Nach Anschlag in Halle Schutz nach Anschlag Synagoge Halle für Einrichtungen in Halberstadt: Moses-Mendelssohn-Akademie, Café Hirsch Behrend-Lehmann-Museum werden bewacht

Halberstadt - Der Anschlag in Halle hat auch Konsequenzen für die Polizei im Harz: Seit dieser Woche stehen drei Gebäude in Halberstadt rund um die Uhr unter Polizeischutz. Das sei eine Maßnahme aus dem Zehn-Punkte-Plan, den Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) am Montag als Reaktion auf den Terrorakt angeordnet hatte, sagte der Marco Zeuner, der Leiter des Polizeireviers Harz.
24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche sollen jüdische Einrichtungen sowie Moscheen in Sachsen-Anhalt laut dem Plan bewacht werden. „Das betrifft auch uns“, sagte Zeuner.
Moses-Mendelssohn-Akademie, Café Hirsch und Behrend-Lehmann-Museum werden bewacht
Vergangenen Mittwoch hatte der 27-jährige Stephan B. aus dem Landkreis Mansfeld-Südharz schwer bewaffnet versucht, die Tür zur Synagoge in Halle aufzubrechen. Hier hatten sich anlässlich des jüdischen Feiertages Jom Kippur rund 50 Menschen versammelt. Als der Attentäter an der Tür scheiterte, erschoss er eine Passantin auf offener Straße und den Gast eines Dönerladens.
In Halberstadt bewacht nun ein Streifenwagen bis auf Weiteres die Moses-Mendelssohn-Akademie sowie das zugehörige Café Hirsch und das Behrend-Lehmann-Museum im Viertel Rosenwinkel. Es sind die einzigen Gebäude im Landkreis, die jetzt unter erhöhten Schutz gestellt werden. Da alle drei Gebäude von einem Punkt aus einsehbar seien, sei ein Funkstreifenwagen ausreichend, so Zeuner.
Um das zusätzliche Personal bereitzustellen, muss die Polizei Beamte aus anderen Bereichen abziehen. Für eine 24-Stunden-Überwachung mit zwei Polizisten seien laut Personalschlüssel 13 Beamte nötig, so Zeuner. Der Schlüssel berücksichtigt Ruhezeiten, Urlaub und weitere arbeitsrechtliche Umstände.
Für eine 24-Stunden-Überwachung sind 13 Beamte nötig, erklärt Revierleiter Zeuner
Das zusätzliche Personal soll aus allen Bereichen der Polizei kommen - etwa aus der Polizeiinspektion Magdeburg, der Kriminalpolizei und den Regionalbereichsbeamten. „Wir müssen jetzt alle an einem Strang ziehen.“
Der Polizeidirektor wirbt um Verständnis dafür, dass Bürger aufgrund der Situation teilweise seltener einen Ansprechpartner der Polizei in den Orten finden. „Der zusätzliche Schutz ist nötig. Der Anschlag ist eine Zäsur, wir können jetzt nicht zur Tagesordnung übergehen.“
Der Täter sei unauffällig gewesen. Niemand in seiner Umgebung habe Verdacht geschöpft. Entsprechend schwer sei ein solcher Anschlag vorherzusehen, so Polizeidirektor. Die Gefahr für ein solches Szenario sei daher überall im Land gleich.
Auch für die Polizei sei es ein großer Planungsaufwand gewesen. „Es kommen neue Aufgaben hinzu, aber nicht mehr Personal.“ Mehr Beamte seien zwar geplant und derzeit in Ausbildung, aber das brauche eben Zeit.
„Latenter Antisemitismus“
Die Nachricht vom Anschlag auf die Synagoge in Halle hatte bei der jüdischen Gemeinde in Halberstadt Entsetzen ausgelöst (die MZ berichtete). „Es ist einfach ein Schock“, sagte Jutta Dick, Leiterin der Moses-Mendelssohn-Akademie in Halberstadt. Dick sieht in judenfeindlichen Einstellungen ein gesellschaftliches Problem, auch im Landkreis Harz. „Es handelt sich um einen latenten Antisemitismus“, sagte Dick.
Die Akademie-Leiterin hatte sich gegen eine ständige Polizeipräsenz vor ihrer Einrichtung ausgesprochen. Nur an Feiertagen wie Jom Kippur wünsche sie sich Polizeischutz vor jüdischen Einrichtungen.
(mz)