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Textilexpertin und Designerin Catherine Allié: Designerin und Wahl-Leipzigerin auf der Forbes-Liste

Von Antonie Städter 14.10.2017, 13:30
Catherine Allié mit einigen Schals aus der „KAL“-Kollektion. Sie werden mit natürlichen Materialien gefärbt - zum Beispiel mit Blättern des Teakbaumes.
Catherine Allié mit einigen Schals aus der „KAL“-Kollektion. Sie werden mit natürlichen Materialien gefärbt - zum Beispiel mit Blättern des Teakbaumes. Andreas Stedtler

Leipzig - Als die Entscheidung vom Forbes-Magazin in London verkündet wurde, bekam Catherine Allié das nur aus der Ferne mit. Die Wahl-Leipzigerin befand sich gerade im indischen Assam, und dann kam diese Mail.

Tatsächlich: Sie gehörte zu den „30 unter 30“, ausgewählt von Forbes - jenem berühmten US-Wirtschaftsmagazin, über dessen Ranglisten regelmäßig berichtet wird. Mal geht es zum Beispiel um die reichsten Personen der Welt (aktuell: Bill Gates), mal um die mächtigsten Frauen (aktuell: Angela Merkel).

Und es gibt eben auch jene Rubrik, die in verschiedenen Kategorien auf Menschen unter 30 Jahren mit innovativen Ideen aufmerksam macht. In der Europa-Version dabei: Catherine Allié, 27, die seit gut zwei Jahren in Leipzig lebt.

„Die Auszeichnung bedeutete für mich und das Team eine große Anerkennung, und sie hat unser Label weitergebracht“, freut sich die junge Frau mit dem aufgeschlossenen Wesen noch heute, Monate später. Auf einer Forbes-Liste zu stehen, das bringt Aufmerksamkeit - „und auch Glaubwürdigkeit für so ein kleines Unternehmen“. Catherine Allié kreiert mit ihrem Textil-Label „KAL“ zeitlos schöne, handgefertigte Kleidung und Teppiche aus Naturfasern - und zwar auf eine Art, die gar nicht zur schnelllebigen Modewelt passt.

In einer Zeit, in der gerade in dieser Branche oft kaum nachvollziehbar ist, wo die Rohstoffe im Einzelnen entstanden sind oder bearbeitet wurden, weiß sie stets genau, woher die Wolle und Seide für ihre Schals, Tops, Kleider oder Teppiche stammen. Die Lieferkette ist transparent. Besucht die leidenschaftliche Weltreisende doch regelmäßig ihre Partner in ländlichen Regionen Indiens - und hilft dort mit.

Wie an jenem Tag, als sie die Mail von Forbes erreichte.

In Assam im Osten Indiens arbeitet Catherine Allié mit einer Gruppe von Weberinnen zusammen. „Sie züchten, spinnen, weben und färben für unsere Produkte Eriseide“, berichtet sie. Diese Art von Seide wird auch „Friedensseide“ genannt, weil die Raupen bei der Gewinnung überleben können. „Nach 45 Tagen, in denen sie sich von Rizinusblättern ernährt und ihren Kokon gesponnen haben, fliegen die Motten davon.“

Catherine Allié: Designerin und Wahlleipzigerin entwickelt ihre Kleidung in Indien

Erst diesen Sommer war die Firmengründerin wieder in Assam. Hat mit den Frauen eine neue Farbpalette für die Stoffe erstellt. „Wir haben viel ausprobiert und Rezepte entwickelt. Zum Beispiel ergibt Kurkuma einen tiefgelben Ton, die Blätter des Teakbaumes einen hellbraunen und Färberkrapp hübsche Koralle-Nuancen“, berichtet sie begeistert. Gefärbt wird nur mit Pflanzenfarben.
Mit Indien fing für sie vor fünf Jahren alles an. Catherine Allié hatte ihren Bachelor-Abschluss in der Tasche.

„In Paris habe ich BWL studiert - meine Eltern hatten mir dazu geraten. Dazu besuchte ich Abendkurse im Modedesign, das mich schon immer fasziniert hat“, erzählt die aus einem kleinen Ort bei Frankfurt (Main) stammende Jung-Unternehmerin.

2012 ging sie zum Praktikum bei einem Start-up-Sozialunternehmen nach Neu-Delhi, ihren ersten Job bekam sie ebenfalls in der Metropole: „Ich war bei einem Unternehmen in der Luxusbranche für Beratung, Recherche und das Organisieren von Events zuständig.“

Die Idee für das Label sei ihr in dieser Zeit gekommen - mit ihrer damaligen Mitbewohnerin, die auch heute noch zum Team von KAL gehört. „Es ging darum, hochwertige, ökologische Produkte zu kreieren - ohne den Menschen und die Natur dahinter außer Acht zu lassen“, erklärt Allié.

Es war 2014, als sie sich mit Rucksack und viel Elan auf den Weg machte, um Leute zu finden, die handgesponnenes Garn herstellen und ohne Chemie, allein mit Naturfasern und Pflanzenfarben arbeiten. Aber: „Das war sehr schwierig.“

Doch am Ende wurde der Indien-Fan fündig. Das zwei Jahre alte Textil-Label wird außer aus Assam von weiteren Teams beliefert, bei denen Catherine Allié regelmäßig vor Ort ist. „We are KAL“ nennt sich die Gemeinschaft. Dazu gehören etwa auch mehrere Nomadenfamilien in den Himalayas, die in Höhen zwischen 4 000 und 5 000 Metern mit ihren Yaks, Schafen und Ziegen leben.

„Von ihnen kommt die Wolle, die von Frauen in Ladakh gesponnen und gewebt wird. Die Paschmina- und Lammwollschals werden von einer befreundeten Familie am Fuße der Himalayas hergestellt“, sagt die Gründerin, die ihre Freizeit gern im Schrebergarten oder beim Wandern verbringt, und schwärmt von der Wärme der Menschen in Indien. Die Kleidungsstücke werden von einer Master-Studentin der Kunsthochschule Burg Giebichenstein genäht.

Catherine Allié: Deignerin lebt in Leipzig und lässt sich voll auf Indien ein

War in ihrer Zeit in Neu-Delhi Englisch die Arbeitssprache, kommt Catherine Allié damit im ländlichen Indien nicht weit. Mit Büchern lernte sie Hindi und Ladakhi. „Ein Wort auf Hindi, das mich überrascht hat, war ,kal’ - es bedeutet, je nach Kontext, ,gestern’ oder ,morgen’.“

Wie passend also für den Namen eines Labels, das traditionell gefertigte Textilien in der heutigen Zeit anbietet, in der eine Rückbesinnung auf Handgemachtes zu spüren ist. „Der Stil von KAL ist eher klassisch, unsere Mode soll lange getragen werden können“, so Catherine Allié, die die Stücke auf der Leipziger Grassimesse vom 20. bis 22. Oktober vorstellen wird.

Und zum Schluss erzählt sie noch, was sie antreibt: „Ich sehe in dem, was ich tue, einen Sinn - und kann etwas bewirken.“