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Literatur Literatur: Sabine Ebert beschreibt die Völkerschlacht zu Leipzig

Von Margit Boeckh 23.02.2013, 16:29
Die Schriftstellerin Sabine Ebert im Stadtzentrum von Leipzig. Im Hintergrund Mitglieder des „Verbandes Jahrfeier Völkerschlacht bei Leipzig 1813“ in historischen Uniformen aus der Zeit der Schlacht.
Die Schriftstellerin Sabine Ebert im Stadtzentrum von Leipzig. Im Hintergrund Mitglieder des „Verbandes Jahrfeier Völkerschlacht bei Leipzig 1813“ in historischen Uniformen aus der Zeit der Schlacht. Andreas Stedtler Lizenz

Treffen wir uns doch im „Coffe Baum“, den gab es 1813 auch schon“, hatte Sabine Ebert vorgeschlagen. Sie ist ein Phänomen des Literaturgeschäfts. Mit ihrer mittelalterlichen Hebammen-Saga ist sie wie aus dem Nichts zur mehrfachen Auflagenmillionärin geworden. Verehrt von einer Fangemeinde, die die jeweils mehrere hundert Seiten starken Bände regelrecht verschlingt. Ihre Lesungen, die sie gerne in stilecht historischer Gewandung bestreitet, gestalten sich regelmäßig zu von Fans gestürmten Events.

Unschwer vorauszusehen, dass es gerade so wieder kommt, wenn Sabine Ebert demnächst ihr neuestes Werk vorstellen wird. Buchpremiere ist in der Nikolaikirche, einem der prominentesten Orte von Leipzig. Diesmal wird sie in Empire-Robe vors geneigte Publikum treten. Das Kleid zum Buch. Denn der neue Roman heißt „1813 - Kriegsfeuer“ und behandelt das historisch relevanteste Jubiläum, das die Leipziger Gegend je zum Schauplatz hatte: die Völkerschlacht vor 200 Jahren.

Treffpunkt „Coffe Baum“ also? Passt! Über Stunden reden wir. Wobei sie ins Gespräch gerne mal einen Geschichtsexkurs einflicht. Temperamentvoll, sachkundig, nie oberlehrerhaft. Als Romanautorin ist die Fünfzigerin vergleichsweise ein Jung-Star. Vor gerade mal sieben Jahren erschien ihr erster Roman „Das Geheimnis der Hebamme“. Die im 12. Jahrhundert spielende Geschichte der fränkischen Hebamme Marthe, die mit Siedlern in der Freiberger Gegend ein neues Leben sucht.

Geboren in Aschersleben („Dort und bei den Großeltern im Mansfeldischen war mein Kinderparadies“), war Sabine Ebert in Berlin aufgewachsen und „wollte schon immer Journalistin werden“. Was nach Lehrjahren bei der DDR-Nachrichtenagentur ADN in Magdeburg zum Studium der Lateinamerikanistik nach Rostock und von dort geradewegs zu einem Job in der Pressestelle der Freiberger Bergakademie führte. Nach der Wende mit Teilnahme am „Runden Tisch“ hat sie mit anderen („Mit dem Mut der Ahnungslosen“) eine kleine unabhängige Zeitung gegründet und geleitet. „Als daraus ein Anzeigenblatt wurde, machte ich mich lieber selbstständig.“ Ihre Arbeit für Zeitungen, Hörfunk, Fernsehen lief gut. Zudem entstanden Sachbücher zur Regionalgeschichte. „Dabei bin ich natürlich auf die Freiberger Silberfunde von 1168 gestoßen“, erzählt Sabine Ebert lebhaft, „das war ja so was wie der kalifornische Goldrausch. Ein dramatischer Stoff, gut für einen Roman!“ Zeit dazu war jetzt.

Die Kinder – Sohn und Tochter, jetzt 31 und 28 – waren aus dem Haus. „Obwohl mir gar nicht klar war“, wie sie zugibt, „ob ich überhaupt den langen Atem für so ein großes Projekt habe.“ Erstmal habe sie ein Jahr lang „nur Mittelalter gelesen“. Dann fünf Jahre geschrieben. Kapitel für Kapitel die Geschichte der Marthe mit der großen Geschichte verwoben. Was zum Markenzeichen und Erfolgsgarant wurde. Doch: Als die ersten 200 Seiten fertig und samt Exposé schon mal an Verlage verschickt waren, hagelte es nur Absagen. Einzig der Knaur Taschenbuchverlag wagte es. Mit einer kleinen Startauflage, ohne Werbung, ohne Lesereise. Nicht mal eine Buchpremiere gab es. Und wenn damals nicht diese Freiberger Buchhändlerin die Idee gehabt hätte, die Autorin mal zu einer Lesung einzuladen, wäre die „Hebamme“ wohl in der Neuerscheinungsflut versunken.

