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Russenkind kämpft weiter Russenkind kämpft weiter: Ingrid Moritz will beweisen, dass ein Rotarmist ihr Vater war

30.12.2018, 08:00
Ingrid Moritz vor dem Dom in Magdeburg. Irgendwann zwischen 1945 und 1948 war ihr Vater als Soldat der Roten Armee auch hier stationiert.
Ingrid Moritz vor dem Dom in Magdeburg. Irgendwann zwischen 1945 und 1948 war ihr Vater als Soldat der Roten Armee auch hier stationiert. Andreas Stedtler

Vor dem Jahreswechsel besuchen wir Menschen, über die die MZ 2018 berichtet hat, erneut und erzählen ihre Geschichten weiter. Ingrid Moritz hat seinen Namen und sein Grab - doch der letzte Beweis, dass ein Rotarmist ihr Vater ist, fehlte noch. Bereits im Februar berichteten wir das erste Mal über sie.

Seit wenigen Wochen ruhen alle Hoffnungen von Ingrid Moritz auf einer Anwaltskanzlei in Straßburg. Die Juristen in der französischen Stadt sollen ihren Wunsch durchsetzen, ihren Vater exhumieren zu lassen. Eine DNA-Probe könnte dann die Vaterschaft nachweisen.

Es wäre der letzte Beweis, dass Ingrid Moritz die Tochter des Rotarmisten Vasilij Petrovitch Andreev ist, geboren 1924 in oder bei Smolensk, gestorben 1991 in Paris, dort begraben auf dem Russischen Friedhof. Ingrid Moritz ist ein sogenanntes Russenkind, Spross einer deutschen Frau und eines Soldaten der Roten Armee.

Wer ihr Vater war, erfährt Moritz erst 2009 von ihrer Mutter. Da ist die Tochter 60 Jahre alt. Am Ende des Zweiten Weltkrieges und danach zieht Vasilij Petrovitch Andreev quer durch Europa: von Bunzlau, heute in Polen, über Mengerschied im Hunsrück, wo Ingrid Moritz 1949 zur Welt kommt, bis nach Frankreich.

Moritz recherchiert seine Geschichte, sie findet sein Grab in Paris. In ihr keimt der Wunsch, ihren Vater in ihre Geburtsurkunde eintragen zu lassen. Dort stehen nur Striche, offiziell gilt ihr Vater als unbekannt. „Andere haben einen Vater und eine Mutter. Ich habe nur eine Mutter“, sagt Moritz, als sie der MZ im Februar ihre Geschichte erzählt. Diese Leerstelle, auf dem Papier und in ihrem Leben, möchte sie tilgen. Doch ohne Vaterschaftsnachweis kein Eintrag. Und ohne Exhumierung kein Vaterschaftsnachweis.

Ingrid Moritz klagt sich durch die Instanzen, bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Vergeblich. An die MZ wendet sie sich am Jahresanfang 2018, weil ihr Vater auf seinem Weg gen Westen irgendwann zwischen 1945 und 1948 auch im heutigen Sachsen-Anhalt stationiert war, in Zerbst und in Magdeburg.

Ihre vage Hoffnung ist, dass jemand sich an seinen Namen erinnert. Im Kampf um die Exhumierung, denkt sie, könnte das ihre Position stärken. Doch sie hofft vergeblich: Nach dem MZ-Beitrag gibt es keine entscheidende Spur. Die Juristen in Straßburg sieht Moritz als ihre letzte Chance an. „Ich gebe noch nicht auf. Ich kämpfe weiter.“ (mz)