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Grundstück für Neubau übergeben Grundstück für Neubau in Magdeburg übergeben: Neues Leben für Synagogen in Sachsen-Anhalt

Von Hagen Eichler 08.11.2019, 01:00

Magdeburg - Mit zwei ambitionierten Neubauprojekten kehrt die jüdische Gemeinschaft auch im Stadtbild sichtbar nach Sachsen-Anhalt zurück. In Dessau-Roßlau beginnt an diesem Freitag der Bau einer neuen Synagoge. In Magdeburg soll ein jüdisches Gotteshaus von landesweiter Ausstrahlung entstehen. Es sind die ersten Neubauten seit der Zerstörung der Synagogen 1938 und dem anschließenden Massenmord an den Juden.

Auch nach dem antisemitischen Anschlag auf die Synagoge von Halle halten die Gemeinden an ihren Plänen fest. Am 9. Oktober hatte der Rechtsextremist Stephan B. versucht, unter betenden Gläubigen ein Blutbad anzurichten. Er scheiterte an der Außentür und erschoss zwei zufällig ausgewählte Opfer, Jana L. und Kevin S.

Schenkung: Stadt Magdeburg überträgt Grundstück für Bau der Synagoge 

Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) betonte jetzt, der Täter werde sein Ziel nicht erreichen. „Die Botschaft ist die, dass wir uns nicht durch ein eiskaltes Verbrechen aus dem Tritt bringen lassen als Demokraten“, sagte der Regierungschef anlässlich der Übertragung des Baugrundstücks an die Magdeburger Synagoge. Das Land werde die Religionsfreiheit sichern und dafür „alles tun, was von Staats wegen zu machen ist“.

Die Synagogen in Dessau und Magdeburg sollen im besten Fall 2021 fertig sein. Sie befinden sich fast genau an der Stelle früherer Gotteshäuser, die in der Reichspogromnacht am 9. November 1938 zerstört wurden. „Wir schreiben heute alle Geschichte“, sagte der Vorsteher der Magdeburger Synagogengemeinde, Wadim Laiter, bei der Feierstunde im Magdeburger Rathaus. Dort hatte der Stadtrat im September mit großer Mehrheit und einer einzigen Gegenstimme entschieden, der Gemeinde das Areal mit einem Verkehrswert von 600.000 Euro zu schenken.

Die Baukosten sollen bei knapp drei Millionen Euro liegen. Den Großteil davon, 2,8 Millionen Euro, steuert das Land bei. 300.000 Euro kommen vom Förderverein Neue Synagoge, in dem Nichtjuden bereits seit 20 Jahren Geld sammeln.

Vereinsvorsitzende Waltraud Zachhuber, eine frühere Dompredigerin, sieht das als historische Verpflichtung: „Es waren ja Magdeburger, die die Synagoge geplündert und zerstört haben.“ Allein die evangelischen Gemeinden der Stadt haben 100.000 Euro beigesteuert.

Bau der Synagoge in Dessau wird 1,7 Millionen Euro kosten

Die Jüdische Gemeinde Dessau rechnet für ihr Bauvorhaben mit Kosten von 1,7 Millionen Euro. Die Synagoge wird an das ehemalige Rabbinerhaus, auch Kantorhaus genannt, angebaut. In dessen Seitenwand wird an diesem Freitag eine Kassette mit Dokumenten eingemauert, darunter Münzen, eine Tageszeitung und ein Brief des Rabbiners.

Die Synagoge soll den Namen „Weill“ tragen. Namensgeber sind der frühere Dessauer Gemeindekantor Albert Weill und dessen Sohn, der weltberühmte Komponist Kurt Weill. Beide mussten als Juden vor den Nazis aus Deutschland flüchten und starben im Ausland.

In Sachsen-Anhalt leben heute rund 2.000 Juden. Fast alle sind seit den 1990er Jahren aus Osteuropa eingewandert, die Umgangssprache in den Gemeinden ist Russisch.

Steuerzahlerbund kritisiert Landeszuschuss

Der Bund der Steuerzahler Sachsen-Anhalt hatte zuletzt Kritik am Landeszuschuss für die Magdeburger Synagoge geübt. Die jüdischen Gemeinden bekämen jährliche Zuschüsse und sollten dieses Geld für benötigte Sakralbauten ansparen, forderte Vorstandsmitglied Ralf Seibicke.

Mehrere Landespolitiker haben die Kritik zurückgewiesen. Sie argumentieren, dass es der deutsche Staat war, der die alten Synagogen zerstören ließ. Magdeburgs Gemeindevorsteher Laiter wirft dem Bund der Steuerzahler vor, „Juden als gierig“ zu diffamieren. (mz)

Im Magdeburger Rathaus wurde das Grundstück für einen Synagogenneubau übergeben. Im Bild das Mahnmal am Standort der alten Synagoge, der nur wenige hundert Meter vom geplanten Neubau entfernt ist.
Im Magdeburger Rathaus wurde das Grundstück für einen Synagogenneubau übergeben. Im Bild das Mahnmal am Standort der alten Synagoge, der nur wenige hundert Meter vom geplanten Neubau entfernt ist.
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