Debatte um Pflicht-Exkursionen Kommentar zu Gedenkstätten-Fahrten für Schüler: Lehrstunden für das Leben
Wer einmal die Todesfabriken der Nationalsozialisten mit eigenen Augen gesehen hat, vergisst das nie. Darauf müssen Sachsen-Anhalts Schulen setzen, kommentiert MZ-Redakteur Jan Schumann.

Magdeburg/MZ - An Sachsen-Anhalts Schulen gibt es seit ein paar Jahren eine gute Entwicklung. Immer mehr Lehrer melden ihre Klassen für Gedenkstätten-Fahrten an – also Exkursionen zu den Tatorten der Nationalsozialisten. Die Zahlen zeigen das steigende Interesse an der Auseinandersetzung mit Terror, Totalitarismus und tödlichem Hass auf Minderheiten. Sachsen-Anhalt schüttet immer mehr Geld aus, um solche Fahrten möglich zu machen.
Es gibt jedoch auch eine andere Entwicklung, die Sorgen machen muss. Die Zahl rechtsextremer Straftaten an Schulen steigt deutlich. Allein 2024 zählte die Polizei 251 Fälle in den Bildungseinrichtungen. Dazu passt: Unter allen rechten Tatverdächtigen im Land machten die 14- bis 18-Jährigen im vergangenen Jahr ein Viertel aus.
Gedenkstätten-Fahrten sind eine gute Investition in Bildung
Auf den ersten Blick passen beide Entwicklung nicht zusammen. Auf den zweiten Blick aber doch. Es ist gut möglich, dass beide Realitäten nebeneinander bestehen. Sachsen-Anhalt ist ein polarisiertes Land, so wie die gesamte Bundesrepublik. Die Aufgabe von Landesregierung und Landtag ist es, auf beide Tendenzen zu reagieren.
Erstens muss der Bedarf gedeckt werden können, den die Schulen schon heute bei Gedenkstätten-Exkursionen sehen. Besser als ein neuer Zwang wäre es, wenn das Land genug Geld für alle interessierten Schulen bereitstellt – denn solche Exkursionen bleiben ein Leben lang im Kopf.
In Sachsen-Anhalt liegen die Tatorte der Nazis überall im Land verteilt
Es muss nicht Auschwitz oder Buchenwald sein: Jede der kleinen und großen Mordfabriken der Nazis hinterlässt einen Eindruck, den man nie vergisst. Auch in Sachsen-Anhalt liegen die Tatorte von früher überall im Land verteilt. Es ist eine gute Investition in Bildung, wenn das Land solche Fahrten bezahlt.
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Zweitens muss die Demokratiebildung an Schulen offenbar früher als bisher starten. Wenn rechte Täter von heute 14 Jahre alt sind, sind sie auch reif genug für ernsthafte Lehrstunden in Sachen Demokratie. Die Schulen müssen auf diesen Trend reagieren.