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Vorwurf Korruption und Bereicherung „Gehören auf die Anklagebank“: Ex-Generalsekretär der AfD Sachsen-Anhalt erhebt schwerste Vorwürfe gegen Parteispitze

Aufruhr in der AfD Sachsen-Anhalt: Der frühere Generalsekretär Jan Wenzel Schmidt will ab Januar wöchentlich Belege für Vetternwirtschaft und Missbrauch öffentlicher Gelder durch Parteifreunde auf den Tisch legen. Was bislang bekannt ist.

Von Hagen Eichler Aktualisiert: 18.12.2025, 17:50
Einst im Machtzentrum der Landes-AfD, jetzt Ankläger: Ex-Generalsekretär Jan Wenzel Schmidt (AfD) wirft dem Landesvorstand der AfD Sachsen-Anhalt schwere Vergehen vor.
Einst im Machtzentrum der Landes-AfD, jetzt Ankläger: Ex-Generalsekretär Jan Wenzel Schmidt (AfD) wirft dem Landesvorstand der AfD Sachsen-Anhalt schwere Vergehen vor. (Foto: picture alliance/dpa)

Magdeburg/MZ - Einer der bislang wichtigsten AfD-Politiker Sachsen-Anhalts kündigt eine Generalabrechnung mit der eigenen Parteispitze an. Jan Wenzel Schmidt, Bundestagsabgeordneter und bis Februar Generalsekretär der Landespartei, wirft den Parteifreunden Machtmissbrauch, Korruption und Bereicherung auf Kosten des Steuerzahlers vor. „Einige Akteure gehören auf die Anklagebank und nicht auf die Regierungsbank“, schreibt Schmidt in einer E-Mail an den Landesvorstand.

Der 34-Jährige kündigt darin an, ab der zweiten Januarwoche dem Bundes- und dem Landesvorstand im Wochenrhythmus Belege für Fehlverhalten zahlreicher Vorstandsmitglieder vorzulegen: „Jede Mail enthält konkrete Beweise, Zahlen, Namen und Dokumente.“ Auf Nachfrage bestätigte Schmidt, dass die der MZ vorliegende E-Mail von ihm stammt.

Haben AfD-Politiker Geschwister und Ehefrauen auf Steuerzahlerkosten versorgt?

Bislang ohne Namen zu nennen, wirft Schmidt Vorstandsmitgliedern vor, Abgeordneten-Dienstreisen zu privaten Vergnügungsreisen umfunktioniert zu haben. Konkret ist die Rede von Trips nach New York, Disneyland und Griechenland. Diese Fahrten seien „unter dem Deckmantel parlamentarischer Tätigkeit“ erfolgt.

Weitere Vorwürfe kreisen um die Versorgung von Verwandten mit steuergeldfinanzierten Posten. Mindestens fünf Mitglieder des Landesvorstands sollen Schmidt zufolge ihre Ehefrauen bei Abgeordneten beschäftigt haben.

Monatlich fast 8.000 Euro Steuergeld für das Familienmitglied eines AfD-Politikers - was Schmidt den Kollegen vorwirft

Auch die Anstellung von Kindern oder Geschwistern durch Abgeordnete sei verbreitet. „Ein Landesvorstandsmitglied hat gleich drei Geschwister über Abgeordnetenstellen vergütet“, heißt es. In einem Fall werde das Familienmitglied eines Vorständlers mit monatlich fast 8.000 Euro aus Steuergeld bezahlt.

Die maßgeblichen Akteure der AfD seien sämtlich Teil einer Pokerrunde, schreibt Schmidt weiter. Zu dieser zählt er unter anderem AfD-Landeschef AfD-Landeschef Martin Reichardt, der auch Mitglied des Bundesvorstands ist, den amtierenden Generalsekretär Tobias Rausch, Vize-Parteichef Hans-Thomas Tillschneider und Landtagsfraktionschef Oliver Kirchner.

AfD-Parteispitze in Sachsen-Anhalt schweigt zu Schmidts Attacke

Das Vorgehen dieser Gruppe werde von Ulrich Siegmund, dem Spitzenkandidaten bei der Landtagswahl 2026, „mitgetragen und gedeckt“. Schmidt appelliert an Siegmund, „sich von solch schädlichen Akteuren und Verhalten zu lösen“.

Die AfD-Spitze schweigt zu den Vorwürfen. „Die Landespartei wird sich zu internen Vorgängen nicht öffentlich äußern“, sagte der Sprecher des AfD-Landesverbands, Patrick Harr.

Schmidt war von 2022 bis Februar 2025 Generalsekretär der Landespartei. Er galt in dieser Zeit als der starke Mann hinter Parteichef Reichardt. Durch einen erbitterten Streit mit dem Parteiflügel um den Anhalt-Bitterfelder Kreischef Daniel Roi verlor Schmidt allerdings an Rückhalt.

Parteiinterner Widersacher Roi warf Schmidt Erpressung vor

Roi warf dem Generalsekretär im Februar vor, kompromittierendes Material zu sammeln, um andere zu erpressen. Einem Abwahlantrag zuvorkommend, trat Schmidt am Abend der Bundestagswahl als Generalsekretär zurück.

Mittlerweile muss er sogar mit einem Parteiausschluss rechnen. Ein entsprechender Antrag steht nach MZ-Informationen bei einer für Montag angesetzten Vorstandssitzung auf der Tagesordnung. Schmidt betont, er werde die Belege für Fehlverhalten vorlegen, ob es zu einem Parteiausschluss komme oder nicht.

Der MZ sagte Schmidt, er bekomme zu seiner Ankündigung positive Rückmeldungen von Parteimitgliedern. „Viele haben genug davon, dass eine Klüngelrunde über alles bestimmt.“ Er wolle die AfD nicht beschädigen, beteuerte er. „Deshalb hoffe ich, dass die Betreffenden zu einer ehrlichen Aufarbeitung in der Lage sind. Schaffen sie das nicht, gehören sie auch nicht in die Regierung.“ Die AfD wolle besser sein und müsse daher besser handeln.

Schmidt soll Diamanten-Geschäfte mit China angebahnt haben

Schmidt steht selbst unter Verdacht, sein Bundestagsmandat zur Bereicherung genutzt zu haben. Nach Recherchen des „Spiegel“ soll der Politiker in Geschäfte mit künstlichen Diamanten aus China verstrickt sein und Mitarbeiter seiner E-Zigaretten-Firma zum Schein in seinem Bundestagsbüro eingestellt haben.

Auf MZ-Nachfrage bestreitet der Abgeordnete diese Vorwürfe und kündigt an, sich dagegen juristisch zu wehren.