Doch es passieren noch Büchermärchen! Zu ihrer Lesung in Freiberg war der Saal proppevoll. Den Rest besorgte wohl Mund-zu-Mund-Propaganda. „Irgendwie explosionsartig“ sei die Nachfrage gestiegen, erinnert sich Sabine Ebert noch immer mit Stauneaugen. Jahr auf Jahr folgte ein weiterer Hebammen-Band. Fünf insgesamt. Aber trotz regelmäßiger Platzierung auf den Bestseller-Listen gehöre sie zu jenen Autoren, „die im Feuilleton wohl nie besprochen werden“. So hieß es jedenfalls einmal über sie in einem Artikel, dessen Verfasser dem Phänomen des so überaus erfolgreichen Marktes jenseits feuilletonrelevanter Literatur beizukommen versuchte. Immerhin musste die „Zeit“ schon nach dem zweiten Roman zum Ebert’schen Auflagenwunder feststellen: „So erfolgreich ist in Sachsen nur noch Karl May gewesen.“ Sie selbst befindet nüchtern: „Der Erfolg ist bei mir noch nicht angekommen. Buchmillionen sind keineswegs gleich Geldmillionen. Dass ich vom Schreiben leben kann, das ist schon außerordentlich für unsere Zeit. Und dafür bin ich dankbar.“ Wäre noch ihre riesige, inzwischen bis nach China und Neuseeland reichende Fangemeinde im Netz zu nennen. Und das Tourismusangebot „Auf den Spuren der Hebamme“ zu Schlössern und Burgen in Sachsen. Die Touren in Freiberg etwa sind bis weit in den Spätherbst ausverkauft.

Und nun „1813“! „Eigentlich hatte ich noch mehr Ideen Richtung Mittelalter. Doch dann trat der ,Verband Jahrfeier Völkerschlacht bei Leipzig 1813’ mit dieser Idee an mich heran.“ Ein Angebot, das sie einfach nicht ablehnen konnte. Die bis dahin größte Schlacht der Menschheitsgeschichte in einem Roman darzustellen, sei eine Herausforderung gewesen. „Und außerdem sah ich da Klärungsbedarf.“ Wie das? „Das Thema ist seltsamerweise in der Forschung bisher unterrepräsentiert.“

Sehr bedacht hat sie eigens ihren Wohnsitz nach Leipzig verlegt für die historischen und auch die praktischen Studien vor Ort. Detailbesessen lernte sie etwa, wie man ein Steinschlossgewehr lädt oder die Schritte der damaligen Modetänze. Vor allem aber hat sie sich zwei Jahre lang unermüdlich durch Akten und Archive gewühlt. Konnte dabei auch weitgehend unbekanntes, unerforschtes Material sichten, Geheimakten, Tagebücher, Korrespondenzen, Augenzeugenberichte, Zeitungsbände, „die seit 200 Jahren keiner mehr in der Hand hatte.“ Wohl 20 000, womöglich 30 000 Seiten Fachliteratur habe sie durchgeackert.

Besonders freut sie sich über die enge Zusammenarbeit mit Historikern und Militärhistorikern – und über die Anerkennung, die ihr die Experten für ihre Akribie zollen, mit denen sie historische Details und Personen behandelt. Tatsächlich sind bis auf wenige Ausnahmen alle Personen und Geschehnisse in „1813“ absolut authentisch.

Auf dieser Grundlage wird im Buch auch mit manchem Mythos aufgeräumt, der um die Schlacht wie auch um Persönlichkeiten gesponnen wurde. So fand sie manches etwa über Napoleon, den sächsischen König und seine Geheimdiplomatie und sogar über die legendäre Lützower Freischar heraus, was zu modifizierten (und von Experten aufgegriffenen) Sichten auf die Geschehnisse jener Zeit führt. „Das ist wie ein Geschenk, wenn man tief genug bohrt und dann auf solche unbekannten Tatsachen trifft“, strahlt die Erfolgsautorin am Schluss unseres langen Nachmittags im „Coffe Baum“. Und versichert, dass sie schon wieder jede Menge Stoff für die nächsten Bände hat.

Buchpremiere am 14. März, 19.30 Uhr, in der Nikolaikirche Leipzig

Mehr unter:

www.sabine-ebert.de

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