Stahlknecht will Whatsapp überwachen Nach anschlag in Halle Saale: Reform Verfassungsschutz wird verschoben

Magdeburg - Der tödliche Anschlag von Halle befeuert die Diskussion darüber, den Verfassungsschutz mit neuen Überwachungsmitteln auszustatten - etwa der Überwachung von Handy-Messengern wie Whatsapp. Die CDU fordert bundesweit, Behörden für die Verbrechensbekämpfung materiell und rechtlich besser auszustatten. „Eigentlich muss jetzt alles auf den Prüfstand gestellt werden“, sagte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak.
So sieht es auch Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU), der nach dem Anschlag erneut die Überwachung von Messenger-Diensten forderte: „Wir brauchen die Quellen-TKÜ“, so Stahlknecht. Gemeint ist die Telekommunikationsüberwachung - und konkret das Infiltrieren von Handys, um sonst verschlüsselte Kommunikation auf dem Gerät abzufangen. Das ist dem Verfassungsschutz derzeit nicht erlaubt. Für Kriminelle reicht es deshalb aus, von SMS auf Whatsapp zu wechseln, um vor Behörden sicher zu sein.
Verfassungsschutz soll Handys ausspähen dürfen - Grüne sind empört
Stahlknecht will die Überwachung für den Verfassungsschutz ermöglichen - und stoppte deshalb am Montag die geplante und monatelang ausverhandelte Reform des Landesgeheimdienstes. Im Gesetzentwurf, der am Dienstag im Kabinett abgesegnet werden sollte, war die Messengerüberwachung gegen Stahlknechts Willen zuletzt gestrichen worden. Sie war mit den Grünen in der Koalition nicht zu machen, sie warnen vor einem erheblichen Beschneiden von Freiheitsrechten. CDU und SPD im Land fordern aber die Quellen-TKÜ.
Die Grünen sind empört. Der Minister handele eigenmächtig „und ohne Absprache“, sagte Innenpolitiker Sebastian Striegel. „Man muss sich fragen, ob das noch von den Grundsätzen der Pietät gedeckt ist“, wenn das Attentat zum Anlass genommen werde, ein ausverhandeltes Gesetz zurückzuziehen. „Was an der Tat von Halle wäre durch eine Quellen-TKÜ zu verhindern gewesen?“, fragte Striegel. „Uns fehlt es nicht an technischen Mitteln, sondern an der Analysekompetenz.“ Der zurückgezogene Gesetzentwurf sei ein „ausgewogener Kompromiss zwischen Freiheit und Sicherheit“ gewesen. Die Grünen kritisieren, dass mit der Technik der Quellen-TKÜ automatisch auch hochsensible persönliche Daten erfasst werden, die nichts mit den Ermittlungen zu tun haben.
CDU will Macht des Verfassungsschutzes stärken
Die Führung der Bundes-CDU hat indes Eckpunkte für einen besseren Schutz vor Rechtsterrorismus formuliert. So fordern die Christdemokraten eine effektivere Überwachung extremistischer Kommunikationsnetzwerke, eine verbesserte Analyse und Auswertung großer Datenmengen (Big Data) und die Möglichkeit zur Strafverfolgung im Internet, auch wenn die Betroffenen nicht selbst Anzeige erstatten. Außerdem will die CDU-Spitze prüfen, Beleidigung, Verleumdung und üble Nachrede in besonders schweren Fällen zu Verbrechensbestandteilen zu erklären.
Armin Schuster, Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums im Bundestag, betonte, Ziel sei keineswegs eine Überwachung „mit dem Schleppnetz“. Vielmehr sollten Behörden bei konkreten Verdachtsmomenten aktiv werden. (mz)