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Ankunft im Heimathafen Ankunft im Heimathafen: Spektakuläre Expedition der "Abora IV" erfolgreich beendet

Von Diana Dünschel und Robert Briest 20.10.2019, 16:00
Fast alle Beteiligten kamen in die Pfännerhall.
Fast alle Beteiligten kamen in die Pfännerhall. R. Briest

Braunsbedra - Das Händeschütteln und Umarmen nahm in der Pfännerhall gar kein Ende. Erstmals nach dem Ende der Expedition der „Abora IV“ vor drei Wochen war die Crew des Schiffes in Braunsbedra zusammengekommen - um zu feiern. Fast alle seien da, sagte Expeditionsleiter Dominique Görlitz. Nicht nur diejenigen, die auf den 1800 Kilometern vom bulgarischen Varna bis in die türkische Stadt Kas mit an Bord des Nachbaus eines alten ägyptischen Schilfsegelbootes waren, sondern auch jene, die beim Bau oder bei den Testfahrten geholfen hatten.

Aktuelle Expedition hatte Görlitz schon direkt nach Ende als Erfolg bezeichnet

Letztere hatten zwei Jahre lang auf dem Geiseltalsee stattgefunden. Nicht nur deshalb hatte das Abora-Team die Pfännerhall als Lokalität für ihre Feier gewählt. In dem Haus befindet sich auch eine Ausstellung zu den bisherigen drei Expeditionen inklusive eines früheren Testbootes. Diese Schau soll nun wachsen, verspricht Görlitz. „Da kommen neun bis zehn weitere Tafeln hin, mit den Ergebnissen, Erfahrungen und kulturellen Begegnungen der aktuellen Expedition.“ Er rechnet damit, dass es Anfang des neuen Jahres soweit sein könnte.

Vorher möchte er sich aber noch um einen Film über die aktuelle Reise kümmern. Er soll zunächst in der großen Halle in der Pfännerhall öffentlich Premiere feiern und danach im kleinen Kino in der Abora-Ausstellung laufen. Die aktuelle Expedition hatte Görlitz schon direkt nach dem Ende als Erfolg bezeichnet, auch wenn das ursprüngliche Ziel Zypern nicht erreicht wurde. Man habe zeigen können, dass schon frühe Hochkulturen Fernhandel treiben konnten. Darauf aufbauend stellt der Experimentalforscher aus Chemnitz nun sogar die bisherige Interpretation des wichtigsten archäologischen Fundes des Landes infrage: die der Himmelsscheibe von Nebra.

Himmelsscheibe: Von Ägypten inspiriert, aber in Mitteldeutschland hergestellt

Bisher würden die Forscher in Deutschland die Szenerie auf der Scheibe zumeist als Nachthimmel interpretieren mit Voll- und Halbmond. Aus Görlitz’ Sicht handelt es sich aber um eine Tag-Nacht-Darstellung mit Sonne und Mond. Auch sei der Sternenhaufen auf der Scheibe nicht wie meist angenommen eine Darstellung der Plejaden. Die stünden im Osten, die Darstellung auf der Scheibe sei aber im Norden.

Görlitz verweist auf den Großen Wagen: „Der heißt im Ägyptischen Mesechtui.“ Die Himmelsbarke habe in der Mythologie die Aufgabe, über Nacht die Sonne durch die Unterwelt an den Ausgangspunkt zurückbringen. Der Forscher geht daher davon aus, dass die Scheibe zwar in Mitteldeutschland hergestellt wurde, die Darstellung aber ägyptisch inspiriert ist. „Das war möglich, weil sie miteinander kommuniziert haben, über den Handel.“

Wird es auch eine Abora-V-Mission geben?

Die Abora-Expedition habe gezeigt, dass, wie es der historische Geschichtsschreiber Herodot beschrieb, Bernstein und Zinn aus dem Norden im Mittelmeerraum gehandelt werden konnte. Im Gegenzug sei Wissen zurückgeflossen. „Die Archäologen in der Türkei teilen diese Auffassung“, sagt der Forscher. In Deutschland sieht es da anders aus.

Die Abora-IV-Mission sollte eigentlich dem Vorgänger „Abora III“ Richtung Nordamerika folgen. Doch aus finanziellen Gründen wurde daraus nichts. Stattdessen entschied Dominique Görlitz die Reise mit dem Boot, das nach alten ägyptischen Zeichnungen entstanden ist, im bulgarischen Varna zu starten.

Nach Problemen das Holz für die Aufbauten durch den Zoll zu bekommen, stach das Segelboot Mitte August mit Verspätung ins See. Die Route führte anschließend durch den Bosporus, über Troja entlang der türkischen Küste.

Mitte September lief die „Abora IV“ dann nach 1 800 Kilometern in den Hafen der türkischen Stadt Kas ein. Teile des Schiffes sollen nun in der antiken Stätte Patara ausgestellt werden.

Bleibt nur noch die obligatorische Frage: Wenn es schon Abora I bis IV gab: Wird es auch eine Abora-V-Mission geben? Görlitz nahm da erstmal die Beine in die Hand. Fürs Erste habe er die Nase voll von „Abora“ und müsse die Ergebnisse der aktuellen Expedition auswerten. Auch wäre seine Frau da sicherlich alles andere als begeistert. „Aber wenn sich dafür natürlich ein Sponsor fände“, öffnet sich der Forscher sogleich wieder die Expeditionstür: „Ideen hätte jedenfalls ich schon genug.“

Vor knapp einer Woche war aber erst einmal Zeit für die Rückschau auf das Abenteuer „Abora IV“. Fotos und Videos wurden auf der großen Leinwand gezeigt, die Mitsegler aus insgesamt acht Nationen gewürdigt, die schönsten Erlebnisse noch einmal hervorgehoben. Leider waren weder Vertreter aus Braunsbedra, Mücheln und Bad Lauchstädt der Einladung gefolgt. Dafür aber hörte der Merseburger Oberbürgermeister Jens Bühligen (CDU) aufmerksam zu. Er lud Dominique Görlitz spontan ein, im Merseburger Ständehaus einen Vortrag zu halten. (mz)

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Über Schwarzes Meer, Bosporus und Mittelmeer segelte die Abora IV vom bulgarischen Varna ins türkische Kas.
Über Schwarzes Meer, Bosporus und Mittelmeer segelte die Abora IV vom bulgarischen Varna ins türkische Kas.
Görlitz/Abora-Team
Die Himmelsscheibe
Die Himmelsscheibe
Dpa