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Mit dem Wind Mit dem Wind: Hochschule Anhalt schafft Gyrocopter an

Von Cornelia Fuhrmann 12.06.2014, 12:12
Der neue Gyrocopter der Hochschule Anhalt auf dem Flugplatz Dessau.
Der neue Gyrocopter der Hochschule Anhalt auf dem Flugplatz Dessau. Lutz Sebastian Lizenz

Dessau/MZ - Der kleine Punkt am Himmel wird schnell größer, dann kommt ein tiefes Brummen dazu. Kurze Zeit später ist er gelandet und rollt auf seinen Parkplatz auf dem Flugplatz Dessau zu: der neue Stolz der Hochschule Anhalt, insbesondere der Professoren Lutz Bannehr und Lothar Koppers vom Institut für Geoinformation und Vermessung - ein zweisitziger weißer Gyrocopter.

Obwohl deutlich kleiner und kompakter als die nebenan stehenden Flugzeuge „Tante Ju“ Junkers 52, die Antonow AN2 und die Bundeswehr-Transall zieht der Tragschrauber die Blicke auf sich.

So etwas sieht man sicher nicht alle Tage, aber ab sofort in Dessau, wo der Flieger stationiert sein wird, öfter. Der Gyrocopter ergänzt die Flotte an Fluggeräten der Geoinformatiker, die bisher mit ferngesteuerte Drohnen Luftaufnahmen gemacht haben. „Das ist im Osten Deutschlands die einzige Hochschule, die so etwas besitzt“, sagt Thomas Flöter, seines Zeichens Fluglehrer und erfahren mit Tragschraubern. In dem Segment gebe es nicht viele Alternativen. Ein Helikopter mit der gleichen Ausstattung würde ungefähr das Fünffache kosten - in der Anschaffung und dann auch im Betrieb.

„Der ist ganz toll zu fliegen“

„Wir haben sicher das beste, was man kriegen kann und haben jetzt Möglichkeiten, da kann man sonst nur davon träumen“, ergänzt Lothar Koppers, der selbst am Steuer saß und gerade aus der Kabine krabbelt. Sein Kollege Lutz Bannehr habe das Projekt angestoßen, die Hochschulleitung sei sofort begeistert gewesen.

„Mit dem Forschungsgyrocopter greift die Hochschule Anhalt die Tradition innovativer Fluggeräte und ihrer Anwendung in Dessau auf“, sagt Hochschulpräsident Dieter Orzessek. Das trage auch dazu bei, den Standort noch attraktiver zu machen, denn es gebe zwar ein Parallelprojekt an einer westdeutschen Hochschule, „allerdings mit einem offenen Gyrocopter, der nur Bilder machen kann, aber nicht über die Sensortechnik verfügt, die wir haben“, sagt Koppers.

Er ist dabei, die Fluglizenz zu erwerben. „Der ist ganz toll zu fliegen“, schwärmt er und freut sich besonders über die Kennung D-MHSA. „Das war Zufall, aber es passt doch hervorragend zur Hochschule Anhalt.“

Aufgrund seiner Bauweise fliege der Tragschrauber besonders ruhig. Für den geplanten Einsatz sei das unabdingbar. „Der Gyrocopter hat im Unterboden Öffnungen für die Kameratechnik“ erklärt Koppers. Es können sowohl Infrarot-Bilder als auch normale, allerdings hochaufgelöste, Fotos sowie Aufnahmen mittels Hyperspektroskop gemacht werden. „Damit kann man sozusagen jeden Grashalm einzeln sehen“, so Koppers.

Einsatzgebiete sind vielfältig

Die Einsatzgebiete seien daher vielfältig. Im Bereich der Land- oder Forstwirtschaft könne man beispielsweise den Gesundheitszustand von Pflanzen oder auch Fragen zu Reife oder Düngung untersuchen. Mit der Wärmebildkamera (Infrarot) könne man zudem vor der Ernte oder Mahd auch prüfen, ob sich Wildtiere wie Rehkitze auf den Flächen aufhalten. Doch auch für 3-D-Stadt-modelle wird der Flieger zum Einsatz kommen. „Damit kann auch die Datenerfassung für autonomes Fahren gemacht werden“, sagt Koppers.

Außerdem sei man im Gespräch mit Kollegen aus der Elektrotechnik und den landwirtschaftlichen Studiengängen der Hochschule Anhalt sowie mit Naturschützern. Auftraggeber aus dem In- und Ausland hätten ebenfalls Interesse angemeldet. Und weil auch ein Flugrechner eingebaut werde, der mitmesse und fotografiere, werden auch Studenten - sowohl im Bachelorfach als auch im Master - in die Projekte eingebunden. „Die Studenten programmieren die Rechner und machen die Datenauswertung“, sagt Koppers. Es werde zudem nach Möglichkeiten gesucht, dass auch sie eine Fluglizenz erwerben können, das sei aber noch nicht spruchreif.

Noch hat Koppers Fluglehrer Flöter neben sich. Später will er den Tragschrauber allein fliegen, ebenso wie sein Kollege Bannehr. Bis es soweit ist, dauert es noch ein wenig. „Etwa 40 Flugstunden brauche ich noch. Und die praktische Prüfung“, sagt Koppers. Damit steigt er in der Gyrocopter und hebt ab zur nächsten Flugstunde.

Am Donnerstag um 12 Uhr wird der Gyrocopter offiziell auf dem Flugplatz in Dessau, Alte Landebahn 30, vorgestellt. Vom 17. bis 19. Juni kommt er bei den DLG-Feldtagen in Bernburg-Strenzfeld zum Einsatz.

Lothar Koppers (vorn) ist gerade dabei, seinen Flugschein für den neuen Gyrocopter zu machen.
Lothar Koppers (vorn) ist gerade dabei, seinen Flugschein für den neuen Gyrocopter zu machen.
Lutz Sebastian Lizenz