mobile  Notstromaggregate. Zwar müssen sich Einrichtungen der sogenannten „kritischen Infrastruktur“ auch selbst für einen Blackout rüsten. Erben denkt indes an den Krisenfall, in dem alles andere versagt. „Es geht um die letzte Rückfallposition.“

Landkreistag Sachsen-Anhalt: Kommunen müssten nicht selbst Notstromaggregate bereithalten

Die Landkreise weisen die Kritik zurück. „Ich teile diese Einschätzung nicht“, sagt Sabine Fiebig vom Landkreistag Sachsen-Anhalt. Die Kommunen müssten nicht selbst Notstromaggregate bereithalten. „Sie müssen nur planen, dass das THW und die anderen Hilfsorganisationen im Notfall das haben, was gebraucht wird.“

Allerdings: Anders als Hessen hat Sachsen-Anhalt für diese Planungen kein verbindliches Handbuch erarbeitet. Und fünf der 14 Landkreise haben einen Stromausfall in den vergangenen sechs Jahren nicht geprobt. Auch das hat die Anfrage an das Innenministerium ergeben.

Katastrophenschutzexperte: „Bei einem flächendeckenden Stromausfall werden wir ziemlich schnell Probleme kriegen“

Einzelne Landkreise machen sich große Sorgen. „Bei einem anhaltenden und flächendeckenden Stromausfall werden wir ziemlich schnell Probleme kriegen“, sagt Uwe Hoffmann, Katastrophenschutzexperte beim Landkreis Harz. Banken, Ampeln, Abwasserentsorgung, Fernwärme, Tankstellen – alles sei von Strom abhängig.

„Ein Landkreis ist damit aber überfordert“, sagt Hoffmann. Die eigene Rettungsleitstelle könne mit einem Notstromaggregat versorgt werden. „Um aber auch anderen zu helfen, halten wir nichts vor.“

Das Innenministerium fordert die Betreiber wichtiger Infrastruktur auf, sich selbst mit Technik zu wappnen. Viele kleinere Einrichtungen wie Pflegeheime oder Viehställe seien unzureichend vorbereitet. In der Verantwortung seien auch die Kreise. Eine „größere Vorhaltung“ von Notstromaggregaten, heißt es aus dem Haus von Minister Holger Stahlknecht (CDU), sei „wünschenswert“.

(mz)